Blindspot - Mo. 22.04. - ZDF: 20.15 Uhr

Zweifel über Vertrauen

19.04.2024 von SWYRL/Elisa Eberle

Nach einem schweren Autounfall liegt eine junge Frau (Marlene Tanczik) im Koma. Ihr Ehemann (Klaus Steinbacher) sucht nach einem Schuldigen und verstickt sich in ein immer dichter werdendes Netz aus Verschwörungen und Intrigen ...

Nach diversen Genre-Experimenten der ARD (wie der Mystery-Serie "Oderbruch") hat offensichtlich auch das ZDF seine Freude an Filmformaten jenseits der Norm entdeckt: Zwei Wochen nach der Erstausstrahlung des ungewöhnlichen Krimis "Der Millionen Raub" (zu sehen in der ZDFmediathek) stemmt sich nun der Psychothriller "Blindspot" (Regie: Hannu Salonen, Buch: Marc O. Seng) gegen altbekannte Fernsehfilm-Konventionen.

Der Film beginnt mit einem Verkehrsunfall: Anara van Veeren (Marlene Tanczik) verliert nachts die Kontrolle über ihr Auto, rast in eine Baustelle und landet komatös im Krankenhaus. Die Polizei vermutet, dass der Wagen der jungen Frau manipuliert wurde. Ihr Ehemann Max van Veeren (Klaus Steinbacher) ist verzweifelt: Wer hätte seiner Frau so etwas antun können? Oder galt der Anschlag womöglich gar nicht ihr, sondern ihm selbst?

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Zweifel über Zweifel

Bei seinen Ermittlungen im Frankfurter Bankenviertel stößt der erfolgreiche Geschäftsmann auf immer mehr Ungereimtheiten aus ihrem gemeinsamen Leben: Anaras Baby gehe es gut, erfährt er in der Klinik. Doch von einer Schwangerschaft seiner Frau hatte er bislang nichts gewusst. Dass Anara offenbar ein zweites Leben inklusive Zweitwohnung führte, überrascht ihn.

Während Max zunehmend an seinem sozialen Umfeld zweifelt, bleibt Kollegin Saskia Blankenstein (Felicitas Woll) seine einzige Verbündete. Doch auch sie verliert zunehmend die Geduld, gefährdet Max doch nicht nur seine eigene berufliche Zukunft, sondern auch die Aussicht ihrer Firma auf einen Software-Deal mit dem Scheich (David A. Hamade). Max nimmt derweil seinen Konkurrenten Patrick Reitwald (Marcus Mittermeier) als möglichen Strippenzieher ins Visier ...

"Es erinnerte mich an die großartigen Thriller der 90er-Jahre"

"Blindspot" ist ein düsterer und kalter Krimi, der sich nach und nach zum Psychothriller entwickelt. Es dauert, bis man mit der Geschichte, die einen Haken nach dem anderen schlägt, warm wird. Die Tatsache, dass Max mehr und mehr zum unglaubwürdigen Protagonisten in seiner eigenen Geschichte wird, ist für einen Fernsehfilm ungewöhnlich. Wer sich darauf einlässt, wird am Ende allerdings belohnt.

Regisseur Hannu Salonen zeigt sich ganz begeistert von der Filmidee: "Als ich zum ersten Mal Marc O. Sengs wunderbares Drehbuch in den Händen hielt, wurde mir augenblicklich klar, dass ich diesen Fernsehfilm machen musste. Es erinnerte mich in einer fast magischen Art und Weise an die großartigen Thriller der 90er-Jahre", schwärmt er gegenüber dem ZDF: "Als großer Hitchcock-Verehrer wurde mir klar, dass der doppelte Boden in diesem Film neben unseren Hauptfiguren die größte Rolle spielen würde. Eine starke Erzählperspektive war der Schlüssel zur Umsetzung - durch Max' Augen würden wir die Welt wahrnehmen."

Fernsehen soll mehr Mut haben

Für Klaus Steinbacher, der den Getriebenen Max van Veeren eindrücklich verkörpert, war die Figur eine besondere schauspielerische Herausforderung, wie er im ZDF-Interview verrät. Sowohl mit dem Regisseur als auch mit dem Drehbuchautor habe er im Vorfeld "ausführlich über die Figur gesprochen". Zudem bereite er sich auf all seine Projekte mit einem Schauspielcoach vor. "Und ich habe mich zum ersten Mal in meiner Vorbereitung mit einem Verhaltenstherapeuten und einer Psychoanalytikerin über die Figur, ihr Handeln und ihre möglichen Motive unterhalten."

Wenn es nach Schauspielerin Felicitas Woll geht, dürften die öffentlich-rechtlichen Sender in Zukunft ruhig noch häufiger Experimente wie bei "Blindspot" wagen: "Es stimmt, dass man beim Fernsehen wieder mehr Möglichkeiten bekommt, sich mit ungewöhnlichen Geschichten auszutoben", sagt die 44-Jährige im Interview. "Trotzdem habe ich das Gefühl, dass wir oft lieber auf Nummer sicher fahren. Das Risiko wagen dann doch eher die Streaming-Dienste. Aber trotzdem gibt es auch beim Fernsehen immer wieder Drehbücher, die unerwartet ausfallen und dann auch erfolgreich sind."

Mit ihrer Rolle als karrierebewusste Zweifach-Mutter kann sich die Schauspielerin gut identifizieren: Woll hat zwei Töchter und weiß um Probleme, die die Vereinbarkeit von Job und Familie bisweilen mit sich bringt: "Klar, stehe ich immer wieder vor der Frage: Mache ich das jetzt richtig? Habe ich jetzt genug Aufmerksamkeit für die Kinder? Habe ich jetzt genug Aufmerksamkeit für mich?" Der "Berlin, Berlin"-Star wünscht sich mehr Respekt für berufstätige Frauen und Mütter, bezweifelt aber, dass sich die Situation bald ändert: "Um diese Fragen werden wir uns auch in 100 Jahren noch drehen, weil wir immer nur darüber reden, aber neue Ansätze nicht umsetzen." Dennoch wolle sie die Hoffnung nicht aufgeben.

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