04.11.2024 von SWYRL/Hans Czerny
Flowerpower, diesmal in der Pfalz: Tausende kamen, um an den drei Pfingsttagen des Jahres 1972 Bands wie Status Quo, Fleetwood Mac oder Deep Purple zu sehen. Das Event ist legendär! Im SWR-Film von Katarina Schickling erinnern sich Musiker und Zuschauer von damals an die Zeit.
Woodstock war zweifellos Vorbild für das, Achtung, "2. British Rock Meeting" auf der Insel Grün in Germersheim am Rhein. Und fürwahr, das vom 20. bis 22. Mai 1972 zelebrierte Event, es wurde groß: von bis zu 100.000 Besuchern war die Rede. Dabei sollte schon das erste "British Rock Meeting", wie das zweite organisiert von Marek Lieberberg, eigentlich abgesagt werden. Die Kleinstadt Germersheim fürchtete sich vor tausenden Rockfans und den Drogen, die sie wohl mit sich führten. Speyer hatte im Jahr zuvor das erste British Rockmeeting organisiert und hinterher "Nie wieder" gesagt. Nun erinnert die Doku "Das deutsche Woodstock - Flower-Power in der Pfalz" an die legendäre Großveranstaltung.
Der SWR-Film von Katarina Schickling stilisiert das im Nachhinein sensationelle Rockfestival mitsamt Matsch und Zeltlager vor improvisierter Zeltbühne mithilfe von Dabeigewesenen zum "deutschen Woodstock" und zur "Mutter aller deutschen Rockfestivals" hoch. Muss nicht sein, ist aber okay - und allemal auch für Wacken- oder "Rock am Ring"-Fans unterhaltsam.
Es gab Regen und Schlamm wie in Woodstock drei Jahre zuvor, die Blumenkinder und die Rockfans mochten sich. Für Ordnung auf dem Festival sorgen die Bones, eine örtliche Rockergang. Die schlecht eingerichteten Kloaken stanken zwar, aber das machte nichts, die Stimmung war gut, und der Haschischgeruch überzog wohlwollend das Gelände. "Good Vibrations" waren wichtig, wie Zeitzeuge Günther Sigl, Sänger der Spider Murphy Gang, im Film sagt. Raus aus dem Establishment, "bloß ned bürgerlich sei". Eine jung gebliebene Besucherin schwelgt unter ihrer bunten Häkelmütze über die Atmosphäre von einst und intoniert gar manche Zeile mit schöner Stimme noch mal. Rock kennt bekanntlich kein Alter.
Ein als Zuschauer dabei gewesener AFN-Moderator und DJ erinnert sich "an gar nichts mehr", wohl wegen des Marihuana, wie er meint. Aber er hat hinter der Bühne jede Menge Mitschnitte gemacht. Auch 50 Jahre danach kommt die Gesamtakustik noch gut rüber - aber auch der Schrecken, in den ihn ein von der Startruppe Pink Floyd beauftragter Gorilla versetzte, der die Aufnahme sofort verbot. Trotzdem: "Es war ein magischer Moment", sagt die zuletzt aufgetretene Sonja Kristina mit ihrer hellen Stimme 50 Jahre danach. "Wir wollten Menschen verzaubern mit unserer Musik und unseren Träumen" , so die heute 75-Jährige. Dass das gelang, sieht man dem Nostalgie-beseelten Film durchaus an.