"Rosins Restaurants"

Bei Syrer Mohammad gelingt Frank Rosin ein kleines Rettungswunder

28.09.2023 von SWYRL/Jürgen Winzer

"Frank Rosin ist unsere letzte Chance!" Jamal, Freund von Mohammad und Mitstreiter in dessen Imbiss "Speedy Pizza", rief den Sternekoch zur Rettungsmission. Der kommt und findet viel Chaos und wenig Qualität vor. Das größte Problem: Bringt Mohammad den Mut auf, seinen Wurzeln zu vertrauen?

Wenn Wikipedia richtig gezählt hat, ist die Rettungsmission für "Speedy Pizza" im 4.600-Seelen-Dorf Rulle bei Osnabrück die 150. in der bald 14-jährigen Geschichte von "Rosins Restaurant" (Kabel Eins). Und fraglos eine der schwierigsten. Als Frank Rosin (57) dem "Notruf" nach Niedersachsen folgt, kann er nicht glauben, wie schlecht es um den Imbiss von Mohammad (30) steht. Aber er kann es schmecken! "Das, was du kochst, ist grauenhaft, richtig schlecht." Gibt's hier überhaupt noch was zu retten?

Ja, sagt Rosin. Denn der Mann ist nicht nur geborener Retter in der Gastro-Not, sondern ein emphatischer Ruhrpottler vom alten Schlag. Dem klopft noch das Herz, wenn es um Menschen und deren Leid geht, dem feuchteln die Augen, wenn er sieht, dass sich die Leute aufrecht mühen.

So wie Mohammad und sein bester Kumpel und einziger Mitarbeiter Jamal. Beide flüchteten vor dem Krieg aus Syrien. Sprachlos und bedrückt folgt Rosin der Schilderung des Fluchtdramas ("Wir sind 1.000 Kilometer zu Fuß gegangen", "Schleuser haben 70 Leute in ein Schlauchboot gesetzt, aufs Meer gezeigt und gesagt: 'Immer geradeaus!'"). Da steht für Rosin spätestens fest: Den beiden muss einfach geholfen werden!

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Chaos im Imbiss, der Schuldenberg wächst

"Wir arbeiten fleißig, aber es kommen keine Kunden", klagt Mohammad, der 2021, sechs Jahre nach seiner Flucht, einen Kredit aufnahm, um ein Haus inklusive Imbiss zu kaufen. Im Haus wohnen er und Jamal, außerdem die 94-jährige Gisela, die alle nur "Oma" nennen und für die "der Mohammad wie ein Sohn" ist. "Der würde mich nie im Stich lassen", sagt sie.

Aber genau das droht: Keine Kunden, keine Einnahmen, der Schuldenberg wächst. Wenn das Restaurant scheitert, zerbricht alles. Mohammad, der in Syrien als gelernter Zahntechniker ein eigenes Zahnlabor aufbauen wollte, hat Angst, dass nach dem Traum in der ersten Heimat nun auch der in der zweiten platzt.

"Das sind zwei Glücksritter", erkennt Rosin, "mit totalem Enthusiasmus, mit Fleiß und Leidenschaft." Aber leider null kulinarischer Ahnung. Das müssen nach Rosin ("Ich würd hier nie mehr reinkommen, um was zu bestellen") auch die zehn Testesser schmerzhaft erkennen. "Richtig furchtbar, so was hab ich noch nie erlebt", sagt einer.

Das schlägt sich in der Wertung wieder. Es gibt nur zwei von fünf Sternen. Seit Einführung der Sterne-Wertung im Corona-Jahr 2020 gab es keine schlechtere Wertung. Ein vernichtendes Urteil. Mit Ausnahme der Wirkung von Mohammad und Jamal ("Sehr freundlich, sehr bemüht") hapert es an allen Ecken und Enden: Nicht nur der Geschmack der Speisen ist unterirdisch, sondern auch die Hygiene, das Ambiente, die Auswahl. Rosin: "Der Laden ist keine zwei Sterne wert."

