Interview-Schalte im "Morgenmagazin"

Renten-Experte mahnt im ZDF: "Ich hoffe darauf, dass die Älteren zur Lastenteilung bereit sind"

16.04.2025 von SWYRL

Auch die neue Regierungskoalition drückt sich vor der überfälligen Rentenreform. Das kritisierte im ZDF-"Morgenmagazin" der Wirtschaftsweise Professor Martin Werding. Der Experte identifiziert die Angst vor den älteren Wählerinnen und Wählern als Teil des Problems.

Einen "Politikwechsel" hat sich die designierte schwarz-rote Bundesregierung vorgenommen. Doch in der Rentenpolitik sucht man den großen Reformentwurf im Koalitionsvertrag vergebens. Dabei warnt der zuständige Sachverständigenrat schon seit Jahren vor einem drohenden Kollaps des umlagefinanzierten Vorsorgesystems.

"Es sind nur kleine Schrauben, die am derzeitigen System verstellt werden. Warum drückt sich eigentlich jede neue Regierung um das Thema herum?", fragte am Mittwoch ZDF-"Morgenmagazin"-Moderatorin Eva-Maria Lemke den zugeschalteten "Wirtschaftsweisen" Martin Werding. "Die Rente ist ein unangenehmes Thema", antwortete der Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum. Es sei "für die Politik heikel mit den vielen älteren Wählerinnen und Wählern, an das Thema ranzugehen".

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Wirtschaftsweiser: "Jetzt glauben alle, das könnte so weitergehen, und das stimmt nicht"

Ein zweiter wichtiger Punkt laut des Experten: "Wir hatten zuletzt zehn, 15 Jahre, wo es zu gut lief. Die Demografie hat eine Atempause gemacht. Die Arbeitsmärkte haben geboomt. Das hat den Druck aus dem System genommen. Die Beitragssätze sind konstant geblieben. Jetzt glauben alle, das könnte so weitergehen, und das stimmt nicht."

In den Augen Werdings reizt die Politik die vorhandenen Spielräume bei der Bevölkerung gar nicht aus. "Ältere haben Kinder und Enkel", sagte der Finanz-Professor. Deren spätere Rente sei ihnen sicherlich auch ein Anliegen. Die vorsichtige Prognose des Fachmanns: "Ich hoffe darauf, dass die Älteren zu Kompromissen, zur Lastenteilung zwischen Alt und Jung bereit sind, obwohl die Politik in die andere Richtung arbeitet."

"Frühstartrente"? Nur "ein Sparschweinchen, das als Rentenreförmchen verkauft wird"

Dass sich CDU, CSU und SPD im Zuge ihrer Koalitionsverhandlungen auf eine "Frühstartrente" geeinigt haben, dürfe man laut Martin Werding hingegen nicht überbewerten. Wenn der Staat für jedes Kind ab sechs Jahren monatlich Geld anlege, komme bis zur Volljährigkeit gerade mal ein knapp vierstelliger Betrag heraus. "Das ist ein Finanzbildungsprogramm", maß Werding dem Projekt eher didaktischen Nutzen zu. "Interessant", schlussfolgerte Moderatorin Lemke: "Ein Sparschweinchen, das als Rentenreförmchen verkauft wird."

Was jetzt in Sachen Rente zu tun wäre, sei "im Grunde einfach zu verstehen", betonte Martin Werding zuletzt. "Die Lebenserwartung steigt, dazu muss man die Regelaltersgrenze - so unangenehm das für alle Betroffenen klingt - langsam weiter heraufsetzen." Er sprach von einem halben Jahr pro Jahrzehnt. So komme man erst Anfang der 2050er-Jahre auf ein Renteneintrittsalter von 68 - "ein moderater Prozess".

Gegen gesunkene Geburtenzahlen könne man hingegen nicht viel ausrichten. "Im Umlagesystem heißt das: wachsende Spannung zwischen Beitragssätzen einerseits, Sicherungsniveau andererseits." Die Lösung müsse lauten: das Rentensystem vorsichtig und mit Klugheit fortzusetzen, "sodass es bezahlbar bleibt und die Jungen Mittel übrig haben".

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