Lisa Feller im Interview

Komikerin Lisa Feller im Interview: "Es macht mich glücklich, in lachende Gesichter zu schauen"

13.07.2024 von SWYRL/Marina Birner

Hat jeder lustige Mensch das Zeug zum Comedian? Lisa Feller hat die Antwort. Beim "ZDF Comedy Sommer" zeigt sie, wie man die Lachmuskeln am besten trainiert. Warum allerdings auch der erfolgreichen Komikerin nicht immer zum Lachen zumute ist, erklärt sie im Interview.

Lachen ist gesund, heißt es. "Lächle doch mal, und die Welt lächelt zurück", ist ein beliebter Spruch. Es gibt sogar Lachyoga. Die oft so müden Mundwinkel zu trainieren, sei einfach so gesund, sagt auch die Komikerin Lisa Feller anlässlich einer neuen Folge des "ZDF Comedy Sommers" (Freitag, 2. August, 23.30 Uhr, in der ZDFmediathek bereits ab 18.00 Uhr). "Nicht durchzudrehen und einen Ausgleich für die Seele zu suchen", sei so wichtig - für jeden. "Sonst haben wir irgendwann ein schlechteres Bild von der Welt, als sie wirklich ist." Die 48-Jährige, die dann als Gastgeberin der Sendung mit Bastian Bielendorfer, Negah Amiri und Tobias Mann fungiert, ist nicht nur Hobbypsychologin, sondern auch Mutter von zwei Söhnen im Teenageralter. Wie sie Kinder, Karriere und Kritik unter einen Hut bringt, erklärt sie im Interview gewohnt offen. Denn wenn Feller für eines bekannt ist, dann dafür, gefährlich ehrlich zu sein.

teleschau: Die beliebte "heute-show" ist in der Sommerpause, nun dürfen Sie und Ihre Kollegen erneut mit dem "ZDF Comedy Sommer" auf diesem Sendeplatz ran. Wie fühlt sich das an?

Lisa Feller: Das hat im letzten Jahr so gut geklappt und so viel Spaß gemacht, dass ich mich einfach darüber freue. Dass das ZDF davon überzeugt ist, dass wir eine adäquate Vertretung sind, ist wunderbar.

teleschau: Warum ist ausgerechnet der Freitagabend ein idealer Sendeplatz für Spaßprogramme?

Feller: Ich bin davon überzeugt, dass jeder Sendeplatz ein guter Sendeplatz für Humor ist, weil jeder gerne lacht - immer. Was ich seltsam finde, ist, zu sagen, man sei kein Fan von Comedy. Vielleicht ist man kein Fan von manchen Leuten, die Comedy machen. Ich habe schon Leute getroffen, bei denen ich mir dachte: Na, die haben ja gar keine Muskeln in den Mundwinkeln ... Aber die meisten freuen sich, wenn es was zu lachen gibt. Gerade an einem Freitagabend. Die stressige Woche liegt hinter einem, man sitzt zum ersten Mal so richtig entspannt auf dem Sofa und kann abschalten.

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"Wir müssen ab und zu auf andere Gedanken kommen"

teleschau: Sie betonen immer wieder, wie wichtig Humor ist, um schwierige Zeiten zu überstehen.

Feller: Ja, ich habe das Gefühl, dass es im Moment an allen Ecken und Enden kracht. Jeden Tag passiert etwas Schlimmes. Umso wichtiger ist es, nicht durchzudrehen und einen Ausgleich für die Seele zu suchen. Leider ist unser Gehirn so gebaut, dass wir uns schlechte Nachrichten besser merken können als gute. Aber wir dürfen uns nicht verrückt machen lassen und müssen ab und zu auf andere Gedanken kommen. Sonst haben wir irgendwann ein schlechteres Bild von der Welt, als sie wirklich ist.

teleschau: Was nicht jedem leicht fällt ...

Feller: Wenn jemand das alleine nicht schafft, gibt es Leute wie mich, die ihn ein bisschen in die richtige Richtung schieben. Wir Komikerinnen und Komiker wollen ja nicht nur Lacher ernten. Ja, das ist unsere erste Aufgabe. Es macht mich glücklich, in lachende Gesichter zu schauen. Aber wenn nach meinem Auftritt jemand an den Autogrammtisch kommt und sagt, dass er einen schweren Tag hatte und ich ihm ein bisschen Freude schenken konnte, dann gibt mir das unglaublich viel. Ich bekomme wirklich viel zurück.

teleschau: Verarbeiten Sie vor allem persönliche Erfahrungen in Ihren Programmen?

