Miniserie bei Apple TV+

"Lady in the Lake": Natalie Portman im seltsamsten "Krimi" des Jahres

19.07.2024 von SWYRL/Eric Leimann

Apples Miniserie "Lady in the Lake" nach dem gefeierten Roman von Laura Lippman schwankt zwischen Krimi, Drama und Zeitporträt: Natalie Portman und Moses Ingram leben im Baltimore des Jahres 1966, wo sich ihre Frauenfiguren im Rahmen zweier seltsamer Todesfälle neu erfinden.

Die Schriftstellerin Laura Lippman und der spätere Serien-Guru David Simon ("The Wire") haben sich vor langer Zeit bei der Zeitung "Baltimore Sun" als Reporter kennengelernt. Später wurde daraus eine Beziehung, eine Ehe und eine Tochter - bevor man sich vor einigen Jahren wieder trennte. Was das alles mit der siebenteiligen Miniserie "Lady in the Lake" bei Apple TV+ (ab Freitag, 19. Juli) zu tun hat? Nun ja, eigentlich alles. Lippmann wurde später gefeierte Autorin ambitionierter Kriminal- und Gesellschaftsromane. Und ihr 2019 erschienenes Werk "Lady in the Lake" über zwei sehr unterschiedliche Frauen im Baltimore der mittleren 60er-Jahre atmet ganz viel künstlerische Luft, die auch ihr Ex-Partner David Simon zum Atmen braucht.

Erzählt wird von zwei historisch verbürgten Todesfällen, dem eines kleinen jüdischen Mädchens und einer schwarzen Frau, die erst mal nichts miteinander zu tun zu haben scheinen. Gleichzeitig wird ein komplexes Zeiten- und Sittengemälde der Heimatstadt von Lippmann und Simon gezeichnet. So wie einst auch bei "The Wire", David Simons Serienmeisterwerk, das auf vielen Kritikerlisten als beste jemals gedrehte Serie von ganz oben grüßt.

Die Handlung von "Lady in the Lake" ist gar nicht so einfach zu beschreiben, denn ein großes Personenkarussell voller merkwürdiger Verstrickungen, Täuschungen und Ambitionen wird einem hier von der gefeierten Autorin und Regisseurin Alma Har'el ("Bombay Beach") präsentiert: Maddie Schwartz (Natalie Portman), eine jüdische Anwaltsfrau und Mutter eines Teenagersohnes, verlässt ihren Mann.

Im Baltimore des Jahres 1966 zieht sie in eine nicht ganz standesgemäße Wohnung "downtown", wo die schwärmerische Tochter (Mikey Madison) ihres Vermieters ihre Freundschaft sucht. Parallel wird man in die Geschichte der schwarzen Mutter Cleo Sherwood (Moses Ingram, "Das Damengambit") eingeführt. Sie sorgt mit diversen Jobs fürs Geld in der Familienkasse. Cleos Mann Slappy (Byron Bowers) ist ein begabter, aber schwieriger Künstlertyp, der als politisch bissiger Comedian auftritt. Im realen Leben und als Vater der beiden Söhne trägt er allerdings nicht allzu viel zum Lebensunterhalt bei.

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Rassismus und Mysogenie im Baltimore des Jahres 1966

Zu Beginn steht das Verschwinden eines kleinen Mädchens aus der besser situierten jüdischen Community Baltimores im Mittelpunkt. Maddie nimmt der Fall so stark mit, dass sie sich nicht mehr auf ihren Alltag konzentrieren kann. Letztendlich führt ihr sensitives Erleben des Kriminalfalles zum Bruch mit ihrem Mann und dem Aufbruch in ein neues Leben. Ganz anders ist es bei Cleo, die eine moderne schwarze Politikerin unterstützt, aber auch mit dem schwarzen Unterwelt-Boss Baltimores kungelt, der ein mysteriöses Zahlenspiel in der Black Community Baltimores am Laufen hält, von dem viele auf ruinöse Art abhängig sind. Die beiden Hauptfiguren Maddie und Cleo Sherwood haben zu Anfang nichts miteinander zu tun. Und doch laufen sie sich früh über den Weg: die weiße Anwaltsgattin als Kaufhauskundin auf Kostümsuche - und die schwarze Arbeiterin als lebende Schaufensterpuppe.

Man muss ein wenig Geduld aufbringen, um das große Personenkarussell mit zum Teil ziemlich verschleierten Ambitionen dieser durchaus langsam in Gang kommenden Dialogserie zu verstehen. Wer einen klassischen Krimi oder auch ein klar definiertes Drama erwartet, könnte nach einiger Zeit desorientiert das Interesse verlieren. Und doch lohnt sich das Dranbleiben und die Geduld. Wegen des tollen Schauspiels von Portman, Ingram und Co. und der atemberaubend schönen Ausstattung sowie poetischen Bildern aus einem noch stark rassisch geprägten amerikanischen Stadtporträt der 60-er. Letztendlich auch wegen der verschachtelten Menschenporträts dieser Serie, die über Rassismus, Mysogenie und der Suche danach erzählt, was man im Leben wirklich will.

"Lady in the Lake" (Start mit einer Doppefolge, danach Einzelepisoden bis 23.8.) ist ein Werk, das ob seiner komplexen Erzählweise Kritik und Publikum spalten wird. Es ist aber auch eine der mit Sicherheit interessantesten Serien des Jahres.

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