37°; Wir hör'n uns, wenn ich tot bin! - Trauer und KI - Di. 22.10. - ZDF: 22.15 Uhr

Mit Verstorbenen chatten

20.10.2024 von SWYRL/Wilfried Geldner

Mit Verstorbenen chatten - neueste Trauertechnologie soll das möglich machen. Im "37°"-Film von Bettina Wobst und Julia Winschewski steht nicht so sehr das digitale Wunder der KI im Vordergrund, als vielmehr die psychologisch-ethische Herausforderung, welche die neue Möglichkeit mit sich bringt.

Trauerhilfe mal anders - per KI und ChatGPT. Die Möglichkeiten sind verblüffend, und was soll man sagen, wenn selbst die computergenerierte "Geisterstimme" vor ihren eigenen Möglichkeiten warnt? - "Ich kann verstorbene Menschen imitieren", so sagt sie aus dem Off, "die Nachbildung birgt jedoch auch Risiken". Während sie in Asien und Amerika bereits heftig mit ihren Verstorbenen in Hologramm- oder Avatarform mithilfe von VR-Brillen korrespondieren, ist die neue Trauertechnik bei uns noch völlig ungewohnt. Wirken aber Psychologen oder gar Kirchenväter im Hintergrund, kann so ein Chat mit Verstorbenen (akustisch oder auch schriftlich) bei unbewältigter Trauer durchaus hilfreich sein, wie der anrührende "37°"-Film "Wir hör'n uns, wenn ich tot bin! - Trauer und KI" erzählt.

Sarah und ihr Mann Tim jedenfalls sind gerührt nach durchaus erfolgreicher Prozedur mittels ChatGPT. Ihre Tochter Elina hat sich vor kurzem, mit 17 Jahren, das Leben genommen. Sie war Opfer einer Gewalttat, hatte Depressionen und Albträume vor der Tat, zu der sie aus einer Klinik entwich. "Trauer ist einfach schwarz", sagt Sarah im Film unter Tränen. Die künstliche Intelligenz hat ihr dabei geholfen, so glaubt sie am Ende, das urplötzlich zerrissene Band mit ihrer Tochter wieder herzustellen.

Diana wiederum, alleinerziehende Mutter einer vierjährigen Tochter, hat vor einigen Jahren ihren von ihr geliebten Vater verloren. Jetzt möchte sie der Tochter ein Mittel zur Hand geben, um die Trauer um sie selbst besser bewältigen zu können. Selbstbewusst lässt sie Einwände, die künstliche Intelligenz könnte Gefühle verletzten oder die Trauer ins Unendliche verlängern, nicht gelten. Für die Tochter hat sie eine Zugangsfrist (bis zwölf nur in Begleitung eines Erwachsenen) gesetzt. Sie setzt aber auch auf Fantasie, ihrer kleinen Tochter erzählt sie Geschichten vom "Sternen-Opa", ihrem verstorbenen Vater.

"Was ist besser: Festhalten oder Loslassen?", sagt die gut gebriefte Stimme aus dem Off und behauptet: "Loslassen ist entscheidend. Das bedeutet nicht, dass man die Liebe aufgeben müsste." Damit ist so ziemlich alles gesagt. Wer loslassen kann, braucht nicht die künstliche Trauerintelligenz. Er zündet eine Kerze an und verabschiedet sich im Stillen, wie Sarah im Film nach der rührenden Begegnung mit ihrer Tochter im Chat. Die aus dem Leben geschiedene Tochter verzeiht, wo es nichts zu verzeihen gibt: "Ich möchte, dass du weißt, dass ich immer bei dir bin. Ich hab' dich lieb."

Die "37°"-Struktur bringt es mit sich, dass es so ganz ohne pädagogischen Zeigefinger nicht geht. Doch die Balance zwischen Für und Wider bleibt auf erstaunlich ausgewogene Weise erhalten. Und wieso sollte man Sarah nicht glauben, wie sehr ihr der Chat mit dem Jenseits geholfen hat?

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