Die besten Alben der 90-er
Mit "Dummy" nahmen Portishead einen der großen Meilensteine der 1990er-Jahre auf. Nun wird das Meisterwerk der Trip-Hop-Pioniere um Sängerin Beth Gibbons (Bild) 30 Jahre alt. Ein guter Anlass, um auf die besten Alben der 90-er zurückzublicken ...
© IMAGO / BRIGANI-ART"Dummy"
Unterkühlte Hip-Hop-Beats, kreative Samples, dazu die herzzerreißenden Vocals von Frontfrau Beth Gibbons: "Dummy" (1994) setzte neue Maßstäbe in Sampling und vermittelte dabei das Gefühl, man hätte sich in eine surreale, verrauchte Kneipe verirrt. Einen großen Anteil daran hatte Sängerin Beth Gibbons, deren wandelfähiger Gesang aufzeigte, wie stark und selbstbewusst Zerbrechlichkeit klingen kann.
© Go! Beat"Violator"
Die meisten Synthie-Popper der 1980-er überstanden den Wechsel in die 90-er nicht oder nur schlecht. Eine der wenigen Ausnahmen: Depeche Mode. Die fingen auf "Violator" (1990) pünktlich zum Beginn des neuen Jahrzehnts an, mit Blues-Einflüssen zu hantieren und der Gitarre mehr Raum in ihrem Sound zu geben. Das funktionierte besonders wunderbar in dem Klassiker "Personal Jesus", während "Enjoy The Silence" zeigt, dass auch unterkühlte Synthesizer nicht altern, wenn sie zu derart zeitlosen Songs eingesetzt werden.
© Mute / BMG"Homogenic"
Schon in der ersten Hälfte der Dekade konnte sich Björk als wegweisende Musikerin etablieren, mit "Homogenic" (1997) gelang ihr dann der Geniestreich. Electropop wie von einem anderen Stern, euphorisch und trotz der Eigenartigkeit auch immer wieder sehr berührend. Zu Techno- und Trip-Hop-Beats gesellen sich Streicher und Harmonien aus der Volksmusik ihrer Heimat Island. Eine Mischung, die einem beim Highlight "Jóga" schon mal die Tränen in die Augen treiben kann.
© Polydor"Nevermind"
"Here we are now": "Nevermind" (1991) läutete ein neues Zeitalter der Rockmusik ein und ist als eines jener Alben in die Musikgeschichte eingegangen, die ihren Zeitgeist so sehr verkörperten, dass sie eine ganze Generation prägten. Nirvanas erfolgreichste Platte hält auch heute noch jeder Qualitätsüberprüfung stand: Kurt Cobain sagte einmal, er wollte die Härte von Black Sabbath mit den Melodien der Beatles kombinieren. Auf keinem Album ist ihm das so gut gelungen wie hier.
© Universal"OK Computer"
Schon mit dem Vorgänger "The Bends" (1995) deuteten Radiohead an, dass sie sich mit dem Grunge aus der zweiten Reihe ihres Debütalbums nicht zufrieden geben würden. Mit einem Brett wie "OK Computer" hatte damals aber kaum jemand gerechnet. Thom Yorke und Co. loteten die Möglichkeiten von Alternative Rock aus, experimentierten mit Songstrukturen und schrieben dazu teils tieftraurige, stets zeitlose Songs. Eine Platte für die Ewigkeit.
© BeggarsWeezer - Weezer (1994)
Auf dem Cover ihres selbstbetitelten Debütalbums (1994) sehen Weezer aus eher aus wie die perfekten Schwiegersöhne denn als angesagte Rockband. Das passt wunderbar zum nerdigen Power-Pop des Quartetts um Frontmann Rivers Cuomo (zweiter von links). Er sehe aus wie Buddy Holly sang er auf dem großen Hit der schlicht als "Blue Album" bekannten Platte, die vielen Fans noch heute als ihre beste gilt. Mit "Say It Ain't So" zeigten die vier aber auch Tiefe - mitsamt unsterblichem Emo-Riff.