Feller: Na, klar. Das ist alles, was ich habe. Ich habe nur mein Leben (lacht). Natürlich könnte ich auch globale Prozesse thematisieren, aber das sollen die machen, die es können. Meine Stärke ist es, den Witz im Kleinen zu suchen. Ich bin überzeugt, dass es die kleinen Momente sind, die mein Programm und mein Leben ausmachen. Ein Beispiel: Wenn mir im Bus jemand den Platz wegschnappt, ärgere ich mich vielleicht den ganzen Tag darüber. Oder ich hake es ab und mache weiter. Da merkt man, welche Macht die kleinen Dinge im Leben haben. Genauso schön ist es, wenn ich den Busfahrer total freundlich grüße, der irritiert guckt und sich dann freut. Daraus kann ich so viel mitnehmen.

teleschau: Es geht um die Größe im kleinen Moment des Alltags?

Feller: Genau! Viele Menschen denken: Wenn ich im Lotto gewinne, dann bin ich glücklich. Ja, viel Spaß dabei, das passiert einem ja ständig. So läuft das nicht. Ich muss rausgehen und mich fragen: Was ist möglich in meinem kleinen Kosmos? Das ist das, was ich selbst kontrollieren kann. Jeder sollte das Glück wieder mehr im Bescheidenen, in den kleinen Dingen suchen - und vor allem sein Leben selbst aktiv gestalten.

teleschau: So wie Sie es als Single-Mutter bereits tun?

Feller: Ich versuche es, ja.

Lisa Feller über "ein paar markante Sprüche" die Kindheit ihrer Söhne betreffend

teleschau: Im Strudel von Social Media sicher kein leichtes Unterfangen. Ihr Programm "Ehrliches Dating im Internet" trifft in Zeiten von Tinder und Co. den Nagel auf den Kopf!

Feller: Ja, ich komme selbst immer wieder damit in Berührung. Mal mehr, mal weniger. Ich finde es schön, dass sich im Grunde nicht viel geändert hat. Wenn man früher mit seiner besten Freundin zusammensaß, hat man sich darüber unterhalten, ob er den Zettel mit "Ja, Nein, Vielleicht" gelesen hat. Heute geht es eben darum, ob er online ist oder nicht.

teleschau: Und, ist er online?

Feller: (lacht). Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal in diese Situation komme. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem früher die Mütter meiner Freundinnen waren. Aber ich habe das alles noch gar nicht richtig begriffen. In Gedanken komme ich gerade vom Abiball ... Ich muss auch immer noch mit meinen Freundinnen gucken, ob er online ist - es hört einfach nicht auf. Und dann sind da auch noch meine beiden Söhne, 13 und 17 Jahre alt.

teleschau: Und die finden es lustig, manchmal Teil Ihres Programms zu sein?

Feller: Das finden sie nicht schlimm, weil ich sehr darauf achte, nichts einzubauen, was ihnen unangenehm sein könnte. Natürlich gibt es ein paar markante Sprüche ihre Kindheit betreffend. Aber ich würde nie etwas auf die Bühne bringen, das sie persönlich ins Rampenlicht stellt oder ihnen später unangenehm sein könnte. Deshalb sind sie damit einverstanden. Sie wissen, dass sie mir vertrauen können.

"Damit ecke ich auch bei manchen Müttern an"

teleschau: Nichtsdestotrotz kann man Sie auf der Bühne als gefährlich ehrlich bezeichnen.

Feller: (lacht) Danke! Damit ecke ich auch bei manchen Müttern an. Wenn ich an Elternabende denke, ist es zwar auch oft so, dass ich das, was sich alle denken, einfach mal ausspreche - und alle befreit zustimmen. Aber hin und wieder stoße ich auch auf Betroffenheit oder Ungläubigkeit. Ich saß beispielsweise mal auf dem Spielplatz, und es ging um die Nachtruhe. Als ich gesagt habe: "Klar, meiner schläft durch." Und nach verwunderten Blicken ergänzte: "Hey, Leute, gebt ihr dem abends kein Bier?" - Die Blicke hätten Sie sehen müssen. Bei aller Liebe, es ist doch klar, dass ich einen Witz mache. Wenn so etwas ernst genommen wird, ist das Kind in den Brunnen gefallen. Dann brauche ich nichts mehr zu erklären.

teleschau: Über den Spagat zwischen Mutter-Sein und sich-selbst-nicht-im-Weg-stehen haben Sie sogar ein Buch geschrieben. Es gibt kaum eine Show, in der Sie das Thema nicht aufgreifen.

