"Düstersee" - Mo. 15.07. - ZDF: 20.15 Uhr

Der Beinahe-Tod eines Idylls in der Uckermark

12.07.2024 von SWYRL/Wilfried Geldner

Im siebten Film nach einem Erfolgsroman der Autorin Elisabeth Herrmann mischt der Berliner Anwalt Joachim Vernau (Jan Josef Liefers) eine Idylle in der Uckermark auf. Es blüht die Bodenspekulation. Und es gibt Tote. Das ZDF wiederholt den Krimi von 2023 zur Primetime.

Wenngleich als "Thriller" angekündigt, das vorweg, hat man es bei "Düstersee" doch vielmehr mit einer Kriminalkomödie, wenn nicht gar einer Groteske zu tun. Dass das Ganze funktioniert, ist in erster Linie Jan Josef Liefers in seiner Rolle als locker ermittelndem Anwalt zu verdanken. Der Film von 2023 ist nun erneut zur Primetime im ZDF zu sehen.

Eines Tages steht Vernaus Mutter (Elisabeth Schwarz) in der Kanzlei und bittet ihn, herauszufinden, wo sich ihre Freundin Ingeborg Huth, genannt "Hüthchen" (Carmen-Maja Antoni), herumtreibt. Seit Wochen verschwinde sie immer wieder. Ob sie eine neue Affäre hat? Vernau wird schneller fündig, als gedacht. Er muss nur zum Bahnhof Zoo, wo sich Hüthchen mit einem Cowboy-haften, bärtigen Menschen (Winfried Glatzeder) trifft. Die Verfolgung Hüthchens führt über Berliner Vororte alsbald an den Düstersee in der Uckermark - gäbe es ihn nicht schon wirklich, man müsste ihn sofort erfinden!

Ein Investor verspricht dort der Gemeinde wachsenden Wohlstand durch touristische Investitionen für die nahen Berliner. Fast alle haben schon an den Großinvestor verkauft. Nur Hüthchen und ihr Begleiter, der sich übrigens als örtlicher Bürgermeister, Vereinswirt und Feuerwehrobmann entpuppt, stellen sich den Plänen noch entgegen. Als der Investor dann tot auf einer Parkbank am See gefunden wird, geraten sie natürlich in Verdacht.

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Großes Slapstick-Kino

Eine Obduktion der Leiche soll es nicht geben. Weil Fremdeinwirkung ausgeschlossen wird, verdingt die reiche Witwe des Toten (Katharina Heyer) jedoch Vernau als Rechercheur. Vernau darf im smarten Bootshaus wohnen und bekommt darüber hinaus ein rotes Porsche-Cabrio zur Verfügung gestellt. Von größeren Geldmengen - "Sind Sie käuflich?" - erst nicht zu reden.

Zwar fußt das Ganze auf einem weit zurückliegenden Übergriff - vor zehn Jahren hatte es angeblich den Racheakt eines eifersüchtigen Jungen, einen Brandanschlag, gegeben. Der Freund eines Mädchens kam dabei ums Leben, und der Sohn des Investors geriet damals in Verdacht. Die Rückblende auf das schlimme Geschehen ist dem Film als Teaser vorangestellt.

Zehn Jahre später wird der neue Villenbesitzer als Altkader und Wendegewinnler demaskiert. Diese breit verfächerte Geschichte wird allerdings nur angerissen und stets in kurzen, hart geschnittenen Sprüngen serviert. Das dürfte der Romanvorlage geschuldet sein. Morde zählen eher wenig - der Regisseur Josef Rusnak hat den Akzent auf die Situationskomik und den Witz der Dialoge gelegt. Obwohl die Zuschauer beispielsweise längst wissen, dass der tote Immo-Magnat einem Asthma-Leiden und dem Entzug des lebensnotwendigen Sprays erlag, lässt sich Vernau zur Abklärung der Todesursache zu einer Leichenschau per Videokonferenz herbeizitieren. Schroff kommandiert der aus Zeitgründen in Leipzig verbliebene Pathologe den Anwalt umher. "Zeigen Sie mir das Gesicht: Entspannt oder verzerrt?" - "Klopfen Sie auf die Wange - weich oder fest?" Großes TV-Kino ist das, bei dem man Liefers' angestammtes Gewerbe aus dem Münster-"Tatort" glatt vergisst. Stark, wie er sich zuletzt dem Aufschneiden des Brustkorbs verweigert - "wird nicht nötig sein!", schnaubt er da lässig.

Die vielen Köche verderben nicht den Brei

Sicher, zu viele Personen sind im Spiel. Noch ein dickbäuchiger missgünstiger örtlicher Kommissar, noch eine reiche Geldgeberin, noch eine Nichte (Liefers' Ehefrau Anna Loos). Doch sie alle können einem den Spaß an vielen komischen Nummern nicht verderben. Letztlich ist das Leben ja auch genauso grotesk wie dieser groteske Krimispaß in der Idylle der Uckermark.

Eine gewisse Entschlackung hätte der Kriminalkomödie gutgetan. Zu viele Verdächtige, wieder mal, zu viele Dialoge. Dabei ist die sommerliche Landschaft, die sich da in schönsten Totalen zeigt, geradezu ein Fest, das zum Schweigen zwingt. Und die malende Tochter (Tara Fischer), die in ihrer Kunstversessenheit den trinkenden Stiefvater im Mondschein lieber auf die Leinwand bannt, statt ihn zu retten, glaubt man in ihrer ganzen Zwielichtigkeit fast schon zu verstehen. Im Ganzen sind es aber die großen Momente, die Luftballons, die Josef Rusnak (Regie und Drehbuch) und sein Kameramann Clemens Majunke steigen lassen. Wundervoll!

Bei der Erstausstrahlung des Films am 13. Februar 2023 schalteten 7,32 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer ein. Der achte und bis dato letzte neue Vernau-Krimi, "Versunkene Gräber", wurde Ende November 2023 ausgestrahlt.

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