© Geffen / Universal"Automatic For The People"
Der Spagat, einen Kritikererfolg zu landen, der gleichzeitig die Massen begeistert, gelang 1992 R.E.M. mit "Automatic For The People". Nach dem Megahit "Losing My Religion" im Vorjahr nahmen sie ein zurückgenommenes, reflektiertes Album auf, das zudem gerne mal mit der traditionellen Rock-Instrumentierung brach, etwa wenn Peter Buck zur Mandoline griff statt zur Gitarre. "Automatic For The People" wartet außerdem mit einigen der schönsten melancholischen Balladen der 90-er auf - mit "Everybody Hurts" wurde eine davon sogar zum Hit.
© Concord Records"The Low End Theory"
Cleverer und subtiler wollten sie sein, außerdem positiver als der Gangsta Rap von der Westküste: Die New Yorker Hip-Hop-Gruppe A Tribe Called Quest, die mit "The Low End Theory" (1991) vielleicht den ersten unantastbaren Rap-Meilenstein der 1990-er veröffentlichte. Nicht nur mit seinem kreativen Umgang mit Sampling setzten Q-Tip, Phife Dawg und Ali Shaheed Muhammad neue Maßstäbe, auch der jazzige Sound von "The Low End Theory" findet selbst heute noch Widerhall im Genre.
© Sony Music"The Chronic"
Subtil ist "The Chronic" (1992) nun wirklich nicht. Nach einem Slangbegriff für Marihuana benannt, prangte auf der CD ein großes Hanfblatt. Auch sonst erfüllte die Platte so ziemlich jedes Gangsta-Klischee: Dicke-Hose-Texte über Geld, Macht, schöne Frauen und das Leben auf der Straße. Was der Doktor da aber als Produzent auf die Beine stellte, war alles andere als klischeehaft, sondern wegweisend: Seine Synthie-versetzten funkigen Beats wurden zur Blaupause für partytauglichen Rap von der Westküste.
© Interscope (Universal Music)"Ray Of Light"
Leicht hätte es passieren können, dass die Queen of Pop auf ewig im Schatten ihrer ursprünglichen Blütezeit in den 1980-ern stehen müssen würde, doch es kam anders. Madonna erfund sich stets neu und blieb nicht nur relevant, sondern tonangebend. Neben Trip Hop griff "Ray Of Light" (1998) vorherrschende Trends aus den damals Trance-begeisterten Technoclubs auf, das esoterische "Frozen" sollte zu einem von Madonnas größten Hits werden. Selten war Mainstream-Pop in den 90-ern so gut wie hier.
© Warner Music Germany"Parklife"
Und der Preis für die britischste Platte aller Zeiten geht an... Blur! Klar, Oasis sahen aus wie die Beatles und stritten sich wie die Kinks, doch Blur verkörperten den Mikrokosmos Großbritannien genauso sehr, wie sie ihn aufs Korn nahmen - vor allem auf "Parklife" (1994). Ach, und unkaputtbare Popsongs, darunter die ironische Party-Hymne "Girls & Boys", konnten sie auch noch schreiben.
© Parlophone"Definitely Maybe"
Die Band sei "verdammt klasse, die beste Band der Welt". Auf welche Band sich Liam Gallagher in diesem Zitat bezog? Auf die eigene natürlich. Der Oasis-Frontmann hatte aber auch allen Grund, den Mund so voll zu nehmen. "Definitely Maybe" (1994) gilt bis heute als eines der besten Debütalben aller Zeiten, nicht zuletzt wegen der Songwriting-Künste seines Bruders Noel. Das Album wurde seiner Zeit zum am meisten verkauften Erstling der britischen Popgeschichte: 15 Millionen Mal ging die Platte über die Ladentheke.
© Big Brother Recordings/Indigo"13"
Beste Band der Welt? Da war doch was... Auch Die Ärzte nennen sich so, meinen das aber selbstironischer als Herr Gallagher. 1998 waren die Berliner mit "Männer sind Schweine" so omnipräsent, dass es ihnen selbst gruslig wurde - spätestens als der Song auf dem Ballermann landete. Dabei ist die dazugehörige Platte eine ihrer härtesten: "13" bietet knackigen Punkrock mit kreativen und abwechslungsreichen Songideen. Besonders gelungen: "Der Graf", ein so witziger wie trauriger Abgesang auf den Mythos Dracula.
