02.01.2025 von SWYRL/Hans Czerny
Am 07. Januar 2005 wurde der Asylbewerber Oury Jalloh in der Zelle Nummer fünf eines Dessauer Polizeireviers bis zur Unkenntlichkeit verbrannt vorgefunden. Wie konnte das geschehen? - Es ist ein Fall, der bis heute Aufmerksamkeit erregt und nun in einer ARD-Dokuserie nochmals aufgerollt wird.
Die sechsteilige True-Crime-Serie der ARD "Warum verbrannte Oury Jalloh?" (in der Mediathek schon seit Ende November) rollt den nunmehr 20 Jahre zurückliegenden Fall des aus Sierra Leone geflohenen Schwarzafrikaners Oury Jalloh noch einmal akribisch auf. Konnte sich Jalloh in einer nur mit einer Matratze bestückten Zelle selbst das Leben genommen haben, wenn er mit Schellen an Füßen und Händen gefesselt war? Oder handelte es sich eben doch um eine Vertuschungstat von Dessauer Polizisten?
Der Fall zog inzwischen mehrere Prozesse nach sich, sie alle wurden inzwischen eingestellt, und nicht wenige behaupten, es handele sich hierbei um einen der größten Polizei- und Justizskandale der Bundesrepublik. Jalloh wurde am 06. Januar 2005 verhaftet, nachdem er angeblich vier Straßenreinigerinnen belästigt hatte. Gegen die Festnahme durch die herbeigerufene Polizei hatte sich Jalloh offenbar heftig gewehrt. Das Landgericht bezeichnete in einem späteren Prozess seine gewaltsame Mitnahme als "angemessen".
In der Zelle des Polizeireviers wurde Jalloh später an Händen und Füße gefesselt, sodass eine Selbsttötung durch Verbrennung als ausgeschlossen erscheint. Dennoch wurden die Polizisten von einem Tötungsdelikt freigesprochen und das Verfahren eingestellt. Selbst Landtagsausschüsse und verschiedene Revisionen blieben ohne Ergebnis, gegenwärtig ist eine Revision beim Europäischen Gerichtshof eingereicht.
Immer wieder recherchierten Anwälte und Journalisten, um den Skandal aufzudecken. Immer wieder vergeblich, obwohl Zeugen wie Dienststellenleiter und eine Einsatzleiterin, die kurz vor dem Brand noch in der Zelle war, Ungereimtheiten bezeugen. Und es gibt Journalisten, die von Polizisten, die anonym bleiben wollen, noch mehr erfuhren.
Neben alldem kommt in der Serie aber auch eine deutliche Fremdenfeindlichkeit zur Sprache, die man beängstigend nennen kann. Gut, dass die Produktion bei aller Akribie, was den Fall selbst betrifft, sich auch Zeit nimmt für Jallohs Werdegang und die Beschreibungen seiner Freunde. Jalloh war, wie sie berichten, Kindersoldat in Sierra Leone. Er hatte den Krieg in seiner schlimmsten Form erlebt und schließlich die Flucht ergreifen können. Er war über Spanien und Frankreich nach Deutschland gelangt. Nicht leicht sei das Leben in Dessau gewesen für ihn - die Lebensmittelkarte im Supermarkt, nur eine einzige Disko durften Schwarze betreten. Die fehlende Arbeitserlaubnis hätte ihn in den Hashishdeal getrieben.
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Die Wahrheit bleibt auf der Strecke
"Irgendwann kommt die Wahrheit heraus", sagen alle, die auf der Seite Jallohs stehen und für ihn vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Doch alles in allem bleibt hier eben die Wahrheit auf der Strecke. Das führt die Serie sehr deutlich noch einmal vor Augen.