Die besten französischen Filme aller Zeiten
Der französische Film hat das Kino immer wieder aufs Neue revolutioniert, vor allem Ende der 1950er mit der "Nouvelle Vague", als deren Pionier Jean-Luc Godard zählt. Anlässlich des 65. Jubiläums seines einflussreichen Filmes "Außer Atem" am 17. März werfen wir einen Blick auf die besten Filme, die in unserem Nachbarland produziert wurden.
© StudiocanalAußer Atem (1960)
Jean-Luc Godards Debütfilm revolutionierte die Filmwelt: "Außer Atem" ist eine innovative Mischung aus Gangsterfilm und Romanze, die sämtliche Regeln, die Hollywood zu diesen Genres aufgestellt hatte, missachtet und stattdessen auf eine an den Dokumentarfilm erinnernde Natürlichkeit setzt. Die Filmkulisse Paris mitsamt ihrer echten Geräusche und die Filmmusik von Martial Solal tragen ebenfalls zur Qualität dieses Klassikers bei.
© SRF / Telepool MünchenFahrstuhl zum Schafott (1958)
Vielen gilt "Fahrstuhl zum Schafott" als Startschuss für die "Nouvelle Vague". Auch hier spielen Paris und die Filmmusik - eingespielt von niemand geringerem als Miles Davis - eine tragende Rolle. Jeanne Moreau, die in der Rolle der Florence einsam durch die Nacht spaziert, während ihr Liebhaber nach dem Mord an ihrem Ehemann in einem Fahrstuhl feststeckt, wurde zu einer Ikone des französischen Films.
© Pierrot Le FouSie küssten und sie schlugen ihn (1959)
Mit "Sie küssten und sie schlugen ihn" schuf François Truffaut einen schonungslosen Coming-of-Age-Film aus der Sicht des in ärmlichen Verhältnissen aufwachsenden 14-jährigen Antoine (Jean-Pierre Léaud), der sich einer unbarmherzigen, verständnislosen Erwachsenenwelt widersetzt. Antoine ließ den Regisseur nicht mehr los: Die Figur tauchte in vier weiteren Filmen auf.
© Concorde FilmverleihPickpocket (1959)
Kaum jemand ignorierte die etablierten Regeln des Filmemachens so konsequent wie Robert Bresson. Der Regisseur castete fast ausschließlich Laiendarsteller für seine Filme, denen er noch dazu verbot, Emotionen darzustellen. "Pickpocket" erzählt von einem Intellektuellen (Martin LaSalle), der der Kleptomanie verfällt und die Konsequenzen tragen muss. Die Apathie des Films schafft es, seinen tragischen Kern umso greifbarer zu machen.
© New Yorker FilmsHiroshima, mon amour (1959)
1959 beschloss Alain Resnais spontan, aus einem geplanten Dokumentarfilm über den Atombombenwurf von Hiroshima einen Spielfilm zu machen. Die stilistische Mischung aus Dokumentation und Drama machten "Hiroshima, mon amour" - die Geschichte von der Affäre einer französischen Schauspielerin (Emmanuelle Riva) mit einem japanischen Architekten (Eiji Okada) im zeitgenössischen Hiroshima - zu einem der wichtigsten Filme der "Nouvelle Vague".
© Concorde FilmverleihMittwoch zwischen 5 und 7 (1962)
Sängerin Cléo (Corinne Marchand) glaubt, an Krebs erkrankt zu sein. Agnès Vardas "Mittwoch zwischen 5 und 7" folgt ihr in Echtzeit, während sie auf die Diagnose ihres Arztes wartet. Das Meisterwerk ist melancholisch und poetisch, hat ein zeitloses Thema und macht es dem Zuschauer einfach, sich in seine Hauptfigur hineinzuversetzen. In einem Film-im-Film haben Jean-Luc Godard und dessen Lieblingshauptdarstellerin Anna Karina einen Gastauftritt.
© CCFCDie Regenschirme von Cherbourg (1964)
Nach so viel Schwarz-Weiß endlich etwas Farbe. Technicolor war selten so schön anzusehen wie in "Die Regenschirme von Cherbourg", Jacques Demys Musical mit Catherine Deneuve und Nino Castelnuovo. Der komplett gesungene (die Musik stammt vom legendären Filmkomponisten Michel Legrand) Film ist eine Hommage an die großen Musicals des Goldenen Hollywoods, forderte dessen Formelhaftigkeit mit modernen Einfällen und einem entscheidenden Plottwist jedoch heraus.
© ArthausL'Atalante (1934)
Ein Beispiel für ein frühes Filmhighlight aus Frankreich ist "L'Atalante", das auch François Truffaut nachhaltig beeindruckte. Die impressionistische Bildsprache ist heute noch atemberaubend, die einfache Geschichte über die Sehnsüchte der Kapitänsbraut Juliette betörend schön. Der Film floppte, gilt heute aber als Meisterwerk. Regisseur Jean Vigo sollte diese Entwicklung nicht mehr erleben, er starb kurz nach den Dreharbeiten an Tuberkulose.
