11.11.2021 von SWYRL/Jens Szameit
Was hat Florian Silbereisen mit Joseph Goebbels zu schaffen - und was bitte ist das "Wetten, dass ..?-Magazin"? Beim Comeback des Klassikers "TV total" zündeten kleinere und größere Boshaftigkeiten wie in besten Zeiten. Raab-Nachfolger Sebastian Pufpaff schlägt große Anerkennung entgegen.
Es war alles wieder da: das Logo mit dem teuflischen Fernseher, die Erkennungsmelodie, die fahrbare Bühne, die Begleitband The Heavytones und natürlich auch das "Nippelboard", das auf Knopfdruck skurrile Fernsehschnipsel ausspuckt. Fehlte zum großen Comeback von "TV total" eigentlich nur Stefan Raab, der Erfinder und langjährige Gastgeber dieser Mixtur aus Late-Night-Show und Mediensatire. Aber genau genommen fehlte der auch wiederum nicht.
Denn zum einen ist Stefan Raab als Produzent an der Neuauflage des ProSieben-Klassikers beteiligt. Zum anderen erledigte sein Nachfolger den Job so souverän und selbstverständlich, "als hätte er nie etwas anderes gemacht", wie ein Zuschauer stellvertretend für viele andere Begeisterte bei Twitter schrieb. Sebastian Pufpaff machte sich als Kabarettist und Satiriker bei den "Mitternachtsspitzen" (WDR), bei "Pufpaffs Happy Hour" (3sat) und in der "heute-show" (ZDF) einen Namen. Jetzt führt er wöchentlich zur Mittwochsprimetime durch das einstündige Comedy-Scherbengericht der TV-Unrühmlichkeiten.
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"Eindeutige Verharmlosung des deutschen Schlagers"
Angriffsfläche bei der Auftaktsendung war vor allem das vorangegangene Comeback einer anderen Show-Institution, "Wetten, dass ..?". Pufpaff veralberte das kieksende Aufjaulen der Co-Moderatorin Michelle Hunziker und den Altersdurchschnitt der Gäste. Im Vorfeld versuchte er sogar, die "Wetten, dass ..?"-Produktion in Nürnberg zu infiltrieren, indem er sich als Moderator des erfundenen "Wetten, dass ..?-Magazins" ausgab - bis Produktionsmitarbeiter die Polizei riefen.
Auch der neue "Fernsehsender" (Pufpaff gestikulierte die Anführungszeichen dazu) Bild TV bekam sein Fett weg wie auch der neue Wichtigtuer-Podcast von Markus Lanz und Richard David Precht. Sowie schließlich Florian Silbereisen. Genüsslich wurde die Intro-Sequenz seiner jüngsten "Schlagerboom"-Show im Ersten vorgeführt. Woran erinnerte wohl der sich überschlagend euphorische Duktus des volkstümlichen Entertainers?
Pufpaff probierte es zunächst mit einer Szene aus dem Kinofilm "Braveheart". Dann setzte er zur ultimativen Provokation an und unterlegte Silbereisens Anmoderation mit Bildern einer Kundgebung des Nationalsozialisten Joseph Goebbels. "Wir stehen diesem Clip kritisch gegenüber", bekannte Pufpaff selbst und ließ eine weitere Pointe krachen: "Hier handelt es sich eindeutig um die Verharmlosung des deutschen Schlagers."
"Fernsehen, wie es eben sein sollte"
Bei Twitter trendete der Hashtag #TVtotal am Mittwochabend erwartungsgemäß. Den Goebbels-Gag fanden einige Nutzer daneben. Doch im Großen und Ganzen schlug der Neuauflage der ProSieben-Show fast einhellige Begeisterung entgegen. Vor allem Sebastian Pufpaffs Nonchalance angesichts der großen Raab-Fußstapfen wurde bewundert.
"Ich raff null, wie man so eine (erste) Sendung, die natürlich unter die Lupe von 80 mio Bundes-Comedy-Autoren genommen wird, mit so einer Selbstverständlichkeit, Leichtigkeit und Selbstbewusstsein moderieren kann. Hut ab, wirklich!", schrieb ein Zuschauer. Der Sportkommentator und Moderator Frank Buschmann postete: "Ich finde ihn und die Sendung sensationell. Fernsehen, wie es eben sein sollte. Nicht nur aus alter Verbundenheit: ganz groß."
Auch bei ProSieben ist man mit dem Neustart mehr als zufrieden. Auf Twitter ließ der Sender verlauten: "Marktführer am Mittwoch. Das haben wir lange nicht geschafft. Dank #TVtotal gewinnt @ProSieben den Mittwoch mit 11,1 Prozent Marktanteil (14-49)."