Der Palast - Do. 02.01. - 3sat: 20.15 Uhr

Das Las Vegas des Ostens

31.12.2024 von SWYRL/Eric Leimann

Vor der Kulisse des Friedrichstadt-Palastes erzählt die Miniserie "Der Palast" eine deutsch-deutsche Familiengeschichte zwischen Mauerbau und Mauerfall. Samt Show-Szenen, denen man sich so wenig entziehen kann wie dem Zauber von Hauptdarstellerin Svenja Jung. 3sat wiederholt das History-Drama nun.

Episch lange schrieb der Berliner Friedrichstadt-Palast nicht DDR-Geschichte. Erst 1984 wurde das "Las Vegas des Ostens" mit großem Staats-Pomp eröffnet. Hier sollte der Sozialismus tanzen lernen und dazu ziemlich gut aussehen. Doch schon fünf, sechs Jahre später war es vorbei mit der DDR. Der mit 1.895 Sitzplätzen größte Theaterbau Berlins existiert jedoch bis heute. Nach Vorbild ihres erfolgreichen Mehrteilers "Das Adlon" (2013) erschufen Autorin Rodica Doehnert und Regie-Veteran Uli Edel vor zwei Jahren eine ZDF-Miniserie, die vom Tanztheater im Wandel der Zeit berichtet. Mit einem fast märchenhaften Trick erzählt das History-Drama dazu auch deutsch-deutsche Geschichte zwischen Mauerbau und Mauerfall. Kurz vor dem Start der Fortsetzung (am Montag, 6. Januar) wiederholt 3sat zum Jahresbeginn nun alle Episoden der ersten Staffel am Stück.

Und darum geht's: Chris Steffen (Svenja Jung), Tänzerin in der berühmten "Girl Line" im Friedrichstadt-Palast, hat endlich ihr ersehntes erstes Solo bekommen - und steht plötzlich ihrer unbekannten Zwillingsschwester aus Westdeutschland gegenüber. Unternehmertochter Marlene Wenninger (ebenfalls Svenja Jung) ist aus Bamberg nach Ost-Berlin gekommen, um für ihr Familienunternehmen Verhandlungen mit dem DDR-Außenhandelsministerium zu führen. Als Höhepunkt des deutsch-deutschen Treffens war sie in den Friedrichstadt-Palast eingeladen worden und hatte ihre Doppelgängerin auf der Bühne entdeckt. Verblüfft versuchen die Schwestern herauszufinden, wodurch sie getrennt wurden. Dabei spielen natürlich Chris' Ost-Mutter (Anja Kling) und Marlenes West-Vater (Heino Ferch) eine Rolle ...

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Choreografien zwischen Spät-Sozialismus und George Michael

In "Der Palast" trifft klassisches öffentlich-rechtliches Historienfernsehen auf eine wüste Mischung aus "Das doppelte Lottchen", "Flashdance" und "Fame". Oder man setze jeden anderen, beliebigen Teen- und Twen-Hit der letzten Jahre, der im Musical- oder Showbusiness spielt, an die Stelle der letzten drei Namen. Hauptdarstellerin Svenja Jung strebte früher selbst eine Tanzkarriere an und füllt die Doppelrolle mit beeindruckender Energie. Dass sie nicht nur tanzen kann, sondern auch eine sehr begabte Schauspielerin ist, zeigte sie in anspruchsvollen Rollen wie der feinfühligen Netflix-Miniserie "Zeit der Geheimnisse" (2019) oder zuletzt in der Krimiserie "Crooks" (2024, ebenfalls bei Netflix).

Svenja Jung trägt diese Serie, man schaut ihr beim Entdecken ihr jeweils anderen Zwillingswelt fasziniert zu. In den Nebenrollen helfen Stars wie Jeanette Hain oder Daniel Donskoy als Choreografen, Matthias Mattschke spielt einen Maskenbildner, die Eltern- und Großelterngeneration ist mit Heino Ferch, Anja Kling oder Friedrich von Thun ebenfalls prominent besetzt.

Choreografien zwischen Spät-Sozialismus und George Michael

Die zweite Hauptrolle neben Svenja Jung spielt am Ende aber dennoch der Friedrichstadt-Palast selbst. Die Tanzszenen, bei denen das echte Ensemble des Friedrichstadt-Palastes kräftig mithalf, sehen wirklich gut aus und können mit höher budgetierten Serien aus dem Streamingbereich durchaus mithalten. Letztendlich kommt es bei "Der Palast" darauf an, ob man sich vom abenteuerlichen Geist der Handlung samt ihrer Choreografien zwischen Spät-Sozialismus und George Michael mitreißen lässt oder nicht. Falls ja, erlebt man viereinhalb sehr vergnügliche Stunden.

Wer die erste Staffel geschaut hat, darf sich sogleich auf die nächste Runde "Der Palast" freuen: Am Montag, 6. Januar, feiert ab 20.15 Uhr Staffel 2 der History-Serie ihre Premiere im Zweiten. In abermals sechs neuen Episoden dreht sich dann alles um den Friedrichstadt-Palast im wiedervereinigten Berlin. Alle Folgen sind schon vorher auch in der ZDF-Mediathek abrufbar.

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