"Mein Kind" - Mo. 28.10. - ZDF: 20.15 Uhr

Und plötzlich ist der Krieg ganz nah: Eine Leihmutter in der Ukraine

27.10.2024 von SWYRL/Susanne Bald

Ein kinderloses deutsches Paar engagiert eine Leihmutter in Kiew. Wenige Wochen vor der Geburt überfällt Russland die Ukraine, der Kriegszustand wird ausgerufen. Die werdenden Eltern bangen um das Leben ihres ungeborenen Babys. Bewegendes Drama mit Lisa Maria Potthoff, Maximilian Brückner und Alina Danko.

Am 24. Februar 2022 stand nach dem russischen Überfall auf die Ukraine die Welt still. Und zahlreiche Deutsche waren plötzlich auch ganz direkt betroffen: Menschen, die sich ihren Kinderwunsch mit einer Leihmutter in der Ukraine erfüllen wollten, mussten nun um deren Leben bangen, konnten ihre Neugeborenen nicht im Kriegsgebiet abholen. Bilder von Leihmüttern, die mit den Babys in Kiew in Kellern ausharrten, führten zu der Idee, darüber eine Geschichte zu erzählen, erklärt die Produzentin Anna Oeller die Entstehung des sehenswerten, stark besetzten Dramas "Mein Kind" (Drehbuch: Katrin Bühlig, Regie: Christine Hartmann), das nun zur Primetime im ZDF zu sehen ist.

Judith Koch (Lisa Maria Potthoff) und ihr Mann Niclas (Maximilian Brückner) sind überglücklich: In wenigen Wochen sollen sie Eltern einer Tochter werden. Endlich! Jahrelang hatten sie es versucht, mehrere künstliche Befruchtungen liefen ins Leere. Ihre letzte Hoffnung ist eine ukrainische Leihmutter. Während das Paar in München letzte Babysachen besorgt, bricht die schockierende Nachricht über sie herein: Krieg in der Ukraine. Erst nach Tagen bekommen sie Kontakt zur Leihmutteragentur in Kiew. Der Schwangeren und dem Baby gehe es gut, man habe eine provisorische Geburtsklinik im Untergrund errichtet.

Normalerweise lernen Wunscheltern ihre Leihmütter nicht kennen. Doch der Krieg verändert alles. Judith und Niclas sprechen per Videocall mit Oksana (Alina Danko), die Verbindung bricht ab. Wenig später stehen Oksana und ihre Tochter Nadja tatsächlich vor ihrer Tür in München. Zwei Welten prallen aufeinander, und die werdenden Eltern - sowie die Zusehenden - erfahren nun Dinge über Leihmutterschaften, die sie bisher nicht wussten.

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Ein lukratives Geschäftsmodell

In Deutschland sind Leihmutterschaften verboten, die Mutter ist nach deutschem Recht die Person, die das Kind gebiert. In einigen Ländern ist das anders. Jährlich werden etwa 2.500 Babys von ukrainischen Leihmüttern ausgetragen. "Das ist okay für uns, das ist ein gutes Geschäft, und ich bekomme Geld", erklärt Oksana im Film, insgesamt um die 16.000 Euro. "Da frag ich mich, wo der Rest hinwandert", wundert sich Niclas, schließlich bezahle er der Agentur 65.000 Euro. In den USA müsste er das Dreifache hinblättern, erläutert Drehbuchautorin Katrin Bühlig. Seit 2015 habe sich die Ukraine "zum weltweiten Zentrum für Leihmutterschaften entwickelt, weil der Ablauf dort professionell, unkompliziert und vor allem preiswert ist".

Als die Agenturchefin (Liudmyla Vasylieva) erfährt, dass Oksana in Deutschland ist, gibt es Probleme: "Wenn Sie Ihr Wunschbaby bekommen wollen, muss Oksana zurück", fordert sie. "Aber es ist Krieg!", kann es Judith nicht fassen. Als die erschütternden Bilder des Massakers in Oksanas Heimatdorf im Fernsehen laufen, möchte auch diese selbst nur noch nach Hause. "Als Oksana die Nachricht über Butscha sah und ihr Mann nicht ans Telefon ging und alles in ihr kalt wurde", diese Szene sei ihr am meisten in Erinnerung geblieben, sagt die 1996 in Kiew geborene Schauspielerin Alina Danko, die 2022 vor dem Krieg nach Österreich floh. "Dies ist für mich der wortreichste Moment. Derjenige, der keiner Übersetzung oder Erklärung bedarf."

Bei Judith und Niclas liegen indes zunehmend die Nerven blank, sie haben sich übernommen, es kommt zu Spannungen bei dem sonst so harmonischen Paar. Schweren Herzens bringen sie Oksana und Nadja zur ukrainischen Grenze, wo sie einen Zug nach Kiew besteigen, zurück in den Krieg. Von nun an heißt er erneut bangen, um Oksanas Leben und das ihres Babys ...

Große Emotionen ohne Pathos

Ohne Pathos, nicht wertend, beinahe schon objektiv beobachtend folgt die Kamera den Protagonisten des Films und geht dabei in mehrfacher Hinsicht ganz nah ran. Besonders Lisa Maria Potthoffs Figur Judith durchläuft eine emotionale Tour de Force, die sich größtenteils allein auf ihrem Gesicht abspielt. Die strapaziösen, jahrelangen Versuche, Mutter zu werden, die immer wieder zerschlagenen Hoffnungen, die Trauer, man sieht sie ihr an. Wenn sich Judith Oksana gegenüber zu rechtfertigen versucht, warum sie eine Leihmutter engagiert, das tut beim Zusehen so weh wie die von Alina Danko erwähnte Butscha-Szene.

Daneben rückt die Autorin Katrin Bühlig in "Mein Kind" das Geschäftsmodell Leihmutterschaft in den Fokus der Aufmerksamkeit, das von vielen als unmoralisch und ausbeuterisch angesehen wird, wenngleich viele Ukrainerinnen es als Win-Win-Geschäft ansehen: "Wenn wir es schaffen, mit unserem Film, die Wünsche und Nöte beider Seiten sensibel zu thematisieren, damit die Schwarz-Weiß-Malerei bei diesem heiklen Thema aufhört und ein Gespräch beginnen kann, hätten wir alles erreicht, was ich mir wünsche."

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