17.12.2025 von SWYRL/Natascha Wittmann
Statt sich Freunden anzuvertrauen, wenden sich immer mehr Menschen an Chatbots. Bei "Markus Lanz" zeigte sich der Moderator skeptisch gegenüber diesem Trend, während Digitalexperte Sascha Lobo die Chancen der Künstlichen Intelligenz betonte.
Die Anzahl der Menschen, die Beziehungen zu KI-Chatbots aufbauen, steigt immer weiter an. Laut OpenAI kommunizieren inzwischen weit über 700 Millionen Menschen mit ChatGPT. Das Problem dabei? Laut einer aktuellen Studie des Massachusetts Institute of Technology sollen Menschen, die dieses KI-Modell besonders intensiv nutzen, häufiger einsam sein. Grund genug für Markus Lanz, am Dienstagabend in seiner Sendung intensiver auf die Schattenseiten der Künstlichen Intelligenz zu blicken. Besonders der Einfluss auf zwischenmenschliche Beziehungen spielte dabei eine große Rolle. Digitalexperte Sascha Lobo gab zu: "Wir bewegen uns auf eine Gesellschaft zu, in der Liebesbeziehungen zwischen Mensch und Maschine nicht nur möglich, sondern allgegenwärtig sein werden." Ein Fakt, der den ZDF-Moderator nachdenklich stimmte: "Das macht mir wirklich Angst." Lanz hakte nach: "Wie schnell geht es, sich darin wirklich so zu verlieren, dass man das Gefühl hat, da sitzt jetzt jemand, der versteht, wer ich bin?"
Psychologe Leon Windscheid erklärte daraufhin, dass er selbst in Österreich einen jungen Mann getroffen habe, der sich in einen Chatbot verliebt hat. "Bitte lasst uns nicht naiv sein mit so einer Technologie", so Windscheid mit ernstem Blick. Lanz reagierte ähnlich besorgt: "Das ist ernst gemeint." Ethikerin Judith Simon warnte in dem Zusammenhang, dass hinter den Plattformen eine "große Verführung" stecke, da viele Menschen über Abos und Co. an die Chatbots "gebunden" werden. Sascha Lobo sah das Ganze derweil weniger skeptisch. Er erklärte, dass man viel mehr abwägen müsse: "Es wird sehr viel Angst-Diskussion geführt." Am Ende sei es "unsere Verantwortung", das "wirklich zu differenzieren", weil "eine junge Generation sich fast geschlossen entschieden hat, Chatbots in das eigene Leben so tief hineinzulassen, dass man bei sehr vielen Menschen (...) von parasozialen Beziehungen sprechen muss".
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Psychologe Leon Windscheid: "Wir ersetzen immer öfter Therapeuten mittlerweile durch KI"
Laut des Digitalexperten sei es daher "zu abwertend" und "zu einfach" gegenüber "einer ganzen Generation, wenn man sagt: 'Das, was ihr da macht, endet in einer Katastrophe. Es ist ganz schlimm'. (...) Ich glaube, dass das (...) nicht gerechtfertigt ist". Eine Steilvorlage für Lanz, der von Lobo wissen wollte: "Stimmt es, dass Ihre Frau ihre Kleidung mithilfe eines Bots aussucht?" Der Autor nickte: "Natürlich. Ja, das stimmt." Lanz konterte irritiert: "Was heißt hier natürlich? Die fragt morgens: 'Was soll ich anziehen?'" Sascha Lobo erklärte daraufhin gelassen: "Wir haben in der Familie ganz viele Verwendungsszenarien dafür, einfach, weil wir große Freude daran haben, das auszutesten."
Während Lanz darin kein großes Problem zu sehen schien, warnte Psychologe Leon Windscheid vor den Folgen in anderen Bereichen: "Wir ersetzen immer öfter Therapeuten mittlerweile durch KI." Lanz wollte prompt wissen: "Was macht das mit uns?" Windscheid erläuterte: "Es validiert, es bestätigt die ganze Zeit." Darin sah der Psychologe eine große Gefahr, denn: "Ein guter Therapeut (...) würde aber auch hinterfragen." Besonders mit Blick auf junge Männer, die sich lieber einem Chatbot anstelle eines echten Therapeuten anvertrauen, mahnte Windscheid: "Wenn eine Gruppe auf dieser Welt doch nicht mehr validiert werden muss und immer hören muss, "Boah, bist du toll", (...), sind das Männer. Also für die würde ich mir eine echte Therapie wünschen und jemanden, der kritisch hinterfragt statt zu validieren."
Lanz warnt vor KI-Therapien: "Das ist das Thema, das ich damit habe"
Sascha Lobo sah dies anders und erklärte, dass es sinnvoll sei, einen KI-Chatbot um Rat zu fragen, "wenn man nachts um drei sprechen will, weil es einem schlecht geht und da ist keine Therapeutin und man hat acht Monate bis zum nächsten Termin". Lanz hielt prompt dagegen: "Aber das ist doch auf dem Level 'Austausch mit einem guten Freund'. (....) Und das ist es aber in Wahrheit nicht. Das ist das Thema, das ich damit habe!" Auch Ethikerin Judith Simon sah das Ganze skeptisch: "'Ich bin immer für dich da. Ich höre dir zu' - also diese Art von Kommunikation ist für mich schon der Anfang vom Ende."
Informatikerin Katharina Zweig fügte hinzu: "Wenn man damit erstmal anfängt, ist man, glaube ich, verloren. (...) Wir müssen wieder zu mehr Kontakt zwischen Menschen kommen." Sascha Lobo ließ sich davon nicht beeindrucken und erklärte, dass Deutschland im Bereich der KI-Entwicklung und KI-Steuerung nicht den Anschluss verlieren dürfe. Am Ende sei es nämlich nur hinderlich, "wenn wir die ganze Zeit Angst haben, immer sagen, es ist alles schlimm - und am Ende amerikanische und chinesische Unternehmen genau diese Entwicklung alleine machen". Leon Windscheid sah jedoch auch darin eine Gefahr und fragte abschließend: "Befeuern wir nicht ein System (...), was uns an ganz vielen Stellen jetzt schon nicht so guttut auf dieser Welt?"



