Immaterielles Kulturerbe
Die UNESCO hat sich zur Aufgabe gemacht, Ausdrucksformen Immateriellen Kulturerbes weltweit unter dem Motto "Wissen. Können. Weitergeben" zu bewahren - auch für kommende Generationen. Seit 2013 wird auch Kulturgut aus Deutschland von der UNESCO gelistet, mit bis dato 126 lebendigen Kulturformen, von der deutschen Brotkultur über Volkstanz bis zur Oberpfälzer Zoiglkultur.
© iStock/Spitzt-FotoKulturelle Ausdrucksformen
Als Immaterielles Kulturerbe listet die UNESCO lebendige Ausdrucksformen aus den unterschiedlichen Bereichen wie Tanz, Theater und Musik, aber auch gesellschaftliche Bräuche, Feste und Volkskunst. Die Kulturformen prägen Identitäten und stärken den Zusammenhalt von lokalen Gemeinschaften. Die UNESCO unterstützt den Erhalt dieser Traditionen, damit Wissen und Können weitergetragen werden
© iStock/f9photosInternationales Kulturgut
Auf den internationalen UNESCO-Listen zum Immateriellen Kulturerbe finden sich seit dem UNESCO-Übereinkommen von 2003 bislang 180 Staaten. Dabei werden insgesamt über 500 kulturelle Ausdrucksformen vom Zaouli-Tanz an der Elfenbeinküste, über Yoga in Indien bis zum Pinisi-Bootsbau in Indonesien (Bild) verzeichnet. Auch in Deutschland findet sich eine Vielzahl Immateriellen Kulturerbes ...
© iStock/VelvetfishPassionsspiele in Oberammergau
Seit 2014 gehören die Passionsspiele in Oberammergau als lebendige Geschichte Jesu zum Immateriellen Kulturerbe Deutschlands. Die Inszenierung der letzten Lebenstage von Jesus ist bereits seit 1634 fester Bestandteil der Region. Grund für die Spiele war die damalige Pestepidemie. Nach der Aufführung starb niemand mehr am "schwarzen Tod" und die Passionsspiele wurden fortan alle zehn Jahre aufgeführt.
© 2010 Getty Images/Johannes SimonPassionsspieltheater in Oberammergau
Für das gesellschaftliche Großereignis in Oberammergau, das mittlerweile Weltrang unter den traditionellen Aufführungen erreicht hat, arbeiten eine Vielzahl an lokalen Werkstätten und Künstlern. Auch in der Zeit zwischen den einzelnen Passionsspielen, die alle zehn Jahre stattfinden, wird an Kostümen, Bühnenbild, Text und Musik gearbeitet. 2010 wirkten 2.500 Oberammergauer an den Spielen für über 500.000 Zuschauer mit.
© iStock/Anne CzichosFurther Drachenstich
Auch der Further Drachenstich ist ein altes Volksschauspiel. Als Teil des Fronleichnamszugs wurde der Drachenstich in Furth im Wald bereits vor 500 Jahren aufgeführt. Dargestellt wird ein Reiter als Heiliger Georg, im Kampf gegen einen Drachen. Mittlerweile wird die Geschichte aus dem kirchlichen Kontext und zeitgemäß abgewandelt: als zeitlose Parabel für den Kampf von Gut gegen Böse.
© Getty Images/Bildagentur-onlineBiikebrennen
Ebenfalls aus dem Bereich gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste sind sogenannte "Biikebrennen". Die lebendige Kulturform beschreibt gemeinschaftliche Feuerfeste in Nordfriesland, die jedes Jahr am 21. Februar böse Geister vertreiben sollen. Darüber hinaus werden politische Reden, Theaterstücke oder Geschichten auf Friesisch vorgetragen. Zum Abschluss gibt es Grünkohl für alle.
© iStock/Marcel HufschmidtRheinischer Karneval
"Kölle alaaf!" Der Narrenruf läutet die fünfte Jahreszeit ein: den Karneval. Dabei ist der Rheinische Karneval nicht nur ein gesellschaftliches Ereignis, sondern zählt seit 2014 zum Immateriellen Kulturerbe. Die herzliche Willkommenskultur ist fester Bestandteil der Menschen in Aachen, Bonn, Köln, Düsseldorf und darüber hinaus und wird auch als wichtiges Zeichen für Wiederaufbau und Gemeinschaft gesehen.
© iStock/kaarstenPoetry Slam
Ein weiterer Bereich des Immateriellen Kulturerbes ist Musik, Sprache und Darstellende Kunst. Dazu zählen Kasper-, Papier- und Mundarttheater, Volkstanz, Märchenerzählen, Knabenchöre sowie die literarische Ausdrucksform des Poetry Slam. Die Wettbewerbe knüpfen an antike und mittelalterliche Traditionen der Dichter- und Rednerwettstreite an und zeugen bis heute von einer lebendigen Kultur und Sprechkunst.
© 2016 Franziska Krug/Getty ImagesÖkologische Nachhaltigkeit
Immaterielles Kulturerbe umfasst auch überliefertes und lebendiges Wissensgut. Dazu zählen Aspekte der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit. Unter der Rubrik "Mensch und Natur" sammelt die UNESCO Aufgaben wie traditionelle Dörrobstherstellung, Schäferhandwerk, Flussfischerei, Weinkultur oder auch die kulturell sehr bedeutsame Friedhofskultur ...
