"Unser Team - Die Heim-EM 2024"

Rückblick auf Heim-EM 2024: Warum ein Koch der heimliche Star der RTL-Doku ist

29.12.2024 von SWYRL/Julian Weinberger

Zwischen Handspieleklat und DFB-Euphorie: In der Doku "Unser Team - Die Heim-EM 2024" blickt RTL auf die EM im eigenen Land zurück. Graugänse sucht man dabei vergeblich - obwohl ein Vogel trotzdem nicht fehlen darf.

Mit Dokumentationen hat der DFB in jüngster Vergangenheit keine guten Erfahrungen gemacht. Die Stichworte Prime Video, Katar 2022 und Graugänse sollten genügen. Erlebte die DFB-Elf in der Wüste eine Bruchlandung, war wenig später auch für Hansi Flick als Bundestrainer Schluss - und der Ruf der Nationalmannschaft in der Heimat endgültig im Eimer. Dass ausgerechnet eineinhalb Jahre später eine Heim-EM stattfinden sollte, konnte selbst den kühnsten Optimisten damals nicht hoffnungsvoll stimmen.

Und doch legt die RTL-Doku "Unser Team - Die Heim-EM 2024" (Samstag, 11. Januar, 20.15 Uhr) eindrucksvoll Zeugnis davon ab, wie sich in wenigen Wochen innerhalb des Teams, unter den Fans und auf dem Platz Euphorie verbreitete. Zwar erfährt man im 90-Minüter von Regisseur Tom Häussler wenig Neues oder gar aufregende Interna. Doch der Film schafft es, fußballerisch und stimmungsvoll einzigartige Wochen zurück auf die Bildschirme zu bringen - Nostalgie pur für Fußballfans.

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Fußballschauen zwischen Knast, Kreuzfahrtschiff und Leuchtturm

Noch im November 2023 sei es nach den enttäuschenden Niederlagen gegen die Türkei und Österreich "holprig und windig medial" zugegangen, blickt Rudi Völler in der Doku zurück. Trainer Julian Nagelsmann weist darauf hin, dass in der Vergangenheit "die Chemie innerhalb der Gruppe nicht gestimmt" habe. Klar sei deshalb gewesen: Bei der Heim-EM gehören nur Spieler zum Team, die zugunsten der Mannschaft an einem Strang ziehen.

Dabei war auch Niclas Füllkrug: Obwohl der Mittelstürmer es nicht in die EM-Stammelf schaffte, zeigt die RTL-Doku eindrucksvoll dessen Wert für die Mannschaft als Einpeitscher. Nicht etwa Kapitän İlkay Gündoğan oder andere Führungsspieler wie Thomas Müller oder Manuel Neuer erhoben in der Kabine das Wort, sondern "Lücke". Nur "Stolz" spüre er, berichtet er im Interview: "Ich trage die Trikots auch in meiner Freizeit."

Diese Identifikation mit der Nationalmannschaft ist es auch - nicht nur bei Füllkrug -, die den Kickern nach sportlich dürftigen und fanfernen Jahren die Sympathien der Fans im Eiltempo zufliegen ließen. Dass die Filmemacher an den unterschiedlichsten Plätzen Fans beim Mitfiebern filmten, etwa im Frauengefängnis, im ostfriesischen Leuchtturm oder auf dem Mittelmeerkreuzfahrtschiff, ist da ein willkommener dramaturgischer Kniff.

Konzertvibes mit Kontra K im Trainingscamp

Was "Unser Team - Die Heim-EM 2024" sonst neben der stumpfen sportlichen Chronologie erzählt? Nun ja, abseits emotionaler sportlicher Szenen muss man konstatieren: nicht viel. Zwischen SEK-Teambuildingseminar mit Spielzeugpistolen, Phrasendrescher-Europameister Manuel Neuer ("Es kann immer etwas passieren") und Spontankonzert von Kontra K im Teamcamp liefert die Fußball-Doku wenig substanziell Neues - dafür aber einen neuen Sympathieträger. DFB-Koch Anton Schmaus verwöhnte die Kicker nicht nur kulinarisch. Er formulierte zunächst eine mitreißende Kabinenrede vor dem Spanien-Spiel ("Heute rasieren wir die Spanier und zwar trocken"), um dann nach dem späten Wirtz-Ausgleich in der Kabine vor Stolz zu weinen.

Am Überraschendsten ist derweil, wie wenig das wohl spielentscheidende und nicht geahndete Handspiel von Marc Cucurella im Viertelfinale gegen Spanien thematisiert wird. "Ein Moment, der einem die Energie zieht", wundert sich Trainer Nagelsmann nur darüber, wie wenig aufgebracht er die Szene live auf dem Spielfeld wahrgenommen hat. Jamal Musiala, dessen Schuss an Cucurellas ausgestrecktem Unterarm abprallte, kommt übrigens im ganzen Film nicht zu Wort. Der Münchner Ballstreichler und wohl prägender DFB-Spieler der kommenden Jahre lässt eben doch lieber seine Füße auf dem Platz sprechen.

So bleibt am Ende von 90 Minuten die mutige Nagelsmann'sche Ankündigung der Abschluss-PK, das Aus sei ärgerlich, aber nun müsse man eben zwei Jahre warten, bis man Weltmeister werde. Man würde ihn gerne beim Wort nehmen. Ach ja, und anstelle der vermaledeiten Graugänse darf bei der Doku zur Heim-EM ein anderer Vogel nicht fehlen. "Ringo liebt Gurken", verkündet Verteidiger David Raum, als er stolz das Camp-Maskottchen präsentiert: einen Kanarienvogel samt farbenprächtigem Gefieder - und Vokuhila-Frisur.

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