Neue Folgen im Ersten

"Kommissar Bäckström"-Star Kjell Bergqvist: "Ich war 15, habe viel Bier getrunken und bin von der Schule geflogen"

17.07.2024 von SWYRL/Martina Maier

Eine Eiswaffel im Gesicht des Schulleiters beendete einst die Schulkarriere von Schauspieler Kjell Bergqvist. Wie aus dem damals 15-jährigen Bierliebhaber der bekannte "Kommissar Bäckström"-Darsteller wurde (sechs neue Folgen ab Sonntag, 21. Juli, im Ersten), erzählt der heute 71-Jährige im Interview.

"Hello, this is Bergqvist", meldet sich die fröhliche, raue Stimme am Telefon. Sie gehört Kjell Bergqvist, dem Mann, der seit Jahren einen der übergriffigsten, arrogantesten und menschenverachtendsten schwedischen TV-Kommissare verkörpert. Während "Kommissar Bäckström" in der dritten Staffel der gleichnamigen Serie (sechs neue Folgen in Doppelfolgen ab Sonntag, 21. Juli, wöchentlich, 21.45 Uhr, im Ersten, sowie vorab online in der ARD Mediathek) wie gewohnt seine Mitarbeiter in den Wahnsinn treibt, macht es sich der Schauspieler auf seiner Terrasse im heimischen Stockholm gemütlich und hat offenbar großen Spaß am Interview.

Der 71-Jährige, der seit über 50 Jahren in Theater, Film und Fernsehen ("Springflut") zu sehen ist, erzählt offen und immer mit einem Augenzwinkern von seiner wilden Jugend inklusive Schulrauswurf, von seiner gerade wieder gewachsenen Familie und von seiner zweiten Heimat in Thailand. Dort engagiert er sich in zahlreichen Kinderhilfsprojekten. Nein, ganz sicher kein Misanthrop, der Herr Bergqvist, auch wenn er den Starrummel zugunsten seiner Hängematte meidet. Als bis heute jüngster Absolvent der Stockholmer Royal Drama School habe der in Schweden sehr bekannte Schauspieler nie um Arbeit bitten müssen, da sei er "ein bisschen verwöhnt", wie er sagt. Ans Aufhören denke er noch nicht, wohl aber daran, ein bisschen kürzerzutreten.

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"Es ist schön, bei der Arbeit arrogant sein zu dürfen"

teleschau: Das deutsche Publikum kennt Sie seit vielen Jahren als schwedischer Ermittler. Was verbindet Sie mit Deutschland?

Kjell Bergqvist: In meinem ersten Jahr an der Stockholmer Schauspielschule, 1970, besuchten wir in Ostberlin eine Partnerschule. Seitdem habe ich einige kurze Besuche in Deutschland gemacht. In Heidelberg, wo immer die Touristen hinfahren, war ich noch nicht. Außerdem friere ich nie gern, also fahre ich eher ans Mittelmeer oder nach Thailand (lacht). Immerhin kann ich noch ein kleines bisschen Deutsch sprechen, weil ich es fünf Jahre lang in der Schule gelernt habe. Aber zuletzt habe ich Deutschland ständig gesehen, weil ich jedes Spiel der Europameisterschaft verfolgt habe. Ich liebe Fußball und schaue sehr viel im Fernsehen, auch die Champions League, die Premier League in England und alle internationalen Spiele.

teleschau: "Bäckström" geht nun in die dritte Runde. Diesmal ermittelt er auf Mallorca, dem Lieblingsreiseziel der Deutschen. Werden die Zuschauer etwas wiedererkennen?

Kjell Bergqvist: (lacht) Wir haben hauptsächlich in Griechenland gedreht, weil Dreharbeiten auf Mallorca viermal teurer gewesen wären. Ich fand es großartig, mehr als drei Monate dort zu arbeiten, in einem tollen Apartment mit einer Terrasse mit Blick aufs Mittelmeer. Wir hatten auch viele professionelle, sehr freundliche Leute an Bord. Meine Frau und mein Sohn besuchten mich drei- oder viermal und auch zwei meiner Töchter waren mehrmals dort. Eine von ihnen, Nathalie, ist Filmmusikerin und schrieb den Score für alle "Bäckström"-Staffeln. Ich liebe die Arbeit mit ihr! Es war eine großartige Zeit.

teleschau: Würden Sie "Bäckström" noch einmal spielen?

