04.02.2025 von SWYRL/Susanne Bald
Sebastian Ströbel, Franziska Wulf und Marie Burchard spielen die Hauptrollen in der Verfilmung von Michel Birbaeks Bestseller. "Die Beste zum Schluss" zeigt, dass es nicht die genetische Verwandschaft alleine ist, die Menschen zur Familie macht.
Das traditionelle Familienmodell Ehemann, Ehefrau und die gemeinsamen Kinder hat ausgedient und den Weg für unterschiedlichste neue Formen freigegeben. In Filmen und Serien sind sie längst angekommen. Dass einige davon sie im Titel tragen, beweist allerdings auch, dass sie in der Gesellschaft nicht als "normal", sondern als besonders angesehen werden, etwa "Modern Family" oder "Die Patchworkfamilie". Die Dramedy "Die Beste zum Schluss" von Regisseur Markus Sehr, zu sehen am Freitagabend zur besten Sendezeit im Ersten, thematisiert ebenfalls die Diskrepanz zwischen gelebter Normalität und gesellschaftlicher Akzeptanz.
Der lebensbejahende Film nach dem Roman und Drehbuch von Michel Birbaek feiert das Leben und die Liebe, auch in traurigen Momenten. "Das Großartige am Leben ist, dass es immer weiter geht", spricht der Protagonist, Architekt Mads (Sebastian Ströbel), zu Beginn aus dem Off. "Morgen ist immer ein neuer Tag. Außer man stirbt, wie Jenny", seine Freundin. Manchmal brauche man eben etwas Glück - und Zufall. Mads' glücklicher Zufall heißt René (Franziska Wulf). Seine beste Freundin aus Kinder- und Jugendtagen zog vor Jahren in die Ferne, doch nun ist sie zurück in Köln, sie ist Single mit zwei Kindern im Gepäck.
Nachdem sie und Mads sich zufällig über den Weg gelaufen sind, ist die alte, platonische, Nähe schnell wieder da. Renés Energie und entwaffnender Pragmatismus stellen Mads' Leben auf den Kopf, als sie mit Lola und Oscar kurzerhand bei ihm einzieht. "Hast du eine Freundin?", verhören die Kinder Mads. "Nein." "Warum nicht?" "Das ist ne lange Geschichte." "Willst du Mama heiraten?" "Nein!" "Warum nicht?" "Weil wir Freunde sind ...?!" "Hast du Kinder?" "Nein." "Warum nicht? Bist du schwul?" "Nein?!" "Nonbinär?" "Was?!". Nein, zum Trübsal blasen bleibt Mads keine Zeit mehr.
Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.
Die Dinge des Lebens
Ein Jahr später sind die vier eine glückliche Familie. Dass Mads und René kein Liebespaar sind, obwohl sie zusammenleben, gemeinsam in den Urlaub fahren und sich um die Kinder kümmern, stößt außerhalb jedoch auf Unverständnis. "Nennst du das eine normale Freundschaft?", fragt etwa Mads' Kollegin. "Drei Millionen Deutsche nennen das auch so", erwidert er resigniert. "Googel mal Patchworkfamilie." Ja, der Weg aus dem Spießertum ist für viele noch ein weiter ...
Auch in der Liebe tut sich in Mads' Leben wieder etwas, als er auf einer feuchtfröhlichen Kostümparty Eva (Marie Burchard) kennenlernt. Mads' und Renés Arrangement schreckt sie ebenso wenig ab wie Klein-Lolas Sprung ins Bett nach Evas erster Liebesnacht mit Mads. Alles könnte perfekt sein. Würde Eva nicht am folgenden Tag nach Kanada auswandern. Gerade als Mads ihr hinterherfliegen möchte, um ihrer Beziehung dennoch eine Chance zu geben, die nächste Hiobsbotschaft: René hat vermutlich Krebs. Wer, außer ihrem besorgten Vater (Jürgen Heinrich), ist für René da, sollte sich das Schlimmste bewahrheiten? Und was geschieht mit den Kindern? Eins ist sicher: Das Leben geht immer weiter, manchmal braucht es eben Glück - oder Zufall ...
Leben, Liebe Tod: Es sind die Dinge des Lebens, die in "Die Beste zum Schluss" mit Herz und wohltuender Leichtigkeit thematisiert werden - und erstaunlich unpathetisch, wobei hier besonders die Leistung von Franziska Wulf als René hervorzuheben ist.
Schon der Roman, 2010 erschienen, war ein Bestsellererfolg. Zunächst überraschend daher, dass sein Autor Michel Birbaek ihn kürzlich auf Facebook als seinen "Sargnagel" bezeichnete.
Wenn Kunst Positives bewirkt
Nach dem Erfolg seines Vorgängerromans, "Nele und Paul", habe man den Dänen, der unter anderem auch als Gagschreiber für Stefan Raab und Harald Schmidt und Drehbuchautor für "Danni Lowinski" tätig war, plötzlich "wie einen Autor" behandelt, führt er aus. Und damit kam der Zeitdruck für das nächste Buch. Für "Die Beste zum Schluss" hatte er gerade einmal neun Monate Zeit. Zu viel für ihn, auf seinem schriftstellerischen Höhepunkt kündigte er seinen Vertrag beim Verlag. Die Entscheidung habe er zwar häufiger hinterfragt, aber nie bereut, schreibt er. Der Roman sei auch ein Beleg dessen, "dass wir alle die Welt so sehen, wie wir uns fühlen. Ich fühlte mich damals schlecht und fand das Buch dann auch schlecht."
Mit "Die Beste zum Schluss" versöhnt hat ihn schließlich das erneute Lesen, als es an die Drehbuchadaption für den ARD-Film ging. Da habe Birbaek festgestellt, "dass Story und Schreibe soviel besser sind, als in meiner Erinnerung. Mann, war ich glücklich!!" Nach der Premiere des Films auf dem Filmfestival Oberschwaben habe ihm eine Frau erzählt, "dass sie eine unkonventionelle Beziehung lebte, was in einer Kleinstadt nicht immer einfach wäre, und dass der Film ihr Hoffnung und Mut gemacht hätte, nach neuen Wegen zu suchen". Mehr kann man sich für sein eigenes Werk wohl kaum wünschen. Oder in Michel Birbaeks Worten: "Ich dachte, stell dir vor, jedes Stück Kunst würde auch nur ein einziges Leben zum Besseren verändern können - wie sähe die Welt aus?"