Feller: Dieses Thema verdient Aufmerksamkeit. Es in meine Shows einzubauen, ist wie eine Therapie. Ganz am Anfang habe ich aus der Not eine Tugend gemacht. Als frischgebackene Mutter hat man irgendwie nichts, worüber man sonst reden kann. Das gemeinsame Lachen darüber entlastet ungemein. Außerdem war mir gar nicht bewusst, wie viele Tabuthemen es gibt. Da sind wir wieder beim Durchschlafen. Das ist für viele ein sehr sensibles Thema. Da merkt man, wie viel Druck und Perfektionsstreben an manchen Stellen vorhanden ist. Da denke ich mir als Mutter: Wir sitzen doch alle im selben Boot. Es ist schon schwer genug. Dann lasst uns das wenigstens gemeinsam durchstehen.

teleschau: Sie als Schauspielerin können sich in so gut wie jede Person hineinfühlen. Worin unterscheidet sich Ihr Bühnen-Ich vom privaten Lisa Feller-Ich?

Feller: Natürlich ist eine Bühnenfigur immer auch eine Rolle, aber das bin im Grunde schon ich. Vor allem in den Hauptthemen. Ich habe zwei Kinder, ich bin Single. Wenn die Leute fragen: "Du hast wirklich zwei Kinder?" Dann denke ich: "Das kann ich mir doch nicht ausdenken." Außerdem hätte ich dann eine andere Figur (lacht). Eine Kollegin sagt immer: "90 Prozent sind echt, zehn Prozent sind künstlerische Freiheit." Ich sage aber nicht, welche Teile zu den zehn Prozent gehören ...

"Früher war das alles einfacher": So denkt Lisa Feller über Social Media

teleschau: Welche Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft für Comedians in der sich ständig verändernden Medienlandschaft?

Feller: Ja, früher war das alles einfacher, da erledigte ich meinen Job auf der Bühne, kam ins Fernsehen und fertig. Heutzutage läuft vieles über Soziale Medien. Kommt man in dieser Welt nicht vor, findet man gar nicht statt. Auf der anderen Seite bringt diese Veränderung natürlich auch Chancen mit sich. Ich kann auf Social Media oder in Formaten wie meinem Podcast meiner Kreativität viel mehr freien Lauf lassen. Schließlich kann ich auf Instagram machen, was ich will. Da gibt es auch keine Redaktion, die mir sagt: "Kannst du das noch mal anders formulieren?" Das finde ich toll. Aber es ist natürlich auch anstrengend, neben dem eigentlichen Job noch in den Sozialen Medien performen zu müssen.

teleschau: Sie scheinen sich in dieser Welt allerdings recht wohlzufühlen ...

Feller: Ja, das stimmt. Man könnte zwar immer mehr machen, aber dafür habe ich einfach keine Zeit. Ich bin eine berufstätige, alleinstehende Mutter. Bisher komme ich mit allem gut klar. Und selbstverständlich freue ich mich, wenn Leute eine Karte kaufen, nur weil sie mich auf Instagram gesehen haben. Es ist einfach eine gute Möglichkeit, seine Reichweite auszubauen.

teleschau: Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?

Feller: Kennen Sie diese Tupperdosen, die man irgendwie nicht richtig schließen kann? Wenn man den Deckel auf der einen Seite runterdrückt, springt er auf der anderen Seite wieder hoch. So ist das bei mir. Am Ende bleibt alles in der Dose, aber den Deckel kriege ich nie ganz drauf. Das ist aber auch nicht schlimm, dann kommt wenigstens Luft rein.

"Es wird immer Menschen geben, die meckern"

teleschau: Ist ein Profi wie Sie noch nervös vor den Auftritten?

