Großstadtrevier - St. Pauli, 06:07 Uhr - Mi. 05.03. - ARD: 20.15 Uhr

Das Ernste nach Jan Fedder

28.02.2025 von SWYRL/Eric Leimann

Im ersten "Großstadtrevier"-Spielfilm nach 35 Jahren Serie ging es 2021 düster zu. Polizistin Nina Sieveking (Wanda Perdelwitz) wird brutal in der U-Bahn zusammengeschlagen. Ihr Trauma belastet das gesamte Revier.

"Vier Tatzeugen - verängstigt, verschlafen, verschwunden, verreist." Was sich anhört, wie eine Poetry Slam-Performance, ist die aufgebrachte Bemerkung von "Großstadtrevier"-Chefin Frau Küppers (Saskia Fischer), nachdem ihre Polizistin Nina Sieveking (Wanda Perdelwitz) in der Hamburger U-Bahn brutal zusammengeschlagen wurde. Deren Trauma nach dem Horror-Erlebnis stand im Mittelpunkt einer überraschend düsteren 90-Minuten-Folge der Dauerbrennerserie aus dem Jahr 2021, die nun auf dem Sendeplatz des ARD-"FilmMittwochs" wiederholt wird. Die Erstausstrahlung erreichte fast sieben Millionen Zuschauer mit einem Marktanteil von 23,4 Prozent. Doch zurück zum Plot: Obwohl im U-Bahn-Wagon und auf dem Bahnsteig, wo die Polizistin gepeinigt, verhöhnt und gefilmt wurde, zahlreiche Zeugen anwesend waren, griff niemand ein. Schockiert von den Erlebnissen ist nicht nur Nina selbst.

Auch ihre Kollegen vom Hamburger PK14 können nicht einfach zur Normalität übergehen, selbst als Nina nach einiger Zeit in den Dienst zurückkehrt. Ihr Partner Lukas Petersen (Patrick Abozen) kümmert sich ebenso liebevoll um seine "Mitfahrerin" wie der Rest des vom Vorabend bekannten "Großstadtrevier"-Ensembles. Alle sind bemüht, den Fall aufzuklären. Auch weil sie merken: Nina und das gesamte PK14 werden nie mehr unbeschwert arbeiten können, solange die zutiefst beschämende und frustrierende Tat nicht aufgeklärt wurde. Als die Polizisten endlich erste Spuren finden, kommt eine ungeahnte Dynamik in den Fall.

Zum ersten Mal nach 35 Jahren Serie und mehr als 450 Folgen entstand 2021 ein Langfilm des "Großstadtreviers", das 29 Jahre lang durch das Mitwirken des Hamburger Kultstars Jan Fedder geprägt wurde. Seit dessen Tod Ende 2019 hat sich die Serie verändert - von einem der letzten klassischen Vorabend-Formate, das vom gesellschaftlichen Zusammenhalt und dem Sieg des Guten berichtete, zu ernsteren und sogar - wie hier - düsteren Stoffen. Dies zeigte auch der zweite Langfilm des Formats: "Großstadtrevier: Im Moment der Angst" (5,1 Millionen Zuschauer) erzählte Anfang Januar 2025 von Geschäftemacherei im Gesundheitssystem und Abgründen im Krankenhaus. Auch nicht unbedingt ein Schmunzelfilm über Hamburger Kiezgemütlichkeit.

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Jan Fedder, der Kiez und die 80er - das waren noch Zeiten

Nicht mehr der am 30. Dezember 2019 verstorbene Volksschauspieler Jan Fedder und die "großen Haie und kleinen Fische", welche Truck Stop in altdeutscher Country-Ästehtik im Titellied besingen, prägen heute das Image der Serie, sondern modernere Themen und Erzählweisen. Man will weg von der schunkeligen Kiezgemütlichkeit, die in der Realität ohnehin kaum noch zu finden ist, hin zu abgründigeren Geschichten. Dass "Großstadtrevier"-Stammautor Norbert Eberlein so etwas kann, bewies er mit seiner Grimme-Preis-gekrönten Frankfurter Gangster/Musiker-Saga "Beats" (Amazon).

Eberlein ist auch für das Drehbuch des Films verantwortlich, das so ein bisschen wie ein Glaubensbekenntnis des "Großstadtreviers" ohne Jan Fedder wirkt. Dieses neue Credo lautet: Die "gute" Polizisten vom PK14 bekommen für ihren Einsatz von der Gesellschaft keinen Lohn. Diese besteht nämlich nicht mehr aus tumben Kleinganoven, Huren mit Herz und urigen Bierzapfern hinter dem Kieztresen, sondern aus Wegschauern, Hatern und skrupellosen Schwerverbrechern. Auch wenn dieses Bild, das der Luxemburger Regisseur Félix Koch im Film zeichnet, hier und da ein wenig zu düster ausfällt: Der Plot ist vor allem in der ersten Hälfte von "Großstadtrevier - St. Pauli, 06:07 Uhr" interessant erzählt, bevor es gegen Ende dann doch wieder etwas konventioneller zugeht.

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