© Hot Action Records"Opium fürs Volk"
Wer Ärzte sagt, muss auch Hosen sagen. Auch die Düsseldorfer erlebten in den 90-ern eine zweite Blütezeit und brachten ein Erfolgsalbum heraus, dass von einem uncharakteristischen Riesenhit überschattet wurde. Dabei bietet "Opium fürs Volk" (1996) so viel mehr als das Sauflied "Zehn kleine Jägermeister", nämlich ikonische Punksongs mit Stadiotauglichkeit. Immerhin wurden mit "Bonnie und Clyde" und "Paradies" zwei davon ebenfalls zu Hits.
© JKP"Illmatic"
Staubtrockene Beats (gebastelt von DJ Premier), dazu ein MC, dem man die Leidenschaft für seine Kunst genauso anhört wie sein Bedürfnis, sich auszudrücken. Kaum eine HipHop-Platte fängt das Leben in den armen Vierteln New Yorks so schonungslos und mitreißend ein wie "Illmatic" (1994), das Debüt von Nas, mit dem der Rapper sich gleich zu Beginn seiner Karriere - zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war er gerade mal 20 Jahre alt - einen Platz im Rap-Olymp sicherte.
© Sony Music"Dookie"
Punkrock, aber so, dass das Ganze auch bei der breiten Masse gut ankommt: Green Day gelang dieser künstlerische Spagat wie kaum einer anderen Band der 90-er. Ihr Kultalbum "Dookie" (1994) verkaufte sich über 20 Millionen Mal, neben Platin- und dann Diamant-Auszeichnungen gab es dazu noch einen Grammy in der Kategorie "Bestes Alternative-Album". Eine Sternenstunde in Sachen Pop-Punk, die dem Genre eine zweite Blütezeit ermöglichte.
© Warner"Supa Dupa Fly"
Selbstbewusst, in die Zukunft denkend und mit Rap-Skills, die einige ihrer männlichen Kollegen in den Schatten stellen, wurde Missy Elliott schon mit ihrem Debütalbum "Supa Dupa Fly" (1997) zur Ikone. Das Fischen in der Vergangenheit in Form von Samples wird hier zur Nebensache, stattdessen schielen die Beats gerne mal in die Welt der elektronischen Musik. Futuristischer HipHop, der mit "The Rain (Supa Dupa Fly)" und "Sock It 2 Me" auch zwei Hits abwarf.
© Elektra / Warner"Very"
Neben Depeche Mode gelang es auch den Pet Shop Boys sich als Synthie-Act in das nächste Jahrzehnt zu retten. Anders als die Kollegen aus Essex griffen sie aber nicht zu Gitarren: Sie orientierten sich ganz auf ihre Dance- und Pop-Wurzeln, rückten ihre House-Einflüsse stärker in den Fokus und zelebrierten die bunte Künstlichkeit von Pop. Vor allem "Very" (1993) kommt daher wie ein bunter Mischwarenladen voller Ohrwürmer und synthetischer Sounds, handelte aber auch von schwereren Themen wie der AIDS-Epidemie - selbst im Überhit "Go West".
© Parlophone"Endtroducing....."
Wann sonst soll ein komplett aus Samples bestehender Meilenstein wie der Erstling von DJ Shadow auch entstanden sein als in den 90-ern? Auf "Endtroducing....." (1996) kreierte der Produzent neue Songs aus Schnipseln aus der Vergangenheit und blickte so in die Zukunft. Nach Veröffentlichung suchte der Künstler sein Werk in örtlichen Plattenläden auf: War es nicht unter HipHop einsortiert, änderte er das eigenhändig. Zurecht: Mit Ausnahme der Raps hat die Platte alles, was guter HipHop braucht.
© Island / Universal Music"Dig Me Out"
Die 1990-er waren nicht nur die Zeit des - männerdominierten - Pop-Punk, sondern auch das Jahrzehnt der Riot-Grrrls. Besonders gut: Sleater-Kinney, die mit "Dig Me Out" (1997) einen der großen Punk-Klassiker der Dekade aufnahmen, der zudem noch klang wie kein anderes Album dieses, nicht gerade für seine Vielseitigkeit bekannten Genres. Die originellen Riffs von Carrie Brownstein, Corin Tuckers wütender Rockröhren-Gesang und das treibende Schlagzeugspiel von Janet Weiss machten es möglich.
