08.01.2025 von SWYRL/Jonas Decker
Anfangs eine Spielerei für reiche Angeber, später Motor für eine modernere, schnellere Welt: Die Automobilität hat sich im Lauf der letzten gut 100 Jahre mehrfach transformiert - und mit ihr die gesamte menschliche Zivilisation. Eine neue ARTE-Doku blickt zurück auf eine Geschichte voller aufregender Wendungen.
Ein Leben ohne Auto? Für viele Menschen heute, im Jahr 2025, nach wie vor kaum vorstellbar. Dabei ist es - je nach Betrachtung - noch gar nicht so lange her, dass die Welt ganz anders aussah. Die Geschichte des Automobils ist eine von vielen großen und kleinen Revolutionen. Die Geschichte einer Zivilisation, die sich im Lauf von etwas über 100 Jahren mehrfach grundlegend verändert hat, nicht nur mit Blick auf die Mobilität. Eine eindrucksvolle Dokuserie, die ARTE als Erstausstrahlung zeigt, erzählt davon.
"Vrooom" lautet der ursprüngliche Titel der dreiteiligen Doku von Jean-Christoph Ribot. Aber vor dem PS-starken Heulen der Motoren war da zunächst nur ein klägliches Tuckern. Die ersten Bilder von "Vom Motorwagen zum Boliden - Die Geschichte des Automobils" zeigen San Francisco an einem Samstag im April 1906. Fußgänger und Pferdekutschen beherrschen den öffentlichen städtischen Raum, damals noch ein weitgehend ungeregeltes Durcheinander. Und zwischendurch kurven, kaum schneller als ein trabendes Pferd, ein paar kuriose motorisierte Vehikel im Zickzack über das Pflaster.
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Zwischen "Erfindergeist" und "Schizophrenie"
Die Pferde verschwanden recht bald, die Autos übernahmen: als Motor und gewissermaßen auch als Sinnbild für eine fortschrittliche industrialisierte Welt mit einem ganz neuen, schnelleren Rhythmus. 1889 hatte Carl Benz auf der Pariser Weltausstellung sein dreirädriges "Patent Motorwagen" vorgestellt, keine zwei Jahrzehnte später produzierte Henry Ford mithilfe moderner Fließbandtechnik bereits seine legendäre Model-T-Serie. Das Auto, anfangs eine exklusive Spielerei für reiche Angeber, wurde binnen kürzester Zeit vom Luxus- zum Alltagsgegenstand und galt spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts für viele Menschen als unverzichtbar.
Jean-Christoph Ribot unterteilt seine informative und auch filmästhetisch sehr ansprechende Doku in drei Kapitel: "Erfindergeist", "Konsumgesellschaft", "Schizophrenie". Vor allem im letzten Teil, der Episodentitel deutet es schon an, leuchten dann auch vermehrt die Warnlämpchen auf dem Armaturenbrett auf. Ölkrise, Ölkriege, Klimawandel: Was noch vor 100 Jahren Symbol für eine aufregende, bessere Zukunft war, steht inzwischen auch für die Maßlosigkeit der modernen Welt und den damit verbundenen Raubbau an der Natur. Da ist ein Wald, in dem sich alte, verrottende Automobil-Karosserien übereinanderstapeln - eines von vielen Bildern in dieser Doku, die hängenbleiben. Und dann hört man, nach dem anfänglichen Tuckern und dem späteren "Vrooom", ein hochfrequentes elektronisches Surren. Die Geschichte des Automobils ist noch nicht zu Ende erzählt, eine neue Revolution steht an.
Alle drei Folgen werden hintereinander gesendet; die Doku ist bereits seit 7. Januar in der Mediathek verfügbar.