© Neue Filmkunst KirchnerDie große Illusion (1937)
Jean Renoirs "Die große Illusion"(1937) wurde seinerzeit sowohl in Frankreich als auch in Deutschland verboten. Der Regisseur verurteilte in seinem Meisterwerk Nationalismus, Krieg und Diskriminierung, stellte aber auch die deutschen Gegenspieler nicht als eindimensionale Bösewichter dar. Die Franzosen verboten das Drama aufgrund seiner vermeintlichen Deutschfreundlichkeit, die Nazis wegen seines Pazifismus.
© ArthausTatis herrliche Zeiten (1967)
Eigentlich müsste man bei fast jeder Szene pausieren, um auch wirklich jedes Detail von Jacques Tatis Satire "Tatis herrliche Zeiten" wertschätzen zu können. Monsieur Hulot (Tati) irrt durch ein Kaufhaus und schließlich durch das hektische Paris. Das Meisterwerk des Charlie Chaplin Frankreichs ist eine scharfe Kritik an der Trostlosigkeit der Moderne.
© UFAVier im roten Kreis (1970)
Dass ausgerechnet ein Gangsterfilm so minimalistisch erzählt wird, über lange Strecken ohne Dialoge auskommt und doch so eindrucksvoll wirkt, ist ein Meisterstück, das außer Jean-Pierre Melville kaum jemandem gelungen sein dürfte. Heute gilt "Vier im roten Kreis" als einer der einflussreichsten französischen Filme.
© ArthausDer diskrete Charme der Bourgeoisie (1972)
Luis Buñuel hatte zwar mexikanische Wurzeln und war in Spanien aufgewachsen, doch später zog es den legendären Filmemacher nach Frankreich. Hier schuf er unter anderem "Die diskrete Charme der Bourgeoisie" - eine surreale Satire, in der wohlhabende Paare eigentlich nur ein Abendessen zu sich nehmen wollen. Doch ständig kommt etwas dazwischen, etwa als plötzlich das Militär im Wohnzimmer steht. Wer kennt das nicht?
© ArthausIm Rausch der Tiefe (1988)
Die Geschichte hat etwas von einem Märchen, basiert aber auf wahren Begebenheiten. Luc Besson erzählt in seinem Drama "Im Rausch der Tiefe" (1988) eine fiktive und doch an die Erlebnisse der Freitaucher Jacques Mayol und Enzo Maiorca angelehnte Geschichte über Rivalität und Freundschaft. Atemberaubend auch: die spektakulären Unterwasserbilder von Kameramann Carlo Varini.
© GaumontDrei Farben: Blau (1993)
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit: Die drei Kernbegriffe der Französischen Revolution inspirierten den polnischen Regisseur Krzysztof Kieslowski zu seiner "Drei Farben"-Trilogie. Der erste Teil "Blau" - gefolgt von "Weiß" und "Rot" - zeigt am Beispiel der um ihre Familie trauernden Julie (Juliette Binoche) den schweren Weg hin zu emotionaler Freiheit und besticht vor allem durch die Poesie, die in den Bildern und im Drehbuch steckt.
© Concorde FilmverleihHass (1995)
24 Stunden im Leben marginalisierter Jugendlicher: Das Drama "Hass" von Mathieu Kassovitz ist harter Tobak, aber unbedingt sehenswert. Komplett in Schwarz-Weiß gedreht, zeigt der Film den Rassismus und die Perspektivlosigkeit junger Menschen am Rand der Gesellschaft. Wenn Spike Lee Franzose wäre, hätte er wahrscheinlich einen ähnlichen Film gemacht.
© ArthausDie fabelhafte Welt der Amélie (2001)
Auch Deutschland erlag Anfang der Nullerjahre dem Charme "Die fabelhafte Welt der Amélie" (2001). Jean-Pierre Jeunets romantische Komödie über die verträumte, kauzige Amélie machte Audrey Tautou zum Star - und wurde zur Blaupause für viele weitere Film über die Poesie im Leben, von denen jedoch keiner an das berühmte Original heranreichte.
© ProkinoPortrait einer jungen Frau in Flammen (2019)
Eine Malerin (Noémie Merlant, rechts) erhält den Auftrag, das Hochzeitsporträt einer Adeligen (Adèle Haenel) anzufertigen, dabei entwickeln die beiden ungleichen Frauen Gefühle füreinander. Céline Sciamma erschuf mit "Portrait einer jungen Frau in Flammen" ein Meisterwerk des französischen Queer Cinema.
© Alamode FilmAnnette (2021)
Ein ungleiches Paar, das zueinander findet: Das war die Grundzutat von nahezu jedem klassischen Hollywood-Musical. "Annette" dreht den Spieß um und lässt den Zuschauer daran teilhaben, wie so eine vermeintliche Märchenbeziehung auseinanderbricht. Das Drehbuch zu Leo Carax' subversivem Musical stammt von den Brüdern Ron und Russell Mael, besser bekannt als Sparks. Auch die Filmmusik stammt von der europhilen Band aus Los Angeles.
© Alamode Film