"Born for this - Mehr als Fußball"

Trennung, Nachwuchs, Krankheit: In TV-Doku lassen die DFB-Stars tief ins Private blicken

15.07.2023 von SWYRL/Jürgen Winzer

Nach der EM ist vor der WM. Deshalb zeigt "Born for this - Mehr als Fußball" die Vorbereitung des Teams von Martina Voss-Tecklenburg auf die Weltmeisterschaft 2023. Die Doku macht ihrem Namen Ehre: Fußball gibt's durchaus, aber eben auch weit mehr. Zum Beispiel Euphorie, Enttäuschung, Hoffnung - und bald Nachwuchs!

"Ich will da hin, unbedingt." Laura Freigangs Ziel ist klar: Die Stürmerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft sehnt die Eröffnung der Frauenfußball-Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland herbei. Und das im Prinzip seit dem 1. August 2022. Damals, am Tag nach dem unglücklich verlorenen EM-Endspiel gegen und in England (1:2), begann in den Köpfen der Spielerinnen bereits die Vorbereitung auf die WM.

Die Vorbereitung auf das Turnier der Weltbesten, das am 20. Juli beginnt, wird im ersten Teil der zweiten Staffel von "Born for this - Mehr als Fußball" (ZDF, 15. Juli, 21.45 Uhr) nachgezeichnet. Dabei geht es, wie in der ersten Staffel dieser weltweit ersten Dokumentation über den Frauenfußball, natürlich um viel mehr als ums schnöde Kicken auf möglichst höchstem Niveau. Die stärksten Momente sind die stillen, wenn die Spielerinnen ehrlich und offen von ihren Träumen und Ängsten, von Glücksgefühlen und Enttäuschungen, vom Hoffen und Bangen erzählen. Sportlich wie privat.

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Gefühlsachterbahn für die "Europameisterinnen der Herzen"

Jedes Ende ist ein neuer Anfang. Das dachten sich auch die Regisseure Martina Hänsel und Björn Tanneberger und beginnen ihre zweite Doku-Staffel mit dem tragischen Höhepunkt und Abschluss der ersten - der Heimkehr der "Europmeisterinnen der Herzen", wie "Martinas Mädchen" nach der bitteren Niederlage gegen England rasch getauft wurden.

Eine Woge der Begeisterung empfing sie. "Wir sind auf der Straße plötzlich erkannt worden." - "Unsere Social-Media-Kanäle sind expolidiert." - "Wir wurden zu 'Wetten, dass..?' eingeladen." - "Wir wurden bei der Sportlerwahl Dritter als Mannschaft des Jahres." Die Spielerinnen scheinen immer noch nicht fassen zu können, was sich damals abspielte.

Und es war auch zu schön, um immer so schön zu bleiben. "Die Zeit nach der EM war eine Gefühlsachterbahn", sagt etwa Lina Magull. "Zeit zur Reflexion blieb nicht, nach einer Woche Urlaub ging es direkt wieder los. Ich fühlte mich etwas planlos, welche Bedeutung Fußball für mich hat." Sie habe Mühe gehabt, die Leichtigkeit zurückzufinden.

Ins Gefühlstief rutschte auch Abwehrchefin Sara Doorsoun. Vor allem wegen ihrer privaten Beziehung zu "Princess Charming" Louise Schaaf. "Wir haben uns Ende November getrennt, das ist nie schön, das tut immer weh", sagt sie und es fließen Tränen. "Jetzt habt ihr mich", schluckt die 45-fache Nationalspielerin.

Giulia Gwinn trauert um die WM, Svenja Huth jubelt über Nachwuchs

Die Dokumentation folgt dem Terminplan der deutschen Nationalmannschaft. Erster Post-EM-Test gegen Frankreich im Oktober (2:1, zwei Treffer von Torgarantin und Kapitänin Alexandra Popp), dann zwei Testspiele gegen die USA in Miami (2:1) und New York (1:2), aber der Fußball ist meistens wie ein unaufdringlich gelegter roter Faden.

Die privaten Einsichten dagegen fesseln wie ein Elfmeterschießen. Hier die maßlose Enttäuschung, die Angst und das Hoffen von Giulia Gwinn, nachdem sie sich im Training den zweiten Kreuzbandriss ihrer Karriere zuzog. Nach dem Unglück brach Voss-Tecklenburg das Training ab. "Sie weinte, glaub ich, mit mir am Trainingsplatz", schildert Gwinn. Sie hoffte bis zuletzt, dass sie Reha und den Anschluss schafft und den Platz im WM-Kader.

