09.03.2025 von SWYRL/Eric Leimann
War es doch kein erweiterter Suizid des Co-Piloten Andreas Lubitz, der beim Germanwings-Flug von Barcelona nach Düsseldorf vor zehn Jahren 150 Menschen das Leben kostete? Die dreiteilige Sky-Dokumentation "Germanwings - Was geschah an Bord von Flug 9525?" geht auch anderen Spuren nach.
Im kollektiven deutschen Katastrophen-Gedächtnis ist Andreas Lubitz abgespeichert. Es ist der Name jenes jungen Co-Piloten, der am 24. März 2015 eine Germanwings-Maschine auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf gegen eine französische Felswand steuerte. Soweit der offizielle Tathergang. 150 Menschen kamen dabei ums Leben. Bereits nach 48 Stunden stand für die französische Staatsanwaltschaft fest, dass Lubitz bewusst gehandelt hatte. Der 27-jährige Co-Pilot litt bereits seit längerem an Depressionen. Er hätte eigentlich nicht mehr fliegen dürfen. Doch ließ er tatsächlich die Cockpit-Tür bewusst verschlossen, als der Pilot, der nach draußen gegangen war, wieder ans Steuer wollte? Hat Lubitz das Hämmern und Rufen der Verzweifelten hinter ihm ignoriert? Versetzte er die Maschine absichtlich in einen steilen Sinkflug und ließ sie an den Alpen zerschellen? Die dreimal 35 bis 40 Minuten lange Dokumentation "Germanwings - Was geschah an Bord von Flug 9525?" bei Sky und Wow rollt den Fall zehn Jahre später noch einmal auf.
Die Filmemacher Nils Bökamp und Thomas Rogers sprechen eingehend mit Angehörigen der Opfer, die über die Doku Menschen zum Anfassen werden. Sowohl die Toten, wie auch ihre Hinterbliebenen. Doch es ist nicht nur ein Film über Trauer und Verarbeitung, sondern auch eine Analyse des Unfallhergangs. Tatsächlich gibt es Ungereimtheiten und Verhaltensweisen der französischen Fluguntersuchungsbehörde BEA und anderer Protagonisten der Katastrophe, die merkwürdig erscheinen. Eine alternative Absturztheorie wird in der Doku hergeleitet. Dabei kommen Experten wie Flugsicherheitsexperte Simon Hradecky, der Anwalt der Opfer und zahlreiche Fachjournalisten zu Wort.
Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.
Alle Speichermedien wurden gelöscht
Ähnlich wie vor kurzem die britische (fiktionale) Serie "Lockerbie: A Search For Truth" (ebenfalls bei Sky und Wow, nach einem wahren Fall) ist auch diese dokumentarische Aufarbeitung einer Flugzeugkatastrophe "eine" Suche nach Wahrheit, die nicht zwangsläufig "der" Wahrheit entspricht. Dennoch existieren gute Gründe, den Fall noch einmal aufzurollen. Was dies schwierig macht, ist die - immer wieder mal eingeblendete - Haltung von BEA und Fluggesellschaft, die mitteilt, dass man nicht mit den Filmemachern reden wollte und auch Statements zu Nachfragen ablehnte. So bekommt der Film auch ein bisschen was von Verschwörungstheorie, weil die andere Seite Möglichkeiten der Gegenargumentation nicht wahrnimmt.
Montiert ist die Doku durchaus würdevoll. Den Angehörigen wird in ruhigen Bildern Zeit zum Reden und Fühlen gelassen. Nur die Rekonstruktion der Voice Recorder-Aufnahmen der Absturzphase, die aus Erinnerungsprotokollen Anwesender bei einer Präsentation nachgebaut wurde, bewegt sich in einem beklemmenden - und schwierigen - Grenzbereich der Dokumentarfilm-Kunst.
Weil eine alternative Absturzursache, die als Mischung aus Unfall und technischem Versagen bezeichnet werden kann, im Film akribisch recherchiert und dargelegt wird, soll sie aus Spoilergründen nicht verraten werden. Dass von allen Speichermedien wie Handys und Computern der toten Reisenden vor Rückgabe an die Hinterbliebenen sämtliche Inhalte gelöscht wurden, soll dennoch erwähnt werden. Angreifbar ist die offizielle Theorie eines erweiterten Suizids laut dieser Doku auf jeden Fall. Die Angehörigen und ihre Helfer kämpfen weiter um Aufklärung des 150 Tote fordernden Absturzes vom 24. März 2015.