© Sub Pop / Warner"Metallica"
Metallica und ihr selbstbetiteltes fünftes Studioalbum, heute auch bekannt als "Black Album" (1991): Es spaltet die Anhängerschaft der Metal-Ikonen bis heute. Metallica-Fans "von früher" verabscheuen den Schmalz von "Nothing Else Matters". Aber wenn "Enter Sandman" läuft, nicken sie doch wieder mit. Ein sehr kommerzielles Album, klar, aber doch ein herausragend gutes, das jenseits der beiden großen Hits noch viel mehr zu bieten hat.
© Universal Music"If You're Feeling Sinister"
"Nobody writes them like they used to so it might as well be me", sang Stuart Murdoch. Für viele ist "If You're Feeling Sinister" (1996) das beste Indie-Pop-Album der 1990-er: Auf dem Zweitling der schottischen Band Belle and Sebastian erzählt Murdoch zehn Kurzgeschichten über jugendliche Außenseiter, die nicht in die Welt zu passen scheinen, in die sie geboren wurden - und boten damit eine Alternative. Dazu spielte die Band an die 60er-Pop angelehnte Melodien zu an The Velvet Underground erinnerndem Garagen-Sound. Zeitlos.
© Jeepster Records"Welcome To Sky Valley"
Auf langen US-Highways in den Sonnenuntergang fahren, links und rechts nur Staub und karge Sträucher, in der Hand vielleicht eine Dose Bier (oder ein Joint): Das war irgendwie der Spirit aller Kyuss-Alben, aber am besten und greifbarsten wurde er auf "Welcome To Sky Valley" (1994) eingefangen. Rau, schnörkellos, staubtrocken, mächtig groovend, aber nie stumpfsinnig: Dieser famose Stoner-Rock-Trip war eine echte Wucht.
© Elektra/Warner"Heaven Or Las Vegas"
Die Cocteau Twins hinterließen bereits in den 1980-ern ein Erbe, auf das sich noch heute zahlreiche in Traumwolken schwelgende Indie-Acts wie etwa Beach House beziehen. Mit "Heaven Or Las Vegas" (1990) schufen sie ihr Meisterwerk voller süßlich-surrealer Dream-Pop-Perlen. Ist das Album vorbei, kann man sich schon mal fragen, ob man die Musik vielleicht doch nur geträumt hat. Dass die Texte ein Mischmasch aus Englisch und einer Fantasiesprache sind, passte gut ins Bild: Hier geht es um pure Ästhetik.
© 4AD / Beggars"Loveless"
Auch hier wusste keiner, was die singen, das lag im Fall von My Bloody Valentine aber daran, dass die Gitarren so unglaublich laut waren und der Gesang in den Hintergrund gemischt, weil Nebensache. Mit "Loveless" (1991) schuf die Band um Kevin Shields und Bilinda Butcher den wohl schönsten Lärm aller Zeiten mit einer endlosen Anzahl an Gitarrenspuren, in die man sich am liebsten reinlegen möchte. Originell auch der Ansatz der Band in Sachen Bewusstseinserweiterung: Freiwilliger Schlafmangel statt Drogenkonsum. Passt zur Musik.
© Sony Music"Little Earthquakes"
Schon mit ihrem Debütalbum wurde Tori Amos zur Pionierin in Sachen Singer-Songwriter am Piano: Ohne "Little Earthquakes" (1992) wären Nachfolgerinnen wie Fiona Apple oder Regina Spektor schwer denkbar gewesen. Das lag auch an den starken Melodien und Texten, die Amos hier zuhauf produzierte, und am Mut in ihrer Themenwahl. Das Acapella gehaltene "Me And A Gun" etwa erzählt so schonungslos von Amos' Vergewaltigung, dass es einem förmlich schwerfällt, zuzuhören. Sollte man aber trotzdem.
