30.01.2024 von SWYRL/Marina Birner
Simone Thomalla (58) gehört zu den Stars des deutschen Fernsehens. Sie begann ihre Schauspiel-Karriere vor über 40 Jahren, gab lange die Leipziger "Tatort"-Kommissarin Saalfeld, und sie steht seit über zehn Jahren regelmäßig in Oberbayern für die "Frühling"-Reihe des ZDF als Dorfhelferin vor der Kamera. Klar, dass sie im Interview einiges zu sagen hat!
Ihre Karriere startete bereits Anfang der 80er-Jahre: Simone Thomalla, 1965 in Leipzig geboren, blickt auf eine bewegte Laufbahn zurück. Beruflich, aber auch privat hat die ehemalige "Tatort"-Darstellerin schon viel von sich reden gemacht. Eine feste Konstante im Leben der Schauspielerin ist neben Tochter Sophia (34) auch seit über zehn Jahren die Hauptrolle in der beliebten Heimat-Reihe "Frühling" im ZDF. Anlässlich des Starts der 13. Staffel (sechs neue Filme, wöchentlich ab Sonntag, 4. Februar, 20.15 Uhr) plaudert die Schauspielerin aus dem Nähkästchen. Unter anderem verrät sie, worauf sie bei einem Mann Wert legt - und wie viel ihr ihr Job bedeutet. Die 58-Jährige spricht auch offen über Politik und Gesellschaft.
teleschau: Frau Thomalla, was meinen Sie: Hat sich die Wahrnehmung von Frauen im besten Alter im vergangenen Jahrzehnt nachdrücklich verändert?
Simone Thomalla: Ja. Wir sind schon allein durch "me too" alle sehr feministisch unterwegs. Das ist mir manchmal ein bisschen zu sehr mit der Brechstange. Ich war schon immer eine Frauenfrau. Dafür muss ich kein großes Schild vor mir hertragen.
teleschau: Was wünschen Sie sich von der Gesellschaft in dieser Hinsicht?
Simone Thomalla: Ich wünsche mir generell wieder mehr Leichtigkeit. Alles ist nur noch verkrampft und gegeneinander. Der Feminismus, der eigentlich für die Frauen ist, richtet sich dann oft auch gegen die Männer. Ich finde, die ganze Stimmung zwischen Mann und Frau und auch unserer Gesellschaft überhaupt ist zu aggressiv. Wir leben in einer Zeit, die mir persönlich überhaupt nicht gefällt. Man fängt an, zu überlegen, was man sagen darf. Ich habe das ja schon in der DDR erleben müssen. Das heute in einem freien, demokratischen Land in Teilen wieder erleben zu müssen, ist beängstigend. Vielleicht müssen wir wieder mehr auf die Straße gehen!?
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Vom "Luxus, sowohl auf dem Land als auch in der Stadt zu leben"
teleschau: Viele sagen, auf dem Land ticken die Uhren noch anders. Sie leben in Berlin, drehen aber mehrere Monate lang im oberbayerischen Bayrischzell - Vermissen Sie während der Dreharbeiten das Stadtleben?
Simone Thomalla: Als ich vor über einem Jahrzehnt angefangen habe zu drehen, hätte ich geantwortet, ja. Damals fiel es mir schwer, weil ich eigentlich kein Fan von den Bergen bin. Ich bin eher ein Wasser-Meer-Typ. Ich merke aber, dass sich meine Einstellung im Laufe der Jahre durch die zunehmende Vertrautheit mit der Region geändert hat. Heute genieße ich den Luxus, sowohl auf dem Land als auch in der Stadt zu leben. Aber am Wochenende bin ich immer zu Hause - das brauche ich einfach.
teleschau: Der Familie wegen?
Simone Thomalla: Auch wegen der Familie, ja. Ich muss mal eine Freundin sehen oder meine Mutti besuchen. Ich muss auch einfach mal in meinem eigenen Bett liegen (schmunzelt).
teleschau: Was schätzen Sie am Oberland?
