17.10.2024 von SWYRL/Natascha Wittmann
Die Grünen stecken in einer tiefen Krise. Bei "Markus Lanz" versuchte Politiker Andreas Audretsch am Mittwochabend, den neuen Kurs seiner Partei vorzustellen. Als er jedoch gegen Merz, Söder und Lindner wetterte, geriet er mit dem ZDF-Moderator heftig aneinander.
Nach dem überraschenden Rücktritt von Ricarda Lang und Omid Nouripour stehen die Grünen vor einer unbekannten Zukunft. Während die Partei vor wenigen Jahren noch als unaufhaltsam und - vor allem bei jungen Wählern - als äußerst beliebt galt, rauschen die Wahlergebnisse der Partei mittlerweile immer weiter in den Keller. Grünen-Politiker Andreas Audretsch versuchte deshalb bei "Markus Lanz", zunächst für Aufbruchsstimmung zu sorgen. Er sagte daher energisch: "Wir haben einen riesigen Investitionsbedarf." Der Grünen-Politiker ergänzte: "Ich wäre sehr dafür, dass wir die Schuldenbremse reformieren. Dass wir dann sagen: wir legen ein großes Investitionsprogramm auf (...) und wir machen gleichzeitig Klimaschutz." Laut Audretsch gebe es dabei jedoch ein großes Problem: "Und das heißt auf Bundesebene Friedrich Merz, der nämlich sagt, dass wir keinerlei Veränderungen bei der Schuldenbremse wollen."
Audretsch ergänzte, dass es unter den deutschen Ministerpräsidenten zudem "genau einen noch" gebe, "der das aufrechterhält: das ist Markus Söder". Eine Aussage, die den ZDF-Moderator sichtlich überraschte: "Sie sagen jetzt gerade nicht, dass, wenn Friedrich Merz und Markus Söder nicht mehr in Deutschland Politik machen, dann ist alles gut?" Als der Grünen-Politiker mit einem flapsigen "Nicht alles" antwortete, stellte Lanz klar: "Das ist nicht ihr Ernst! Friedrich Merz ist Oppositionsführer. Sie sind Teil der Regierung. Entschuldigung!"
Daraufhin sah Audretsch auch in der Ampelregierung einen Störfaktor und gab zu: "Wir haben in der Regierung eine Person, die sagt, das geht nicht. Das ist Christian Lindner. Und Christian Lindner wird sich nicht bewegen, solange nicht Friedrich Merz seine Position ändert an dieser Stelle." Audretsch bezeichnete Merz, Söder und Lindner daher als "das Sand im Getriebe" und die Personen, "die die Blockade aufstellen dafür, dass wir das angehen".
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Grünen-Politiker Audretsch: "Die Situation würde nicht besser werden, wenn wir rausgehen würden"
Ein Vorwurf, den Lanz nicht ganz nachvollziehen konnte, denn bei Söder, Merz und Lindner handele es sich schließlich um einen "Ministerpräsident, ein Oppositionsführer und die kleinste Partei, die jetzt in Brandenburg hinter der Tierschutzpartei ist". Der ZDF-Moderator wetterte weiter: "Wissen Sie eigentlich, was Sie da gerade sagen? Es ist Ihre eigene Regierung, (...), die an dieser Schuldenbremse festhält! Das ist nicht Herr Merz. Der findet das auch ganz knorke, aber er hat es nicht zu entscheiden. Sie haben das zu entscheiden." Lanz fügte hinzu, dass die Ampel sich auflösen müsse, "wenn das Wohl und Wehe dieses Landes von dieser einen Person abhängt, in dem Fall Christian Lindner". Audretsch wiegelte prompt ab: "Die Situation würde nicht besser werden, wenn wir rausgehen würden."
Stattdessen müsse die Frage gestellt werden: "Kommen wir als Gesellschaft an den Punkt, zu erkennen, dass es sinnvoll ist, dass, wenn das Dach kaputt ist, (...) man es saniert, bevor es durchtropft und dann der ganze Dachstuhl kaputt ist. (...) Wenn wir das hinkriegen, dann kann es in Zukunft auch besser werden." Als Audretsch immer wieder einen "Konsens in der Gesellschaft" forderte, konterte Kommunalpolitikerin Tanja Schweiger genervt: Es sei ja "ganz sympathisch, dass Sie hier versuchen, die Menschen zusammenzubringen und so einen Chorgeist zu entwickeln", sagte die Landrätin von den Freien Wählern. "Aber es klingt auch so ein bisschen wie: 'Ich mache jetzt die Welt ein bisschen bunt und erzähle eine Geschichte'."
Lanz stichelt gegen Audretsch: "Für das Toxische daran haben Sie gesorgt"
Daraufhin stellte Generationenforscher Rüdiger Maas fest, dass "ein Drittel der jungen Menschen Angst" vor den Grünen habe. Eine erschütternd hohe Anzahl, die Lanz unter anderem auf die Debatte rund um das Bürgergeld zurückführte, die "bei den Leuten richtig was getriggert" hat. "Leistung lohnt sich eben nicht mehr", so der ZDF-Moderator. Audretsch versprach daraufhin schwammig: Man wolle "dieses Problem im System" verändern, um Löhne anzuheben, damit Menschen gerne auch wieder zur Arbeit gehen, "weil sie etwas mit nach Hause nehmen, wo man dann auch das Gefühl hat, dass am Ende man das Häuschen abbezahlen kann."
Lanz konterte prompt: "Vom Mindestlohn zahlen Sie kein Häuschen ab, das können Sie vergessen!" Journalistin Helene Bubrowski fügte derweil hinzu, dass auch in Betracht gezogen werden müsse, mehr Menschen in Arbeit zu bringen und Verschärfungen beim Bürgergeld vorzunehmen, da es nicht reiche, nur "die Löhne zu erhöhen". Ein Vorschlag, der Audretsch wütend machte. Er kritisierte, dass man immer "ein Dreieck aus unteren Lohngruppen, Menschen im Bürgergeld und Geflüchteten" gegeneinander ausspiele, wenn man über soziale Fragen rede. Dies sei laut Audretsch jedoch "eine toxische Debatte für diese Gesellschaft".
Darauf konterte der ZDF-Moderator fassungslos: "Das ist nicht toxisch. Wir beschreiben Realitäten!", sagte Lanz. "Ehrlich gesagt, für das Toxische daran haben Sie gesorgt. Darf ich das mal so klar sagen? Nicht Sie persönlich, aber Ihre Politik. Sie haben daraus dieses toxische Gebräu gemacht." Generationenforscher Maas erklärte, dass er diese Ansicht teilen würde, "weil ja auch jeder dritte Mensch Angst vor Ihnen hat, vor Ihrer Partei."