© iStock/rrvachovFriedhofskultur
Friedhöfe sind nicht nur Orte der Bestattungen, sondern auch voller Erinnerung und kultureller Ausdrucksformen. Dabei spielen neben der Beisetzung auch Rituale der Trauerverarbeitung und der Grabgestaltung eine zentrale Rolle. Der Kulturraum Friedhof verbindet zudem jahrhundertealtes Wissen und Expertise in den Bereichen Bestattung, Steinmetzhandwerk, Landschaftsplanung und Gärtnern.
© iStock/Felix PetersKneippen
Als schützenswerte Kulturform wird auch das Kneippen von der UNESCO gelistet. Das seit 1841 bekannte traditionelle Naturheilverfahren beruht auf den Lehren des bayerischen Pfarrers Sebastian Kneipp. Ziel sei es, Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen. Dabei sind neben der gesundheitsfördernden Kraft des Wassers (Wassertreten) eine ausgewogene Ernährung, Heilpflanzen und Bewegung zentrale Aspekte.
© iStock/kzenonDeutsche Brotkultur
Deutsches Brot ist über seine Landesgrenzen hinaus bekannt und beliebt und zählt als Kulturgut. Durch klimatische Bedingungen, Umwelteinflüsse, aber auch Notzeiten durch Kriege, haben Bäcker ihre Handwerkskunst immer wieder neu und kreativ erfunden. Zudem hat das tägliche Brot in Form von Abendbrot auch innerhalb von Familien einen hohen Stellenwert.
© iStock/Ekaterina RabchanyukReetdachdecker-Handwerk
Neben der Brotkunst findet sich als weiteres Handwerk, die Reetdachdeckerei als Immaterielles Kulturgut auf den UNESCO-Listen wieder. Vor allem im norddeutschen Raum entwickelten sich die ersten Reetdächer aus Schilf- oder Teichrohr bereits um 4.000 vor Christus. Die Handwerkstradition speist aus altem Fachwissen, das lange mündlich übertragen wurde. Ein Handwerksberuf entwickelte sich erst 1998.
© iStock/FooTTooBlaudruck
Ebenso ein Kultur-Handwerk: das Färbeverfahren Blaudruck. Der Blaudruck wird traditionell auf Naturmaterialien wie Leinen, Baumwolle oder Seide angewandt. Mit sogenannten Modeln aus Birn- oder Buchsbaumholz werden dabei weiße Muster auf blauem Hintergrund gedruckt. Viele Druckformen und Muster wie etwa Pfauenfedern oder Streublumen sind jahrhundertealt und stammen aus der Zeit um 1700.
© iStock/slovegroveOstfriesische Teekultur
Vor allem in Norddeutschland hat das Teetrinken als Ritual einen besonders hohen Stellenwert auch im Alltag. Seit Jahrhunderten hat sich vorrangig in Ostfriesland eine zeremonielle Teekultur entwickelt, die bis heute gefeiert wird. Zunächst werden lose Teeblätter in einer Kanne mit kochendem Wasser aufgebrüht ...
© iStock/Jens DomschkyOstfriesische Teekultur
Im nächsten Schritt wird der aufgebrühte Tee auf ein Stück Kandiszucker ("Kluntje") in eine Teetasse gegossen. Sahne, die am Rand dazugegossen wird, sorgt für wolkenähnliche Bilder ("Wulkje") - aber nur, wenn der Tradition folgend nicht umgerührt wird. Der Kandiszucker bleibt so lange in der Tasse, bis er sich aufgelöst hat. Das bedeutet, dass einige Male neuer Tee aufgegossen wird.
© iStock/Jens DomschkyOberpfälzer Zoiglkultur
Die Oberpfälzer Zoiglkultur ist seit dem 15. Jahrhundert bekannt. Bei diesem Brauch wird Bier in historischen Kommunbrauhäusern gebraut. Genutzt werden dafür vorindustrielle Braugerätschaften wie offene Sudpfannen und Gärschiffe sowie Holzbefeuerung. Das Bier wird dann in Zoiglstuben (Wohnhäuser der Brauer) ausgeschenkt. Wo gerade ausgeschenkt wird, kennzeichnet der sogenannte "Zoiglstern", der außen am Haus aufgehängt wird.
© iStock/3quarksHebammenwesen
Ein weiteres Immaterielles Kulturerbe ist das Hebammenwesen. Das Fachwissen zu Geburt, Medizin und Anatomie wird seit Jahrhunderten von Hebammen weitergegeben. Hebammen sind eine wichtige Begleitung für werdende Mütter, von der Schwangerschaft über die Geburt bis zum Ende der Stillzeit. Noch wenn das Kind im Bauch der Mutter ist, erfassen Hebammen mit Fast-Techniken und Hörrohr Größe, Lage und Aktivität des Nachwuchses.
© iStock/MangoStar_StudioSchachtradition in Ströbeck
Schach ist ein strategisches Brettspiel, das weltweit bekannt und beliebt ist. Im Schachdorf Ströbeck in Halberstadt wird die jahrhundertealte Kultur- und Spieltradition bereits seit 1011 gepflegt. Für Grundschüler zählt Schach zum Pflichtfach (Bild aus dem Jahr 1943). Zudem werden dort internationale Schachturniere und seit 1688 sogar "Lebendschach" mit menschlichen Spielfiguren ausgetragen.
© Getty Images/ullstein bild Dtl.Genossenschaftsidee
2014 hat die UNESCO die Genossenschaftsidee als Praxisbeispiel für Immaterielles Kulturgut gelistet. Genossenschaften sind alternative Wirtschaftsformen, die auf sozialen Werten wie Gemeinsinn, Solidarität und Verantwortung basieren und in den verschiedensten Lebensbereichen wie Arbeit, Ernährung oder Wohnen Eingang finden. Sie stehen jedem Menschen offen und fördern soziales Miteinander und Engagement.
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