24.03.2025 von SWYRL/Julian Weinberger
Wenn der Traumjob zum Spießrutenlauf wird: Als neuer Präsident eines Filmstudios stiftet Seth Rogen in der Apple-Comedy "The Studio" Chaos noch und nöcher. In den USA ist die satirische Abrechnung mit Hollywood bereits Kritikerliebling - bald auch in Deutschland?
Matt Remick (Seth Rogen) liebt Filme. Entsprechend springt er vor Glück im Dreieck, als er in der neuen Apple-Comedy "The Studio" (ab 26. März, Apple TV+) Präsident der renommierten Continental Studios wird. Doch mit Matts Euphorie ist es im Serien-Achtteiler bald dahin. Seinem hehren Anspruch, hochwertige Filme in Auftrag zu geben, wird vom Bling-Bling-CEO und professionellen Dummschwätzer Griffin Mill (Bryan Cranston) markig entgegengehalten: "Perverse machen gute Filme." Er wolle keinen "artsy, fartsy Filmemacher-Blödsinn", pfeffert er dem baffen Matt hin, der artig nickt.
Überhaupt stolpert der gutmütige neue Studioboss von Katastrophe zu Katastrophe. Martin Scorsese, dem Matt einen Film samt XXL-Budget zunächst erlaubt, dann mit einem dreisten Scharadezug aber sogar klaut, liegt am Ende schluchzend in Charlize Therons Arme. Und Matt? Der wird nach hart verdienter Einladung schon nach Minuten von der Party der Hollywood-Schönheit geworfen. Es ist nur eine von vielen ziemlich absurden Blüten, die die bisweilen große Hektik verströmenden 30-minütigen Episoden zutage fördern.
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Seth Rogen als überforderter Sympathieträger
Humoristisch bedienen sich die Serienmacher Seth Rogen und Evan Goldberg einer bunten Palette. Beißender Sarkasmus trifft auf eine Abrechnung mit der anbiedernden Speichelleckerei Hollywoods, auf aufgeblasene Egos, die nur die eigenen Vorteile interessieren. Inmitten dieses Zirkus aus Narzissmus, Geprahle und falschen Versprechungen ist der verpeilte Matt zweifelsohne Sympathieträger. In seinem Wunsch, es allen recht machen zu wollen, gerät er zunehmend unter die Räder. Kollege und Freund Sal (Ike Barinholtz), Junior Producerin Quinn Hackett (Chase Sui Wonders) und Marketingexpertin Maya (Kathryn Hahn) sind da ausgebuffter.
Weniger Chaos innerhalb der Continental Studios bedeutet das nicht - im Gegenteil. Zur Ruhe kommt die Apple-Produktion so zu fast keinem Zeitpunkt. Das ist etwas schade, weil die Figuren dadurch nur im Arbeitskontext funktionieren, aber kaum private Züge bekommen. Doch teils schreiend komisch inszenierte Comedy entschädigt für die eher oberflächlichen Charaktere. Insbesondere ein völlig aus dem Ruder gelaufener Setbesuch Matts bei einem seiner Filme steigert sich in einer slapstickhaften Spirale zu einem Paradebeispiel pointiert inszenierten Humors.
US-Kritiker singen Lobeshymne auf "The Studio"
Mit ihrem Serienwerk haben Rogen und Goldberg nicht nur den Nerv der US-Kritikerschaft getroffen, die fast einstimmig Lobeshymnen anstimmt. Offensichtlich haben die beiden mit ihrer derben, teils kritischen, aber auch liebevollen Abrechnung mit dem modernen Hollywood zwischen TikTok-Challenge und Franchise-Filmdrehs auch bei ihren Kollegen aus dem Filmbusiness einen Stein im Brett. Olivia Wilde, Zoë Kravitz, Ron Howard, Anthony Mackie, Zac Efron - die Liste an A-Klasse-Gästen ist lang. Dass Apple sie nicht nur für einen bloßen Cameo-Auftritt, sondern zu selbstironischen, kleinen Rollen gewinnen konnte, gehört zu den großen Stärken von "The Studio".
An einer satirischen Abarbeitung am Hochglanzgeschäft Hollywoods versuchte sich Ende 2024 auch HBOs Comedy "The Franchise" - mit Himesh Patel und Daniel Brühl ebenfalls hochkarätig besetzt. Verharrte die HBO-Breitseite gegen das Marvel-Superheldenkino noch eher an der Oberfläche, seziert "The Studio" die Kehrseiten der Traumfabrik genüsslicher - manche Branchenanspielungen und Filmreferenzen dürften nur wahre Filmnerds verstehen. Doch auch ohne jeden Witz ins Detail zu durchblicken, ist "The Studio" ein großer Spaß.