05.10.2023 von SWYRL/Jürgen Winzer
Vielleicht sollte Frank Rosin umschulen. Hellseher werden. Oder Zocker. Hätte er nach seinem letzten Einsatz bei "Rosins Restaurants" (Kabel Eins) auf seinen Verdacht gewettet, hätte er absahnen können. Denn das "Natürlich schmackhaft" ging "natürlich baden". Der verhinderte Restaurant-Retter hat's kommen sehen.
Im neuesten Fall von "Rosins Restaurants" (donnerstags, 20.15 Uhr, Kabel Eins) drängte sich schnell ein Eindruck auf, der es schwer machte, rosig in die rosinisch aufgehübschte Zukunft zu blicken. Frank Rosin selbst unkte früh, dass es sich hier "nicht um Gastronomie aus Leidenschaft, sondern um Gastronomie aus Größenwahn" handelte. Dabei war dem Inhaber Timo (37), der gemeinsam mit seiner Partnerin Annika (31) den Hilferuf sandte, nicht der Wille abzusprechen. "Zumachen war nie eine Option", so Timo.
"So viele Baustellen!" Frank Rosin kam im "Natürlich schmackhaft" in Saarbrücken schnell ins Grübeln. Inhaber Timo ist kein erfahrener Gastronom. Sein Antrieb, ins lukullische Geschäft einzusteigen, war, dass "ich gerne essen gehe und eigentlich überall unzufrieden bin". Frank Rosin ("Da wär ich fast in Ohnmacht gefallen") konnte nur mit dem Kopf schütteln.
Gäbe es Lebenspartnerin Annika nicht, wäre "Natürlich schmackhaft" ohnehin schon "natürlich geschlossen": Die gelernte Frisörin hielt mit ihrem in einem anderen Job verdienten Geld die Gaststätte notdürftig finanziell am Leben. "Wir sind finanziell und körperlich durch", gestand sie.
Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.
Frank Rosin: "Eigentlich müsstest du das Ding zumachen"
Beschränkte Erfahrung, dazu beschränkte Räumlichkeiten, beschränktes Wissen, beschränktes Können. Es fehlte an allen Ecken und Ende. Vor allem haperte es auch in der Selbsteinschätzung und in der Kommunikation untereinander. "In Summe ist das armselig", konstatierte Rosin nach dem ersten Testessen. Das mit 2,5 Sternen von fünf möglichen auch zum "totalen Desaster" wurde. "Eigentlich musst du das Ding zumachen", war Rosin nahe an der Hoffnungslosigkeit.
Das war Annika auch. Sie bekam zwar als Servicekraft mit vier von fünf Punkten die mit Abstand beste Wertung, zog dann aber doch für das Projekt Restaurant-Rettung die Reißleine. Rosin wollte die Flinte noch nicht ins Korn werfen und absolvierte mit Timo und dessen Koch Max (24) ein Kochtraining. Dabei verspürte Timo postwendend "neues Feuer", feuerte aber erst mal gegen Rosin, monierte ein "paar Sachen, mit denen ich nicht umgehen kann." Ein reinigendes Gespräch klärte die verunreinigte Chemie.
Testessen zwei: Ein früher Tiefpunkt - und dann geht's bergab
Ohne Annika, aber mit Elan bogen Timo und Max auf die Zielgerade Richtung alles entscheidendem zweiten Testessen ein - und bekamen es nicht auf die Reihe, klar zu kommunizieren, wer den Einkauf erledigen sollte. Mit dem Ergebnis, dass Max über eine Stunde zu spät kam, als er hätte längst vorbereiten müssen. Ein früher Tiefpunkt. Und von da an ging's bergab!
Hektik in der Küche, wo Max nicht hinterherkam. Übergroße Entspannung bei Servicekraft Timo, der den Gästen eine fast 60-minütige Wartezeit gönnte - und das völlig okay fand. Dazwischen ein verzweifelt geschockter Frank Rosin, der schließlich sogar beim Servieren der Vorspeise helfen musste, damit etwas voranging.
"Die sind total überfordert. Jeder für sich und auch als Team", musste Rosin erkennen. Dass es die beiden irgendwie apathisch geschehen ließen, ging ihm "tierisch auf den Sack": "Ich werd das Gefühl nicht los, dass hier so ein Leck-mich-am-Arsch-Gefühl vorherrscht."
Fatales Finale: "Das war ein katastrophales Testessen"
So halbgar kann das nix werden, predigt Rosin immer wieder. Und lag auch hier nicht falsch. Timo und Max retteten sich im zweiten Testessen auf drei von fünf Sterne. "Danke an die gnädigen Testesser", meinte Rosin eindeutig: "Ich wäre nicht so gnädig gewesen. Das war ein katastrophales Testessen!"
Timo ("Enttäuschend, dass wir mit unseren Ansprüchen gescheitert sind") und Max ("Das lief schei.e!") waren zerknirscht. Aber Rosin zweifelte umgehend, ob sie das Urteil, einen echten "Schlag in die Magengrube", auch richtig verstanden hatten. "Ich habe den Verdacht: Wenn ich hier den Hof verlasse, macht Timo das genauso weiter, wie vorher. Er denkt immer, dass er recht hat."
"Beispiel für den Querschnitt der deutschen Gastronomie"
Rosin sah das ausdrücklich anders: "Hier müssen mehr als nur Kleinigkeiten geändert werden. Drei Sterne reichen nicht. Hier muss was aufgebaut werden. So könnt ihr das nicht weiterführen, sonst wird das ein Schuss in den Ofen, da könnt ihr zumachen. Hier müssen Dinge erledigt werden, sonst schafft ihr keine vier Wochen mehr."
Frank Rosin verabschiedete sich und schritt mit düstren Worten in den Abend. "Ich bin fix und fertig und ausgelaugt und leer. Das war auch für mich eine schwere Zeit." Er sah diese Folge als "gnadenlosen gastronomischen Realismus" und als "Beispiel für den Querschnitt der deutschen Gastronomie". Rosins Eindruck: "Viel zu viele Leute machen sich immer noch selbstständig, ohne den Job gelernt zu haben." Das müse sich ändern, sonst würden sich Fälle wie der des "Natürlich schmackhaft" auch nicht ändern.
Das "Natürlich schmackhaft" ist geschlossen
Frank Rosins Worte waren düster, sein Ausblick dabei letztlich glasklar. Zwar gab es auf dem Facebook-Kanal des Restaurants im Januar (und deutlich nach Rosins Besuch) erstmals seit über einem Jahr wieder einen Eintrag. Und auch Timos Lebensgefährtin Annika war wieder mit von der Partie, als die Gaststätte im Saarbrücker Wochenmagazin "Forum" im Februar hervorragend bewertet wurde (O-Ton: "Um das 'Natürlich schmackhaft' mache ich mir keine Sorgen."). Dafür war von Küchenchef Max keine Rede mehr.
Den lukullischen Zickzack-Linie aus einem Mix aus deutscher und griechischer Küche haben Timo und Annika nicht verlassen, auch wenn Rosin ("Die Linie fehlt") und die Testesser ("Lieber eines richtig, als mehrere nur halb") das dringend anrieten. Aber wie sagte Rosin zum Abschied: "Ich kann nur Tipps geben. Helfen könnt ihr euch nur selbst."
Es hat nicht geklappt: Seit Juli gibt es keine neuen Facebook-Einträge mehr, auf der Homepage heißt es, das Restaurant sei geschlossen. Die Speisekarte enthält kein einziges der Gerichte, die Rosin mit Timo und Max probekochte. Rettungsmission: incomplete.