Feller: Immer! Ich weiß auch nicht, wie man vor einem Auftritt nicht nervös sein kann. Aber Nervosität ist ein wichtiger Antrieb für mich. Ich will einfach immer abliefern.

teleschau: Helfen Ihnen Rituale vor Ihren Auftritten, um sich zu sammeln?

Feller: Da muss ich leider passen. Ich nehme mir nicht zehn Minuten Zeit, um mich wieder in eine Figur hineinzuversetzen oder so. Das Einzige, was ich immer mache, ist, ständig hin und her zu laufen.

teleschau: Haben Sie einen Tipp für den Nachwuchs? Wie landet man bei so einer Sicherheit, da, wo Sie jetzt sind?

Feller: Es hilft ungemein, lustig zu sein (lacht). Nein, im Ernst: Wir brauchen auf jeden Fall eine gesunde Portion Motivation und diese gesunde Nervosität. Lustig zu sein, Humor zu haben, ist wie ein ungeschliffener Diamant. Das ist der Anfang eines sehr langen Weges, auf den sich jeder, der Comedian werden will, einstellen muss. Außerdem ist man entweder für die Bühne geboren oder nicht. Das Schöne am Stand Up ist, dass es so authentisch ist. Niemand will jemanden auf der Bühne sehen, bei dem ich das Gefühl habe, ich schaue mir ein Theaterstück an. Dann kann ich mir auch Hamlet reinziehen. Wenn mir ein kleines Mädchen sagt, sie will Komödiantin werden, würde ich sagen: Toll, da lernst du viel über dich selbst. Hör nicht auf! Mach einfach weiter, wenn du das wirklich willst.

teleschau: Es braucht wahrscheinlich auch eine gehörige Portion Mut?

Feller: Ja, man braucht auf jeden Fall Mut, immer weiterzumachen - trotz zahlreicher Rückschläge. Gerade am Anfang darf man nicht verzweifeln. Vielleicht ist der Kollege Ulli der totale Bringer in jeder Mittagspause oder bei Firmenevents. Und dann stellst du den mal auf die Bühne und lässt ihn in 50 erwartungsvolle Gesichter blicken. Dann merkt der Ulli ganz schnell, dass das etwas ganz anderes ist.

teleschau: Ist das eine Situation, die auch Ihnen bekannt ist?

Feller: Ja, ich habe das schon bei anderen gesehen. Mein Rat an dieser Stelle: Entweder du hast zu großen Respekt davor und lässt es, oder du gehst diesen Weg unerbittlich weiter. Dann höre den Leuten zu, hole dir vor allem von Menschen, die es gut mit dir meinen, Ratschläge - vor allem ehrliche Ratschläge. Niemand muss auf alle hören. Es wird immer Menschen geben, die meckern.

"Da ist sicher noch Luft nach oben": Lisa Feller spricht über Präsenz von Frauen in Comedy-Szene

teleschau: Wie gehen Sie mit Kritik um?

Feller: Wenn mich Menschen, die mir nahestehen, kritisieren, dann weiß ich, dass es sich lohnt, zuzuhören. Wenn ich daraus lernen kann, finde ich das Gespräch sehr spannend. Natürlich kann es im ersten Moment auch wehtun. Wer lässt sich schon gerne etwas Negatives sagen. Aber das gehört dazu, wenn man sich weiterentwickeln will. Dann atme ich die erste Betroffenheit einfach weg und mache etwas daraus. Wenn mich zum Beispiel ein namenloser Follower auf Instagram angreift, dann interessiert mich das natürlich nicht.

teleschau: Was denken sie über die Repräsentation von Frauen in der Comedy Szene?

Feller: Da ist sicher noch Luft nach oben. Es gibt viele Frauen, die sich trauen - gerade im Nachwuchsbereich. Das finde ich super. Aber es ist immer noch üblicher, dass man irgendwo ein Lineup nur mit Männernamen liest als nur mit Frauennamen. Und wenn es mal eine reine Frauengruppe ist, dann heißt es gleich "Frauen-Special" oder so. Da könnten wir ein bisschen mehr Gleichberechtigung gebrauchen. Warum müssen wir das konkretisieren, dass nur Frauen auf der Bühne stehen? Ich finde, das tut dem Ganzen nicht gut. Es ist doch schön, auch mal andere Kombinationen zu sehen, buntere Besetzungen.

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