© Warner"Electro-Shock Blues"
Nach dem Achtungserfolg des Debüts "Beautiful Freak" (1996) hätten die Eels es sich mit einem ähnlichen Zweitling leicht machen können. Stattdessen entschied sich Frontmann Mark Oliver Everett dafür, den Suizid seiner Schwester und den Krebstod seiner Mutter, die sich beide zwischen den beiden Alben ereigneten, zum Anlass zu nehmen, um über den Tod und das Leben danach zu singen. Der experimentelle Alternative-Pop von "Electro-Shock Blues" (1998) riss kommerziell wenig, kam aber bei all der Trauer zur lebensbejahenden Erkenntnis: "Maybe it's time to live."
© Dreamworks / Universal"69 Love Songs"
Ursprünglich wollte der New Yorker Songwriter Stephin Merritt 100 Liebeslieder schreiben, aber dann wurden es "nur" 69. Auf dem Album "69 Love Songs" (1999) seiner Band The Magnetic Fields beleuchtet er jede Facette des Liebeslieds, aber auch der Liebe selbst. "The Book Of Love" ist zum modernen Klassiker geworden - wenn auch die Coverversion von Peter Gabriel bekannter ist als das Original. Merritt stört das nicht. "Peter Gabriels Version hat mir ein Haus finanziert", erzählte er kürzlich.
© Merge Records"Rage Against The Machine"
Politik? Davon ließen viele Rockstars der 90-er lieber die Finger. Hier aber bekam man die großen Statements mit voller Wucht um die Ohren geknallt: Das selbstbetitelte Debütalbum von Rage Against The Machine (1991) fing wie kaum eine andere Musik den politischen Gehalt des Junge-Leute-Zorn der 90-er ein. Die sozialkritischen Texte, der kompromisslose Vortrag, die urgewaltige Energie der Musik zwischen Rap und Rock, alles stimmte: die richtige Platte zur genau richtigen Zeit.
© Epic/Sony Music"Either/Or"
Der in der Indie-Szene von Portland groß gewordene Singer-Songwriter Elliott Smith ist nach seinem Selbstmord im Jahr 2003 zur tragischen Ikone geworden. 1997 schuf er mit "Either/Or" sein bekanntestes und vielleicht bestes Werk. Mit Mut zur Verletzlichkeit in lieblichen Melodien begleiteten einige Song der Platte Gus Van Sants Film "Good Will Hunting", der eigens dafür komponierte Song "Mrs. Misery" (hier nicht enthalten) erhielt sogar eine Oscar-Nominierung. Die Trophäe ging aber an Celine Dions "My Heart Will Go On".
© Kill Rock Stars / Universal"American Recordings"
Als Johnny Cash 1994 mit "American Recordings", benannt nach dem Label von Produzent Rick Rubin, ein Comeback versuchte, wagte er eine von einem Rockstar seiner Generation noch nie unternommene Neuerfindung. Spätestens in den 1980-ern war Cash zum familienfreundlichen Country-Opa geworden, dem jede Relevanz abhanden gekommen war. Doch plötzlich coverte er Tom Waits und Danzig und gab zudem eigenes düsteres Liedgut wie "Delia's Gone" wieder. Weitere Alben aus der Reihe reetablierten den "Man in Black" endgültig.
© American Recordings / Universal"Californication"
Selbst eine Band, die einmal mit Socken im Genitalbereich über Bühnen hüpfte, wird einmal älter. Anfang der 90-er hatten die Red Hot Chili Peppers ihren Durchbruch, am Ende der Dekade waren sie hörbar gereift. "Californication" (1999) ist abwechslungsreich: funkiger Alternative, radiotauglicher Pop-Rock, am Ende sogar eine waschechte Lagerfeuerballade. Den als Videospiel gehaltenen Videoclip zum Titeltrack kennt wohl jeder, der damals Zeit auf MTV verbracht hat.
© Warner Bros."Mellon Collie And The Infinite Sadness"
Billy Corgan entwickelte schon früh einen gewissen Hang zum Größenwahn. Oft genug verhob er sich. Aber hier nicht: Das Doppelalbum "Mellon Collie And The Infinite Sadness" (1995) gehört ohne Wenn und Aber zu den großen Meisterwerken des Alternative-Rock-Genres. Verträumt, intellektuell, dezent progressiv, charakterstark und eigenwillig bis zum Geht-nicht-mehr. So gut wie auf "Mellon Collie" waren die Pumpkins hinterher nie wieder.
