20.04.2025 von SWYRL/Hans Czerny
Der "Krieg im Kopf" wurde lange Jahre tabuisiert. Doch insbesondere bei Auslandseinsätzen werden viele Soldaten der Bundeswehr psychisch beschädigt. Die "37°"-Reihe nimmt sich des Themas an.
Im Zeichen der "Zeitenwende" nach Putins Angriff auf die Ukraine stehen gegenwärtig die Aufrüstung der Bundeswehr und eine allfällige allgemeine Wehrpflicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Laut Umfragen sprachen sich über die Hälfte der Deutschen dafür aus, allerdings wären deutlich weniger bereit, sich unter Einsatz ihres Lebens an der Verteidigung Deutschlands zu beteiligen.
Derweil sind bereits viele Bundeswehrangehörige zusammen mit internationalen Verbänden im Einsatz. Nicht wenige von ihnen kehren aus Ländern wie dem Sudan, dem Irak, Kosovo oder Jordanien mit psychischen Störungen wie dem posttraumatischen Belastungssyndrom (PTBS) zurück. Die 37°-Reportage von Pia Busch-Kollonitsch zeigt, das Krieg auch ein "Angriff auf die Seele ist". "Im Kopf geht der Krieg weiter" lautet der Titel des Films, in dem es um das "Überleben nach dem Einsatz" geht. Wie werden die Traumata von den Betroffenen bewältigt?
Zwei von ihnen, mit Vornamen Martin und Verena, geben Auskunft. Der 43-jährige Martin war als Fallschirmjäger bereits im Kosovo, in Mali und in Jordanien bei früheren Auslandseinsätzen dabei. Nicht nur in Afghanistan gab es immer wieder Anschläge, Selbstmordattentate und Sprengfallen, unter deren Einwirkungen deutsche Soldaten fielen. Über seine Erlebnisse sprach Martin lange Zeit nicht mit anderen. Doch die schrecklichen Momente kehrten zurück, Traumatisierte erleben das Grauen von einst noch nach vielen Jahren. Dass bei einem Raketenwerfer-Angriff 26 Mädchen ums Leben kamen, die Martin schützen sollte, ließ ihn nie los. "Die Massengräber in den Jahren davor waren kein Problem", sagt der Ex-Soldat. "Aber als ich die Mädchen, die ich kannte, nach dem Angriff sah, da war irgendetwas mit mir passiert."
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Hilfe von Psychologen
Inzwischen wird Traumatisierten wie Martin, die vor allem nachts von ihren Albträumen verfolgt werden, durch Verbände und Selbsthilfegruppen der Bundeswehr geholfen. Martin tauschte sich in Chats mit anderen betroffenen Ex-Soldaten aus und fand einen Therapeuten, der lange Zeit im Berliner Bundeswehrkrankenhaus tätig war und dort mit Traumatisierten arbeitete. Die Bilder der toten Mädchen erträgt er nun, ohne in extreme Angstzustände zu verfallen.
Verena, heute 41, war über ein Jahr lang in Afghanistan für elektronische Aufklärung zuständig. "Bis heute kann ich Leute in weißen sauberen Gewändern nicht gut ertragen", sagt sie. "Selbstmordattentäter erkennt man daran. Die wollen 'sauber' gehen." Verenas Traumatisierung beim Afghanistan-Einsatz wurde inzwischen anerkannt, mithilfe der Bundeswehr konnte sie eine zweijährige Ausbildung zur Ergotherapeutin machen. Nach einem Rückfall, den sie nach dem antisemitischen Terroranschlag von Halle 2019 erlitt, und einer Trauma-Zusatzausbildung hilft sie nun anderen Traumatisierten in einem Veteranen-Verein beim Aufbau eines neuen Lebens.