Simone Thomalla: Eindeutig die Ruhe. Dort komme ich einfach runter. Und das ohne das Gefühl, etwas zu verpassen. Ich lebe dort schon etwas bedachter und sehr entschleunigt. Ich habe mehr Zeit, um in mich zu gehen und in die Ferne zu schauen. In der Stadt habe ich wieder Turbo, Tempo und die Lautstärke - das ist immer ein guter Ausgleich.
"Das ist einfach ein anderes Leben"
teleschau: Sie finden in Oberbayern eine Oase der Ruhe - also dort, wo man den Menschen nachsagt, dass sie oft etwas rauer sind?
Simone Thomalla: Das kann ich als Klischee abtun. Ich weiß nicht, warum das so ist. Ich bin sowieso kein Mensch, der mit regionalen Gegebenheiten - sagen wir mal - zu kämpfen hat. Wahrscheinlich gilt das Sprichwort: "Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus." Die Menschen begegnen mir immer sehr freundlich und sehr offen.
teleschau: Wie finden die Menschen vor Ort, dass Jahr für Jahr wochenlang bei ihnen gedreht wird?
Simone Thomalla: Natürlich sind manche Leute nicht so begeistert, wenn ihre Straße immer gesperrt ist. Da haben wir auch schon den einen oder anderen Konflikt gehabt, muss ich ganz ehrlich sagen. Aber das ist eher die Ausnahme, denn inzwischen kurbelt "Frühling" auch den Tourismus in der Region an. Manch einer lässt sich aber schon etwas einfallen, um auf sich aufmerksam zu machen und uns bei der Arbeit zu stören. Ein wenig mehr gegenseitige Akzeptanz wäre da schön. Ich wundere mich immer über diese Aggressivität. Schauen diese Menschen kein Fernsehen? Irgendwo muss es ja gemacht werden. Wir drehen, damit die Zuschauerinnen und Zuschauer ein paar schöne Stunden haben. Wir wollen doch niemanden ärgern. Ich hoffe da in der Zukunft auf einen Dialog.
teleschau: War der Dreh für Sie anfangs eine Art Kulturschock?
Simone Thomalla: Nein, überhaupt nicht. Das ist einfach ein anderes Leben. Aber, mein Gott, du setzt dich ins Auto und bist in einer Stunde in München. Die Anwohner haben sich bewusst für das Leben dort entschieden. Deshalb ist es noch lange nicht so, dass sie vom Rest der Welt nichts mitbekommen.
teleschau: Haben zehn Jahre im Oberland eigentlich schon auf Sie abgefärbt?
Simone Thomalla: Vielleicht ein bisschen, aber "basst scho'" - diese Redewendung werde ich nicht mehr los (schmunzelt).
"Wir erzählen keine Märchen"
teleschau: Passt schon - das kann man auch über die Zuschauerzahlen Ihrer "Herzkino"-Reihe sagen!
Simone Thomalla: Was mich besonders freut, ist, dass sie langsam Kultstatus bekommt. Es sind nicht mehr nur ältere Leute, die vor dem Fernseher sitzen, sondern auch immer mehr junge Leute. Heute haben es solche Formate oder die großen Abendshows zwischen den Streamingdiensten einfach schwerer. "Frühling" holt dagegen die ganze Familie vor den Fernseher.
teleschau: Weil für jeden etwas dabei ist?
Simone Thomalla: Genau. Die Mischung aus Humor, etablierten Charakteren und Themen, mit denen sich die Menschen identifizieren können, macht es aus. Alleine der sympathische Pfarrer oder kleine Rituale wie der allseits beliebte Kirschkuchen - das nehmen die Leute einfach gerne mit nach Hause. Wir erzählen keine Märchen. Autorin und Produzentin Natalie Scharf greift hochaktuelle Themen auf, die die Menschen bewegen. Das merke ich auch, wenn mir die Menschen begegnen.
teleschau: Wie darf man sich das vorstellen?
Simone Thomalla: Neulich war ich einkaufen, und eine Frau vor mir an der Kasse hatte ihre Tasche vergessen. Oh, sie tat mir so leid. Sie war ganz aufgeregt. Ich sagte ihr, sie solle in Ruhe nach ihrer Tasche suchen, ich warte hier. Sie hatte ja schon alles auf das Band gelegt. Nachdem sie ihre Tasche gefunden hatte, drehte sie sich schließlich ruckartig um und sagte fast schockiert: "Ach, Frau Baumann - Entschuldigung, Frau Thomalla! Ich liebe Sie!" - Das war ein schöner Weihnachtsmoment.