Nicht verpassen will Svenja Huth, wenn ihr "größtes Projekt" das Licht der Welt erblickt. Sie und ihre Ehefrau Laura erwarten ihr erstes Baby, ein Bub wird's werden. Svenja schildert, dass sich beide für die ROPA-Methode entschieden, eine Variante der In-Vitro-Fertilitätsbehandlung, bei der man die Eizellen einer der Frauen, in diesem Fall Svenja, und den Samen eines anonymen Spenders verwendet. Die befruchtete Eizelle wurde Laura eingesetzt, die den ersten Nachwuchs austrägt. Später soll, so Laura, auch Svenja "mal schwanger" werden. "Das ist der Deal", lächelt Laura und Svenja grinst. "Aber erst noch'n bisschen Fußball."

New York spezial: Feueralarm und Donuts im Regen

Der kommt durchaus zu seinem Recht. Die Spiele gegen die USA in Amerika waren etwas Besonderes. Nicht nur, weil Paulina Krumbiegel die Deutschen in Miami zum 2:1-Sieg schoss, wodurch die Serie von 71 nicht verlorenen Heimspielen der US-Girls um Legende Megan Rapinoe endete. Sondern auch wegen Laura Freigangs Rückkehr in ihre Beinahe-Heimat. Sie spielte zwei Jahre als College-Girl in Pennsylvania und entschied sich dann 2018 "unter Tränen", nach Deutschland zurückzukehren, wo sie die Chancen aufs Nationalteam - zu Recht - größer empfand.

Oder wegen des zweifachen Feueralarms im Hotel in New York, der dazu führte, dass die Kickerinnen morgens um 6 Uhr bei strömendem Regen, Donuts futternd, auf die Skyline blickten. Stürmerin Klara Bühl: "Meine erste Nacht in New York werde ich nicht vergessen."

Nicht vergessen wird Torfrau Ann-Kathrin Berger ihren Kampf gegen den Schilddrüsenkrebs, der nach der WM eine radikale Behandlung erforderte. "Drei Tage war ich total von der Außenwelt abgeschottet", weil sie wegen der Therapie im Wortsinne radioaktiv war. Seit 2016 kämpft sie gegen die Krankheit. "Aber Aufgeben als Option gab es nie."

Die Folgeteile von "Born for this" werden nach der WM erscheinen

Natürlich tappt die Dokumentation, eben weil sie so hautnah am Geschehen ist, zwangsläufig in die Aktualitätsfalle. Giulia Gwinn kam nicht rechtzeitig auf Top-Niveau und wird die WM verpassen (wird dafür aber TV-Expertin des ZDF). Auch die junge Siegtorschützin Krumbiegel reist nicht mit nach Down Under. Dafür aber Sydney Lohmann, die nach immer neuen Verletzungen frustriert war, "immer das Problemkind zu sein". "Das zehrt mental an einem."

Der Auftakt zur zweiten Staffel der Doku endet mit dem 0:0 im Testspiel gegen robuste Schwedinnen, die offenbarten, so Voss-Tecklenburg, dass es "mehrere Themen gibt, an denen wir arbeiten möchten". Aber auch mit einer Erkenntnis der starken Torfrau Merle Frohms, die, so Abwehrkollegin Felicitas Rauch, "uns gegen Schweden mehrfach den Arsch rettete": "Wenn wir uns treu bleiben, wenn wir mit Selbstvertrauen spielen - wer soll uns denn dann schlagen?"

Ab dem 24. Juli werden wir es erfahren, dann müssen die Damen in Melbourne gegen Marokko erstmals ran. Wenn Voss-Tecklenburgs Plan aufgeht ("Alle Spiele gewinnen"), endet die WM am 20. August in Sydney mit dem Triumph der Deutschen. Die Zeit danach beginnt dann mit der baldigen Ausstrahlung der ebenfalls je einstündigen Teile zwei bis vier der zweiten Staffel "Born for this - Mehr als Fußball". Weit mehr als nur eine weitere gewöhnliche Dokumentation.

"Born for this - Mehr als Fußball" ist am Samstag, 15. Juli, 20.15 Uhr, im ZDF zu sehen und ab dem Tag nach der Ausstrahlung in der Mediathek.

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