27.06.2022 von SWYRL/Rupert Sommer
Prost, Mädels! So witzig - und nachdenklich - feierte die Dinner-Soap die "Woche der Vielfalt": Wenn Drag Queen Candy Crash, "Prince Charming" und "Love Island"-Sternchen Jessica mit der "Princess Charming" kochen und feiern, dann fließt nicht nur der Erdbeer-Limes. Originelle Rezepte? Nebensache!
Eigentlich geht es in der beliebten VOX-Reihe "Das perfekte Promi Dinner" darum, sich Koch-, Servier- und Deko-Anregungen von mehr oder weniger berühmten Leuten zu besorgen. Dass man bei ihnen gerne auch noch mit dem diskret auftretenden Kamerateam in private Räume vordringen und gelegentlich sogar einen Blick in fremde Küchen- und Kleiderschränke erhaschen kann, gehört zum Reiz einer Sendereihe.
Natürlich ging es auch bei der "Diversity"-Sonderausgabe in der sogenannten "Woche der Vielfalt" um witzige Tisch-Verzierungen, mutig gemixte Cocktails und vor allem um leckeres Essen. Viel wichtiger war diesmal allerdings, was rund um die vier Tische gesprochen wurde. Und so bekam diesmal die Geschmacksrichtung "pikant" eine ganz spezielle Bedeutung.
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Vierer-Party mit zwei königlichen Hoheiten
Zusammengetrommelt für die neue Sendung hatten die VOX-Macher diesmal eine denkbar originelle Besetzung - angeführt von zwei "königlichen Hoheiten": Irina Schlauch, im Alltagsleben Rechtsanwältin in Köln, ging als erste "Princess Charming", das heißt als Siegerin der gleichnamigen lesbischen Datingshow, in die TV-Geschichte ein. Ebenfalls ein Pionier des mutigen Fernsehens ist Nicolas Puschmann, der erste "Prince Charming".
Und auch Jessica Derucki schrieb trotz ihrer gerade mal 22 Jahre bereits Geschichte: Sie war die erste Trans-Kandidatin, die in der Reality-Reihe "Love Island" zu sehen war. Deutschland war in dieser Frage sogar Vorreiter - die kesse Jess aus der Nähe von Trier ist Weltrekord-Halterin.
Last but not least streckte dann auch mit Candy Crash aus Berlin eine der bekanntesten (und vorlautesten) Drag Queens der Szene, einst umjubelte Teilnehmerin in Heidi Klums bunter Showreihe "Queen of Drags", ihre extralangen Beine unter die vier Esstische der neuen Folge.
Wie bei "Sex and the City"
Schon beim ersten Treffen - im kleinen Zwei-Personen-Haushalt von Irina in Köln - wurde Nicolas schlagartig das heimliche Motto der "Vielfalt"-Sendung klar: "Ich glaube, wir werden eine 'Sex and the City'-Runde", sagte er. Candy stimmte laut aufjauchzend ein.
Es war tatsächlich wie in der Kultserie eine ansteckend gut gelaunte Viererpartie, die mit ihren jeweiligen schwul-lesbischen, eigenen sowie sehr selbstbestimmten Lebensformen die Vielfalt der Möglichkeiten in einer toleranten, weltoffenen Gesellschaft widerspiegelte. Da fiel es nicht schwer, sich vom Lachen, vom Flirten, vom Necken und charmanten Sticheln der vier mitreißen zu lassen. Dass reichlich Alkohol bei den Ortsbesuchen in Köln, Düsseldorf (Nicolas Puschmann), Berlin (Candy Crash) sowie im Moseltal (Jessica) im Spiel war, half bei der guten Laune überdies.