© Virgin/Universal"Lauschgift"
In den 1990-ern wurde auf einmal Rap mit deutschen Texten groß - und kaum jemand hatte daran so großen Anteil wie Die Fantastischen Vier. "Lauschgift" (1995) war ihr großes Statement, auch wenn sie manchem Hip-Hop-Fan viel zu harmlos waren. Knarren, Gewalt und Gangsta-Gehabe sucht man hier tatsächlich umsonst, Rap der Marke Fanta 4 war eher was für Gymnasiasten mit einem Faible für Wortspiele - das beherrschten sie aber unfassbar gut.
© Columbia Records / Sony Music"Selected Ambient Works 85-92"
Dass die 1990-er auch eine Blütezeit des Techno waren, wird in Listen wie dieser gerne mal vergessen. Das liegt aber vor allem daran, dass elektronische Tanzmusik nun einmal hauptsächlich für Clubs - sprich: in Single-Form statt auf LPs - produziert wird. Also greifen wir eben zum Kernalbum der sogenannten "Intelligent Dance Music", kurz: IDM. Aphex Twins "Selected Ambient Works 85-92" (1992) eignet sich zwar eher für die Afterhour nach dem Rave als für die Party selbst, zeigt aber wunderbar auf, wie sympathisch verspult elektronische Musik sein kann.
© Apollo Records"Enema Of The State"
Ist das noch Punkrock oder schon Teenie-Pop? Bei einigen puristischen Punkrockern fielen blink-182 eher durch, aber das war deren Verlust: "Enema Of The State" (1999) ist eine knackige Pop-Punk-Platte für heranwachsende Teenager, auf der ein Hit den nächsten jagt. Warum sollte man sich auch um Genrezuschreibungen kümmern, wenn man so leicht Hochgeschwindkeits-Ohrwürmer aus dem Ärmel schütteln kann?
© Geffen / Universal"Digital ist besser"
Indie-Rock made in Germany: Obwohl sie erst nach den Kollegen von Blumfeld debütierten, gelten Tocotronic wohl als die "Hamburger Schule"-Band schlechthin. Sympathisch dilettantisch traten sie auf ihrem Debütalbum auf, die klugen bis intellektuellen Texte brachten ihn den einen oder anderen Prätentiösitätsvorwurf ein. Dabei waren Dirk von Lowtzows Texte durchaus humorvoll und selbstironisch. "Wir sind hier nicht in Seattle, Dirk", erinnerte er sich auf einem Highlight des Albums. Hamburg tat es eben auch.
© Buback / Rock-O-Tronic Records"Rust In Peace"
1982 stieg Dave Mustaine kurzzeitig bei Metallica ein, 1983 flog er wieder raus - und gründete selbst eine Heavy-Metal-Band, die Musikgeschichte schrieb: Megadeth! Deren vielleicht größte Glanzleistung, "Rust In Peace", kam 1990 auf den Markt. Bemerkenswert: das Cover, das neben dem Bandmaskottchen fünf damals wichtige Staatsmänner der Erde zeigte. In den Songs ging es um Krieg, Zerstörung und eben auch die Politik. Eines der letzten "klassischen"-Metal-Highlights, bevor Grunge und Alternative die Rockwelt komplett umkrempelten.
© Universal Music"The Miseducation Of Lauryn Hill"
Auch wenn das fantastische "The Miseducation of Lauryn Hill" (1998) nicht weniger als achtmal mit Platin ausgezeichnet wurde, übersteigt der ideelle Wert des Werkes noch einmal den kommerziellen Erfolg. Das erste und einzige Solo-Album der Rapperin Lauryn Hill katapultierte Rap in die breite Masse - mit Power in der Stimme, ausdrucksstarken Texten und einem ausgeprägten Sinn für Melodie. Dass Hill nie einen Nachfolger veröffentlichte, macht die Platte umso mehr zum Monolithen.
© Sony MusicPulp Different Class
© Island / Universal