Kjell Bergqvist: Ja, das würde ich, denn es ist schön, bei der Arbeit arrogant sein zu dürfen, so wie Bäckström es ist (lacht). In meinem Vertrag habe ich die Option auf zwei weitere Staffeln. Die Bücher sind in Schweden sehr beliebt, und die ersten beiden Staffeln drehten sich um die ersten beiden Bücher. Jetzt hat die Produktion die Rechte für den Namen Bäckström gekauft und kann schreiben, was sie will.

teleschau: Haben Sie Einfluss auf die Geschichten?

Kjell Bergqvist: Ich schreibe sie nicht, aber ich führe viele Gespräche mit den Autoren und Regisseuren und mache Vorschläge. Das funktioniert großartig. Ich habe ihnen gesagt: "Ich will nicht mehr frieren, also wenn ihr mich wollt, drehen wir im Sommer in Schweden" (lacht). Falls es weitergeht, werde ich anregen, dass wir vielleicht in Thailand arbeiten. Die erste Staffel wurde tatsächlich drei Wochen lang in Thailand gedreht.

Bruchlandung durch Starkbier

teleschau: Sie leben auch in Thailand, richtig?

Kjell Bergqvist: Richtig. Seit 15 Jahren sind wir normalerweise vier Monate im Jahr in Thailand. Wir haben ein fantastisches Haus am Strand in einem kleinen Fischerdorf. Ich weiß, ich bin verwöhnt und glücklich darüber.

teleschau: Was machen Sie in Thailand? Wir haben von einer Schwimmschule gehört ...

Kjell Bergqvist: Ja, meine Frau, mein Sohn und ich haben eine Stiftung mit vielen Projekten und auch mit kostenlosen Schwimmschulen für thailändische Kinder. Im Durchschnitt ertrinken in Thailand jeden Tag sieben Kinder, weil sie nicht schwimmen lernen. Das ist so traurig. Auch in Kambodscha sind wir aktiv.

teleschau: Was hat Sie am Anfang dazu gebracht, nach Thailand zu gehen?

Kjell Bergqvist: Ich bin mein Leben lang gern und viel gereist. Sobald ich das Geld und die Möglichkeit habe, bin ich weg (lacht). 1985 war ich zwei Monate für Dreharbeiten in Thailand, und ich war fasziniert von dem Land und den Menschen, dem Klima und allem. Ich hasse es zu frieren (lacht). Hier in Schweden ist es von September bis April kalt. 2007 haben wir ein Haus in Thailand gekauft, aber auch zwischendurch waren wir oft dort. Mein Sohn ist jetzt 17 und die ganzen Jahre in Thailand zur Schule gegangen. Das klappte ausgezeichnet. Im Gegensatz zu mir spricht er auch ein wenig Thai. Jetzt hat er die Schule beendet und eine Firma gegründet, die Fotos für Immobilien macht.

teleschau: Wie sind Sie überhaupt Schauspieler geworden?

Kjell Bergqvist: Während meiner Schulzeit waren meine Träume oder Pläne, Sportlehrer zu werden. Aber dann, so um 1969, fingen sie in Schweden an, Starkbier in den Läden zu verkaufen (lacht). Und das war nicht so gut für mich, ich war 15, habe viel Bier getrunken und bin von der Schule geflogen.

teleschau: Stimmt es, dass Sie Ihrem Schuldirektor in der Schule eine Eistüte ins Gesicht geworfen haben?