Angefeindet und bespuckt
Und doch bügelte die Dinner-Gesellschaft nicht über die vielen Schattenseiten hinweg, die es noch immer in einer leider doch nicht durchgängig aufgeschlossenen Gesellschaft gibt. Es wurde erzählt von Anfeindungen, von Unverständnis, von seelischen Schmerzen auf dem Weg zu einem Outing und dem Mut, das eigene Selbst und die befreite Sexualität so auszuleben, wie das eigentlich Jedermanns oder Jederfraus Privatangelegenheit sein müsste.
So berichtete etwa der spätere "Prince Charming", wie schwer ihm der eigene Vater oft das Leben gemacht hatte. "Das Outing hat schon eine große Wunde hinterlassen", blickte er zurück. "Ich hatte sehr früh sexuelle Erfahrungen mit Männern. Dabei ist es auch geblieben."
Selbst die äußerlich vor Selbstbewusstsein nur so strotzende Candy gab zu erkennen, dass ihre scharfe Zunge oft auch ein Mittel ist, sich selbst zu schützen und Unsicherheiten zu überspielen. "Ich wurde in meinem Leben lange so fertiggemacht", sagte sie. Deswegen überlege sie stets, ob ihre Sticheleien nicht doch verletzen könnten - und mäßigt sich (ein bisschen). Ihr Tipp: "Geht heraus aus Eurer Komfortzone." Nur wer etwas wagt, gewinnt. Zumindest Selbstvertrauen.
Irina, die als erste "Princess Charming" zum Star in Szenekreisen wurde, muss trotz ihrer Erfolge feststellen, dass es zu wenige echte Rollenvorbilder in der öffentlichen Wahrnehmung gibt. "Lesbische Frauen sind so unterrepräsentiert im deutschen Fernsehen", stellte Candy nüchtern fest.
Besonders bitter fiel der Rückblick bei Jessica aus, die sich mit zwölf Jahren als "trans" outete und mit 18 - nach etlichen Behandlungen und Operationen - mit der Ankunft in einem wunderschönen weiblichen Körper erstmalig angekommen fühlte. "Du wirst dafür geliebt oder dafür gehasst", sagt sie über den oft sehr steinigen Weg der Veränderung. Und sie erzählt von schockierenden Erlebnissen. "Ich wurde bespuckt", sagt sie. Nicolas kamen da die Tränen - auch weil er als junger Schwuler ganz ähnliche brutale Anfeindungen erlebte. "Es tut mir so weh, dass mich das nicht überrascht."
"Wir haben alle gewonnen"
In diesem Umfeld waren die jeweiligen Drei-Gänge-Gerichte samt der zugehörigen Punktwertungen am Schluss Nebensache. Obwohl vor allem Irina sich besonders viel Mühe gegeben hatte, auch Fragen ihrer eigenen Identität geschmacklich auf den Tellern widerzuspiegeln. So durften ihre Besucher - zu deren großem Entzücken und lautem Gegacker - aus buntem Teig das Abbild der weiblichen Geschlechtsteile kneten. Ein ganz besonders sinnliches Vergnügen. "Ich habe noch nie eine gesehen", staunte Nicolas über seine eigene Vulva-Interpretation.
Dass Candy keine echte Köchin ist, verhehlte sie erst gar nicht. "Ich bestelle dreimal am Tag." Auch Jessica flunkerte kräftig und ließ das Essen weitestgehend von ihrer Mutter zubereiten. "Ich liebe so Fertigsachen", sagte sie. Normalerweise wären das schlimme Tabus bei "Das perfekte Promi Dinner" gewesen. Doch diese Ausgabe war eben ganz anders. Viel bunter. Und viel toleranter. "Wir haben alle gewonnen", bilanzierte Candy völlig richtig zum Schluss. "Wir sind kunterbunt - und dürfen das auch so sein."
Ein Endergebnis, der Chroinstenpflicht halber, gab es natürlich trotzdem: Mit 24 Punkten waren am Ende drei der vier Promis gleichauf. Nur Jessica Derucki lag einen Punkt und echauffierte sich augenzwinkernd.