David Lynch
Was will er uns damit sagen? Irgendwann gaben selbst die hartnäckigsten Kritiker auf, die Filme David Lynchs mit herkömmlichen Mitteln analysieren zu wollen. Der Kultregisseur, der nun im Alter von 78 Jahren gestorben ist, ließ sich in seinem Werk nie von filmischen Konventionen oder bloßer Logik aufhalten. In der Galerie lassen wir Lynchs (oft) rätselhafte Meisterwerke Revue passieren ...
© Kevin Winter/Getty ImagesEraserhead
"Eraserhead" (1977), der erste Spielfilm von Lynch, entzieht sich einer einfachen Genre-Einordnung und ist in vielerlei Hinsicht kaum zu fassen: Der in Schwarz-Weiß gedrehte Schocker wurde zu einem Kultfilm geworden und spielte sieben Millionen Dollar ein - bei einem Budget von gerade mal 10.000 Dollar, was Hollywood natürlich aufhorchen ließ.
© CapelightDer Elefantenmensch
Mit seinem zweiten Kinofilm "Der Elefantenmensch" (1980) etablierte sich David Lynch in der Traumfabrik: John Hurt spielt in dem Drama John Merrick, der von einer seltenen Krankheit schwer entstellt ist. Geschwülste und Verformungen verleihen dem jungen Mann ein elefantenartiges Aussehen. Das visuelle beeindruckende Drama heimste acht Oscar-Nominierungen ein, ging aber komplett leer aus.
© Kinowelt GmbHDer Wüstenplanet
In den 80er-Jahren bot "Star Wars"-Schöpfer George Lucas David Lynch an, die Regie von "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" zu übernehmen. Lynch lehnte dankend ab und drehte stattdessen das Sci-Fi-Abenteuer "Der Wüstenplanet" (1984) - besser bekannt als "Dune" -, das ebenfalls einen Kampf zwischen Rebellen und Imperium thematisierte. Finanziell ein Riesenflop und für Lynch, der damals keine Kontrolle über den Schnitt besaß, der einzige seiner Filme, mit dem er unzufrieden war.
© teleschau / ArchivBlue Velvet
Zu schön, um wahr zu sein: In "Blue Velvet" (1986) zeichnete Lynch die amerikanische Vorstadthölle, die eingangs noch nach Disneyland aussieht - die Zäune weiß, die Rasenflächen saftig grün, das Feuerwehrauto feuerrot. Dann zerstört ein abgetrenntes Ohr das überzeichnete Idyll. Lynch entführte erstmals in eine seiner typischen Parallelwelten: voll morbider Erotik, krankhafter Gewalt und psychischer Abgründe.
© FoxWild at Heart
Auf dem Weg in ein neues Leben werden Lula (Laura Dern) und Sailor (Nicolas Cage) in "Wild at Heart" (1990), David Lynchs postmodernem Abgesang auf die schillernde Konsumwelt, von Vergangenem verfolgt: Lulas Mutter, die Sailor einst ins Gefängnis gebracht hatte, hetzt ihm einen Killer auf die Fersen. Die beiden fliehen - und lassen eine Spur der Gewalt hinter sich.
© UniversalTwin Peaks
Kriminalfall, amerikanische Seifenoper und Geisterstunde sind gleichberechtigte Facetten eines schizophrenen Ganzen. David Lynchs Serienmeisterwerk "Twin Peaks" (1990-1991) ist wie ein Wildwuchs. Jede Figur ist ein bisweilen skurriles, immer aber liebevoll ausdekoriertes Unikum. Jeder Nebenstrang ist von Bedeutung. Alles führt zum schauerlichen Kern des Rätsels - "Wer tötete Laura Palmer?" - und zugleich von ihm weg.
© ParamountTwin Peaks - Fire Walk With Me"
Warum ein Film? Diese Frage stellen sich auch viele eingefleischte "Twin Peaks"-Fans: War der Kinofilm "Fire Walk With Me" wirklich notwendig? Nach dem Ende der Serie begann Lynch mit den Arbeiten an dem Prequel, das 1992 in die Kinos kam - und floppte. Nicht nur, weil die Hauptrolle der Donna Hayward neu besetzt wurde. Kritiker bezeichneten den Film als langweilig, wirr und überflüssig. Inzwischen gilt der Film als rehabilitiert.
© ConcordeLost Highway
Wird in dieser halluzinatorisch vernebelten Mördergeschichte ein Ödipuskomplex verhandelt oder der Kreis der ewigen Verdammnis symbolisch geschlossen? Ist der "Mystery Man" (Robert Blake) Voyeur oder Mephisto? Er scheint auf jeden Fall als einziger zu wissen, wohin der "Lost Highway" (1997) führt: Der Kultfilm zementierte auch dank des Soundtracks von Nine-Inch-Nails-Mann Trent Raznor Lynchs Status als genresprengender Kinovisionär.
© Concorde / Suzanne TennerThe Straight Story - Eine wahre Geschichte
Ein Roadmovie der ganz anderen Art drehte David Lynch 1999 mit "The Straight Story - Eine wahre Geschichte": Der Film erzählt die wahre Geschichte von Alvin Straight (Richard Farnsworth), der die USA durchkreuzt, um mit seinem Bruder Frieden zu schließen. Weil Alvin keinen Führerschein besitzt, muss der alte Rasenmäher herhalten, um den Weg zur Versöhnung möglich zu machen.
© ARTEMulholland Drive
Hier führte das Unterbewusstsein Regie: Die blonde Betty (Naomi Watts) und die mysteriöse Rita (Laura Harring, Bild) suchen nach einem schrecklichen Unfall in Hollywood nach Erinnerungsfetzen. In "Mulholland Drive" stellt David Lynch seine grausame, wirre und genial montierte Geschichte immer wieder auf den Kopf und bezieht auf raffinierte Weise die Zuschauer mit ein.
© ConcordeInland Empire
David Lynchs letzter Kinofilm ist sein vielleicht experimentellster: "Inland Empire" (2006) ist eine dreistündige Meditation, die ohne Drehbuch gedreht wurde und sich einmal mehr allen Beschreibungen entzieht. Laura Dern (Bild) spielt eine Schauspielerin, die in einem neuen Film mitspielt, sowie eine geschundene Hausfrau und eine Prostituierte. Außerdem gibt es polnische Charaktere und eine Sitcom mit Riesenkaninchen in Menschenkleidung.
© ConcordeTwin Peaks - Die Rückkehr
Dass die Serie weitergehen würde, war eigentlich schon immer klar. Schließlich mangelte es nicht an Hinweisen auf Geschehnisse, die 25 Jahre in der Zukunft liegen. Und in "Twin Peaks - Die Rückkehr" (2017) war dann fast alles wie immer - oder eben auch gerade nicht: Dale Cooper (Kyle MacLachlan) traf im sogenannten "Red Room" unter anderem erneut die ermordete Laura Palmer (Sheryl Lee).
© Sky / Showtime