"Memoria" - Fr. 26.07. - ARTE: 23.55 Uhr

Tilda Swinton auf einer Reise in den Dschungel

23.07.2024 von SWYRL/Susanne Bald

Tilda Swinton wird im ersten internationalen Werk des thailändischen Regisseurs Apichatpong Weerasethakul von einem seltsamen Geräusch verfolgt, das nur sie selbst hören kann. Die alle Sinne ansprechende Suche nach der Ursache führt sie bis in den kolumbianischen Urwald.

Der thailändische Regisseur und bildende Künstler Apichatpong Weerasethakul und die Filmfestspiele von Cannes haben eine lange Geschichte miteinander. Nicht nur saß er 2008 in der Jury. 2002 erhielt er seine erste Auszeichnung dort, den "Prix Un Certain Regard" für den Spielfilm "Blissfully Yours", der seinen internationalen Durchbruch als Filmemacher bedeutete. Zwei Jahre später wurde sein Werk "Tropical Malady" mit dem Preis der Jury - in der unter anderem der schottische Filmstar Tilda Swinton saß - bedacht, 2010 dann der Höhepunkt: die Goldene Palme - die erste für einen thailändischen Regisseur - für "Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben". Schon seit 2004 wollte Tilda Swinton unbedingt einmal mit Weerasethakul zusammenarbeiten. Fast 20 Jahre später machte er sie in "Memoria", seinem ersten internationalen Filmprojekt, zu seiner Hauptdarstellerin. ARTE zeigt es nun im Originalton mit deutschen Untertiteln als deutsche Free-TV-Premiere im Nachtprogramm.

Swinton spielt die britische Floristin Jessica, die in Kolumbien lebt. Eines Nachts reißt sie ein unerklärlicher Knall aus dem Schlaf, der immer wiederkehren, aber nur von ihr selbst wahrgenommen wird. Während eines Aufenthaltes in Bogotá, wo ihre Schwester im Krankenhaus liegt, lernt sie den Tontechniker Hernán kennen und bittet ihn, das Geräusch, womöglich eine Halluzination, im Studio nachzubauen, um es besser verstehen zu können.

Dann verschwindet Hermán spurlos. Jessica beschließt, die Archäologin Agnes, mit der sie sich im Krankenhaus angefreundet hat, zu einer Ausgrabungsstätte in die Berge zu begleiten. Zuvor hatte man bei Tunnelarbeiten mehrere an die 6.000 Jahre alte Skelette gefunden. Jessica glaubt, dass Hernáns Verschwinden irgendwie damit zusammenhängt, und dringt bei ihrer Suche immer weiter in den Dschungel vor - wo sie einen Mann kennenlernt, der ihre Transzendenz-Erfahrung nachvollziehen kann. Auch er heißt Hernán. Ein Zufall?

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Ein Film, auf den man sich einlassen muss

In "Memoria" geht es um Erinnerung, um das Vergehen der Zeit und um menschliche, teils übersinnlich erscheinende Erfahrungen. Wie in den meisten von Apichatpong Weerasethakuls Werken stehen aber weniger das Gesagte und die Handlung im Mittelpunkt, sondern vielmehr Bilder und Stimmungen. Die Filme des 54-Jährigen, der lange in Chicago studierte, stehen unter avantgardistischem Einfluss. Häufig lösen seine visuell starken, langsam erzählten Geschichten eine meditative, beruhigende Wirkung auf die Zuschauer aus. Ähnlich wie etwa in Terrence Malicks "The Tree of Life" (2011) gibt es im gut zwei Stunden dauernden "Memoria" zahlreiche sehr lange Einstellungen. Einmal beobachtet die Kamera beispielsweise in Echtzeit, wie Jessica Hernán beim Schlafen zusieht. Minutenlang.

Es sind Filme, auf die man sich als Zuschauer einlassen muss, sonst könnten sie schwer zu ertragen sein. Filme, die für die große Leinwand gemacht sind, um ihre ganze Wirkung zu entfalten. Und wenn Kinozuschauer dabei einschlafen? Das sieht Regisseur Weerasethakul als Kompliment, wie er in einem Interview mit dem Magazin "DAZED" sagte: Es sei wunderbar, Filme mit den eigenen Träumen zu vermischen. Nachts sei "Memoria" das eine, während des Tages etwas anderes.

Seine Uraufführung feierte der Film, eine Mischung aus Fantasy- und Mysterydrama, wie sollte es anders sein, 2021 bei den Filmfestspielen in Cannes. Für die Goldene Palme reichte es zwar nicht, wohl aber erneut für den Preis der Jury.

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