"37°: Dickes Konto, noble Ziele - Wenn Reiche ihre Millionen teilen"

Start-up-Millionär spendete fast sein ganzes Vermögen und nennt Reiche den "größten Teil des Problems"

21.01.2025 von SWYRL

Sie sind selbst vermögend und wollen doch, dass der Staat Reiche höher besteuert. Eine ZDF-Doku zeigt, wie Millionäre andere an ihrem Geld teilhaben lassen - es sei denn, es geht um einen Porsche zum 18. Geburtstag des Sohnes. Ein solches Geschenk sei "entwicklungsbehindernd", erklärt einer der Protagonisten im Film.

Sie müsse endlich zur Kasse gebeten werden, fordert Stefanie Bremer in der ZDF-Doku "37°: Dickes Konto, noble Ziele - Wenn Reiche ihre Millionen teilen". Die Millionenerbin weiß: "Reiche Menschen bezahlen im Durchschnitt deutlich weniger Steuern als nicht vermögende Menschen. Dadurch konzentriert sich bei ihnen Reichtum. Diese große Vermögensungleichheit gefährdet die Demokratie."

Stefanie Bremer ist nicht der echte Name der 35-Jährigen. Als Erbin einer Stuttgarter Unternehmerfamilie tritt sie unter einem Pseudonym auf. Im privaten Umfeld bekennt sie sich zu ihrem Vermögen. "Das, was in Ansätzen unangenehm ist, sind Anfragen von Menschen, die mich um Geld bitten", berichtet sie im Film. "Ich sage eigentlich immer kategorisch ab." Der Grund: Sie wolle sich nicht erlauben, "zu entscheiden, wer von mir unterstützt wird und wer nicht".

Als Mitgründerin des Vereins taxmenow setzt sich Bremer dafür ein, reiche Menschen höher zu besteuern. "Wenn ich mal 80 oder 90 Jahre alt bin, dann möchte ich meinen Enkelkindern gegenüber sagen können: Ja, solange ich etwas machen konnte, habe ich was gemacht." Jeder könne sich engagieren, glaubt die Nachhaltigkeitsberaterin, "vermögende Menschen umso mehr". Sie selbst lebe bodenständig: "Mein Luxus sind analoge Bücher und Bio-Lebensmittel. Richtig gutes Essen, richtig gute Kultur."

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Weltwirtschaftsforum: "Überschuss von Menschen mit Macht, mit Reichtum, mit Einfluss"

Auch am Rande des Weltwirtschaftsforums engagiert sich Bremer für Steuergerechtigkeit. Gemeinsam mit der deutsch-österreichischen Millionenerbin Marlene Engelhorn und dem Unternehmer Sebastian Klein will sie in Davos - ohne Einladung - auf die sich stetig vergrößernde Schere zwischen Arm und Reich aufmerksam machen. Zum ZDF-Kamerateam sagt Bremer über das jährliche Treffen: "Es ist ein Überschuss von Menschen mit Macht, mit Reichtum, mit Einfluss. Prekäre Gruppen sind nicht vertreten, benachteiligte Menschen aus dem globalen Süden sind kaum vertreten. Diejenigen, die von den vielen Problemen betroffen sind, sind größtenteils nicht da drin."

Sebastian Klein sieht das ähnlich. Er hat als Start-up-Gründer einst ein Vermögen verdient - und fast alles wieder abgegeben. "Es verleidet mir die Freude daran, mit Geld irgendwas zu machen, wenn es auf der anderen Seite Leute gibt, die für acht Cent irgendeinen Mülleimer durchwühlen, weil ihre Rente zu klein ist", erklärt er.

Kleins Unternehmensanteil am Berliner Bildungs-Service "Blinkist" wurde für wohl weit über 100 Millionen Euro verkauft; er selbst behielt lediglich zehn Prozent seines Vermögens für seine eigene Altersvorsorge. Mit seiner Partnerin lebt der 42-Jährige in einer Zwei-Zimmer-Wohnung zur Miete; er leitet einen kleinen Verlag, verdient mittlerweile ein "durchschnittliches Gehalt", wie es im Film heißt. Seine einstigen Millionen hat er in gemeinnützige Projekte gesteckt, an deren Gewinn er nicht beteiligt ist.

Unternehmer will Söhnen keinen Porsche schenken: "Entwicklungsbehindernd"

"Die Menschen mit Kapital sind zurzeit der größte Teil des Problems. Und ich wollte einfach nicht zu dieser Gruppe gehören", sagt er. Meist ist Sebastian Klein mit dem Fahrrad unterwegs, in den Urlaub fährt er häufig mit der Bahn - aus Gewissensgründen. "Wenn es den Flug und die Emissionen nicht gäbe, würde ich wahrscheinlich jeden Winter nach Asien reisen", gesteht er. "Wenn ich mir dann aber angucke, dass der Flug hin und zurück meinen CO₂-Fußabdruck verdoppelt - ich kann das nicht lösen." Allein: "Die Vorstellung, solche Reisen gar nicht mehr zu machen, finde ich hart."

Auch Stephan Kohorst will dem Planeten durch sein Vermögen nicht schaden. Gleichzeitig möchte der 57-Jährige das funktionierende Familienunternehmen nicht durch mehr Steuern gefährden. 20 Prozent der Gewinne fließen stattdessen in gemeinnützige Projekte wie Hilfe für ärmere Kinder, für Flüchtlinge und andere Benachteiligte.

Für ihn bedeutet Vermögen, "etwas tun zu können". Mit Blick auf seine drei erwachsenen Söhne sagt Kohorst: "Meinen Kindern Wege zu ermöglichen, wie sie selber leben wollen, das ist wichtig. Muss ich denen einen Porsche zum 18. Geburtstag schenken? Auf keinen Fall, das halte ich für entwicklungsbehindernd." Vielmehr sei es sein Ziel, seinem Nachwuchs "schon die Verantwortung mit auf den Weg zu geben, für ihren Lebensunterhalt langfristig selbst zu sorgen".

"37°: Dickes Konto, noble Ziele - Wenn Reiche ihre Millionen teilen" ist am Dienstag, 21. Januar, 22.15 Uhr, im ZDF zu sehen und vorab in der ZDF-Mediathek.

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