Retter Rosin rät: "Man muss dir glauben, was du kochst"

Eine Testesserin bringt Rosin auf die Idee: Warum verschwendet der Syrer Mohammad seine Energie mit Pizza? Wo doch die Kochkultur seiner Heimat Syrien laut Rosin "extrem modern, vielseitig, lecker, deftig und gesund" ist. Rosin rät Mohammad: "Nutze die wichtigste Währung: Authentizität. Man muss dir glauben, was du kochst."

Mohammad ist motiviert ("Kritik ist immer gut, ich bin bereit"), aber er zagt. Er will nicht glauben, dass syrische Küche in Deutschland gut ankommt. Aber Rosin lässt nicht locker. Er kocht mit Mohammad gemeinsam Syrisch und erlebt eine Überraschung. Plötzlich taut Mohammad kulinarisch auf, er zaubert Rezepte "von meiner Mama" hervor, sprüht vor Begeisterung und Selbstbewusstsein, sagt Rosin sogar, wann er das Olivenöl beifügen muss.

Das Ergebnis haut Rosin von den Socken, als er das Baba Ghanousch, den Humus und die Hackfleischsauce von Mohammad probiert. "Das ist ein magischer Moment für mich", lobt er, "du hast Herz und Seele ins Rezept eingebracht." Und zwar mit überwältigendem Erfolg. "Das schmeckt so geil, Oma Gisela würde eine Arschbombe da reinmachen."

Frank Rosin schwärmt: "Die Liebe kam mit dem Humus"

Aber die Zweifel nagen an Mohammad. Zwar ist er für die syrische Küche neu entflammt (Rosin: "Die Liebe kam mit dem Humus!"), aber er will nicht ausschließlich auf die levantinische Küche setzen. "Was ist mit Pizza?", fragt er grübelnd. Rosin: "Lass deine Heimat in deine Küche - und schmeiß die Pizza aus dem Fenster."

Letzte Überzeugungsarbeit leistet ein Landsmann. Rosin entführt Mohammad zum Alappo-Grill nach Osnabrück, wo Mohammad staunend erfährt, dass der Betrieb mit syrischen Speisen super läuft - und 90 Prozent deutsche Kunden hat. Das vertreibt die letzten Zweifel. Nachdem Rosin seinen "Umgestalter" Florian Kegler den Laden auf links drehen und renovieren ließ, macht Mohammad Nägel mit Köpfen und benennt seinen Imbiss in "Falafilu" um. Willkommen, Falafel. Auf Nimmerwiedersehen, Pizza.

Tolles Lob: "Man konnte Liebe und Leidenschaft schmecken"

Hat sich die Arbeit gelohnt? Oma Gisela jedenfalls ist begeistert. Zunächst vom neuen Interieur - "Menschenskind, hat sich dat verändert! Dat war ja ne Bruchbude gegen dat, das syrische Flair hat echt gefehlt." -, dann aber auch vom Essen. Und nicht nur sie, auch die Testesser sind begeistert vom Angebot, vom Ambiente, von Mohammad und Jamal und vor allem von den Speisen. "Mega, fantastisch, sehr lecker, hier kommen wir immer her" - die Testesser überschlagen sich fast. Das schönste Lob: "Man konnte Liebe und Leidenschaft schmecken."

Oma Gisela darf das Ergebnis der Wertung verkünden - den vollen Sternenhagel von fünf Sterne. Besser geht nicht. Retter Rosin räuspert sich gerührt. "Zwei Jungs, die ein schweres Leben hinter sich haben, die jetzt einen Neuanfang wagen - auch kulinarisch." Und während Mohammad und Jamal in ihrer neuen Heimat Vertrauen in ihre alte fanden, reitet der Retter in den Sonnenuntergang, neuen Missionen entgegen.

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