"Eine Trennungsgeschichte habe ich praktisch parallel gedreht"
teleschau: Wieviel Simone Thomalla steckt eigentlich in Katja Baumann?
Simone Thomalla: Unsere fokussierte Autorin und Produzentin hat mich ausgesucht, weil sie meinte, ich sei die Sandra Bullock von Deutschland (lacht). Im Laufe der Zeit wächst man zusammen und spricht viel über die Rolle. Mittlerweile ist es manchmal schon fast schräg, wie reibungslos wir zusammenarbeiten. Niemand weiß mehr: War die "Frühling"-Geschichte zuerst da, oder habe ich das zuerst wirklich erlebt? Eine Trennungsgeschichte habe ich praktisch parallel gedreht - mehr sage ich dazu nicht.
teleschau: Denken Sie denn hin und wieder ans Aufhören?
Simone Thomalla: Nein, warum auch?
teleschau: Haben Sie auch so einen Charakter wie Katja Baumann in Ihrem privaten Umfeld?
Simone Thomalla: Ja, meinen Bruder. Ich habe ihm auch die Goldene Henne gewidmet, die ich im Herbst gewonnen habe. Ich habe so ein Glück, ihn zu haben. Seit dem Tod meines Vaters kümmert er sich um meine Mutter. Sie ist zwar noch recht fit, aber er ist zu ihr gezogen, um sie zu unterstützen.
"Was muss ein Mann haben? Na, er muss alles sein - außer langweilig"
teleschau: Die Verleihung der Goldenen Henne in der Kategorie "Film & Fernsehen" scheint ein sehr emotionaler Moment für Sie gewesen zu sein ...
Simone Thomalla: Ja, das war schon ein bewegender Moment. Ich bin ja nicht gerade preisverwöhnt. Für mich hat diese Auszeichnung einen besonderen Wert, weil die Menschen da draußen anrufen. Die Menschen, für die es gemacht ist - jenseits von irgendwelchen Jurys. Es ist ein besonderes Gefühl, wenn das Publikum deine Leistung honoriert und dich für das liebt, was du machst. Es ist nicht so, dass ich mal ein paar Stunden zur Arbeit gehe - das ist mein Leben. Ich liebe diese Rolle und bin dafür sechs oder sieben Monate von zu Hause weg. Einen Preis für meine Leidenschaft zu bekommen, hat mich sehr berührt.
teleschau: So wie offenbar auch Ihren Ex-Freund, Sven Martinek ...
Simone Thomalla: Ja, er hielt die Laudatio. Das war ein wirklich schöner intimer Moment.
teleschau: Und das vor laufender Kamera ...
Simone Thomalla: Wenn man vor der Kamera arbeitet und lebt, gibt es nichts Intimeres, als wenn einem die Kamera in den Kopf schaut (schmunzelt). Außerdem ist Sven mein Ex-Freund. Aber das ist tausend Jahre her. Jetzt ist er Teil meiner Familie - und das werden wir immer sein. Es war so rührend und überraschend, weil ich ihn so lange nicht gesehen hatte. Er musste mir kurz vor der Preisverleihung aus dem Weg gehen, damit er sich nicht verplappert (lacht). Ich dachte: Was ist dem mit Sven los? Im Nachgang habe ich es dann natürlich verstanden.
teleschau: Apropos Liebe: Sie sind ja seit Kurzem wieder Single ...
Simone Thomalla: Ja, die Sache mit der Liebe wird nicht leichter. Je älter man wird, desto höher werden die Ansprüche.
teleschau: Die da wären?
Simone Thomalla: Was muss ein Mann haben? Na, er muss alles sein - außer langweilig. Er muss mir den Freiraum geben, den ich brauche, ihm aber auch zugestehe, muss mir aber gleichsam den Feierabend und den Rest des Lebens mit Humor und Leichtigkeit versüßen.