16.11.2024 von SWYRL/Hans Czerny
Die Geschichte vom Angriffskrieg Hitlers auf die Sowjetunion ist hinlänglich bekannt, doch muss man sie stets wiederholen, damit sie nicht in Vergessenheit gerät. ARTE tut es nun mihilfe schwarzweißer Nahaufnahmen vom Winter 1941, mit Briefen und Tagebüchern beider Seiten, die das Grauen bezeugen.
Dokumentationen über Hitlers Angriffskrieg auf die Sowjetunion mit all seinen Gräueln und Millionen Opfern sind nicht neu. Besonders die erst nach der Wende geöffneten Moskauer Archive geben den Blick auf die Not der Soldaten wie der überfallenen Bevölkerung frei. Auch diese neue ARTE-Doku von Thomas Sipp (ARTE-Langzeitserie "Zahlen schreiben Geschichte") greift in authentischen Schwarzweiß-Aufnahmen filmisch und fotografisch auf neue Archivfunde zurück. Noch einmal wird in "Unternehmen Barbarossa - Vernichtungskrieg im Osten" das Grauen des Krieges deutlich - hier allerdings weitgehend ohne Granaten und Donnerschlag. Ganz aus der Nähe sieht man, wie Hitlers Soldaten, wie ihre Panzer und Fuhrwerke zunächst im Schlamm, dann im Schnee versinken und zu Skulpturen des Elends erstarren.
Im Film kommt die Not auf beiden Seiten zu Wort, auf der Seite deutscher Soldaten, wie auch der russischen Bevölkerung in Moskau und Leningrad, wo verhungerte Menschen auf der Straße liegen und auf Schlitten abtransportiert werden. Alleine im Oktober 1941, so der Kommentar, habe es an jedem Tag in Russland 5.000 tote Gefangene gegeben - ein Teil der deutschen Strategie. Der Überfall der Sowjetunion am 22. Juni 1941 - trotz des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts - traf die Sowjetunion völlig unvorbereitet. Hitler wollte die Überlegenheit der arischen Rasse über sowjetisch-bolschewistische "Untermenschen" beweisen.
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"Mit der Tram nach Moskau"
Die Annahme, es würde zu einem Blitzkrieg kommen, wie zuvor bei den Angriffskriegen im Westen, schien sich zunächst zu bestätigen. Brutal ging die Wehrmacht gegen die Sowjetarmee und gegen die Bevölkerung vor. Doch mit dem hereinbrechenden Herbst und Winter wurde der Vormarsch im November 1941 kurz vor Moskau gestoppt, als bereits Millionen ihr Leben gelassen hatten. Doch Stalin mobilisierte rechtzeitig zum Jahrestag der bolschewistischen Revolution am 07. November Millionen von Reservisten und organisierte die Rüstungsindustrie völlig neu.
Briefe und Tagebucheinträge belegen, wie knapp die Wehrmacht vor der Einnahme Moskaus stand. Ein deutscher Arzt hält gar eine aufgelesene Trambahnmarke in der Hand. Er schreibt, wie absurd, eigentlich könnte er "mit der Tram" nach Moskau fahren.
Allerdings bleiben Grausamkeiten wie die Übergriffe der deutschen Einsatzgruppen und ihre Massentötungen ausgespart. So wird der Film eher zu einem leisen Requiem als zur historisch-politischen Anklage. Und auch das noch: Die auch hier eingespielten Animationen, so artifiziell sie auch sein mögen, sind eine Mode, die sich inzwischen eigentlich doch längst wieder erledigt hat.