06.03.2025 von SWYRL
Trevor Harley erforscht, wie Wetter unsere Psyche lenkt. Seine Studien zeigen: Das Klima hat unsere Geschichte geprägt - und beeinflusst uns täglich.
Trevor Harley ist nicht einfach nur ein Psychologe. Er ist besessen vom Wetter. Schon als Kind hatte er mehr Interesse an Thermometern als an Spielzeug. Heute, als emeritierter Professor, betreibt er seine eigene Wetterstation und erforscht, wie das Wetter unsere Psyche beeinflusst. Sein Blick auf die Verbindung zwischen Wetter und Emotionen ist klar: Wetter formt unsere Stimmung, unser Verhalten und sogar unsere Geschichte.
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Die frühen Prägungen
Im Interview mit dem "Spiegel" erinnert sich Harley noch genau an ein Gewitter, das er als Kind mit seinem Vater in London erlebte. Plötzlich zuckten Blitze über den Himmel, Regen prasselte auf ihn nieder. Zu Hause erklärte ihm seine Mutter, dass der Donner von einem Engel käme, der mit seinem Verhalten unzufrieden sei. Diese Vorstellung ließ ihn lange Zeit mit einer Angst vor Gewittern zurück. Ironischerweise sind Gewitter heute sein Lieblingswetter - obwohl sie in seiner Region kaum vorkommen. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm auch der Winter 1962, als er am Weihnachtsmorgen aus dem Haus trat und sich eine Schneelandschaft vor ihm ausbreitete. Es war ein magischer Moment, der sich tief in seine Erinnerungen eingeprägt hat.
Gibt es das perfekte Wetter?
Laut Harley ja. Es ist eine Mischung aus 21 Grad und Sonnenschein - ein Klima, das bei den meisten Menschen die Stimmung hebt. Die Wahrnehmung des Wetters ist jedoch individuell. Während einige sich an kühleren, bewölkten Tagen wohler fühlen, braucht der menschliche Körper Sonnenlicht für einen stabilen Serotoninspiegel. Zu wenig Licht kann laut dem Experten hingegen zu einem Stimmungstief führen. Das Licht der Sonne kann außerdem helfen, die sogenannte seasonal affective disorder, besser bekannt als Winterdepression, zu verhindern.
Macht Hitze uns zu Hitzköpfen?
Steigende Temperaturen können Aggressivität fördern und die Zahl der Gewaltverbrechen erhöhen. Studien zeigen zudem, dass während Gewittern mehr Autounfälle und Selbstmorde passieren. Harley führt das auf die erhöhte Ionenkonzentration in der Luft zurück.
Doch nicht nur negative Effekte sind messbar. Sonnenschein macht Menschen geselliger, sie verabreden sich eher oder zeigen mehr Hilfsbereitschaft. Das legt nahe, dass soziale und physische Wärme eng miteinander verbunden sind. Vielleicht erklärt das auch, warum Menschen in wärmeren Regionen oft als besonders freundlich gelten.
Warum Regen manchmal produktiver macht
Das Wetter beeinflusst nicht nur die Stimmung, sondern auch die Leistungsfähigkeit. Studien aus Japan und den USA haben gezeigt, dass Menschen an grauen Tagen konzentrierter arbeiten. Regenwetter reduziert Ablenkungen und fördert fokussiertes Denken. Im Gegensatz dazu regt Sonnenschein eher kreative Prozesse an. Besonders interessant: Eine Studie untersuchte, wie sich das Wetter auf Bewerbungsgespräche auswirkt. An bewölkten Tagen achteten Interviewer stärker auf akademische Qualifikationen, während an sonnigen Tagen der Gesamteindruck mehr zählte.
Wetter als heimlicher Lenker der Geschichte
Das Wetter hat laut Harely nicht nur Auswirkungen auf den Alltag, sondern auf ganze historische Entwicklungen. Der Wissenschaftler verweist auf die Pest, die Europa im Mittelalter verwüstete. Ihre Ausbreitung wurde maßgeblich vom Klima beeinflusst, das den Lebensraum von Tieren veränderte und damit die Verbreitung des Erregers begünstigte. Auch die Geschichte der Menschheit wurde oft durch klimatische Bedingungen geformt - Kriege, Migrationen und gesellschaftliche Entwicklungen sind den Aussagen des Psychologen zufolge eng mit Wetterphänomenen verbunden.
Alles eitel Sonnenschein?
Diese Zusammenhänge verdeutlichen, wie stark Wetter das Verhalten prägt. Es beeinflusst Stimmungen, Entscheidungen und soziale Interaktionen. Die Suche nach dem "perfekten Wetter" ist also mehr als eine Frage des Komforts - sie hat direkte Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden.
Harleys Fazit: Wetter ist nicht nur eine Kulisse unseres Lebens - es prägt uns auf tiefere Weise, als vielen bewusst ist.