Kjell Bergqvist: Ja, das stimmt. Und danach sagten sie: "Du bist nicht mehr willkommen, tschüss!" Wir waren drei, vier Jungs, die viel Bier tranken und den Lehrern gegenüber sehr arrogant waren. In dem Alter denkt man vielleicht nicht, dass man etwas falsch gemacht hat, sondern weiß alles am besten (lacht). Ich schloss die neunte Klasse mit 4,9 von 5 Punkten ab. Und nach einem halben Jahr im Gymnasium hatte ich dank des Biers 1,6 Punkte.

"Viele meiner Filme habe ich nie gesehen"

teleschau: Wie kam es vom Eiswaffelwurf zur Schauspielerkarriere?

Kjell Bergqvist: Nach dem Rausschmiss fing ich an, hinter den Kulissen eines Theaters in Stockholm zu arbeiten. Ich war selbst noch nie in einem Theater gewesen. Aber da war ein Mann, der zu mir sagte: "Warum gehst du nicht zur Royal Drama School?" Ich wusste nicht, was das ist. Er sagte, es gäbe viel Akrobatik und Gymnastik und meinte, das würde mir gefallen. Also versuchte ich, in diese Schule zu kommen, und das gelang mir. Ich war 16, als ich anfing, der jüngste Schüler aller Zeiten, bis heute.

teleschau: Wie gelang es Ihnen, mit der Trinkerei aufzuhören?

Kjell Bergqvist: Ich liebte diese Schule und war sechs lange Tage die Woche dort, ich hatte gute Lehrer, die sich um mich kümmerten, also trank ich keinen Alkohol mehr. Es war nicht so schlimm, dass ich eine Therapie hätte machen müssen, aber wenn ich nicht das Glück gehabt hätte, auf der Schauspielschule angenommen zu werden, wäre mein Leben vielleicht anders verlaufen. Gleich nach der Ausbildung fing ich an zu arbeiten, und man kann nicht betrunken zum Dreh kommen.

teleschau: Wie wurden die Zuschauer auf Sie aufmerksam?

Kjell Bergqvist: Mit 19 hatte ich eine Hauptrolle in einem Spielfilm, und das lief gut. Schweden ist ein kleines Land, also sprach sich schnell herum, dass dort ein kleiner Junge namens Kjell (sprich: "Schell") mit Talent unterwegs war. Seit über 50 Jahren habe ich nie nach Arbeit gefragt. Keine Telefonanrufe, keine Mails, nichts. Es läuft einfach. Ich bin ein bisschen verwöhnt, aber man muss auch gute Arbeit leisten, sonst wird man vergessen.

teleschau: Was bedeuten Ihnen Filmfestivals und rote Teppiche?

Kjell Bergqvist: Das mag ich nicht so gern. Ich gehe zu meinen eigenen Premieren, aber nur, weil das Teil meiner Arbeit ist, oder wenn es um Geld für einen guten Zweck geht. Lieber schaue ich Fußball (lacht). Es hat zwei Jahre gedauert, bis ich mir "Bäckström" zum ersten Mal angesehen habe. Meine Frau sagte zu mir: "Ich habe gehört, es gibt eine interessante Fernsehserie namens 'Bäckström', sollen wir sie ansehen?" Und ich sagte: "Sorry, heute Abend ist Fußball." Es gibt viele meiner Filme, die ich nicht gesehen habe.

teleschau: Sind Sie ein Familienmensch?

Kjell Bergqvist: Aber ja! Jetzt sind es nur noch meine Frau, mein Sohn und ich, und wir verbringen viel Zeit zusammen zu Hause und in Thailand mit der Stiftung. Dann habe ich auch einen Enkel, der sechs Jahre alt ist, und meine Enkeltochter wurde vor wenigen Wochen geboren. Ich genieße es, Großvater zu sein! Mein Sohn wird wohl bald von zu Hause ausziehen. Dann ist es besonders schön, Enkelkinder zu haben (lacht). Andere Hobbys wie Golf oder Ähnliches habe ich gar nicht. In meiner Freizeit arbeite ich für die Stiftung und schaue mir Fußball an. Außerdem liege ich gern in meiner Hängematte und lasse es ruhig angehen (lacht).

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