"Augen der Angst" (1960)
Kino ist oft auch ein Spiel mit der Schaulust des Zuschauers. Man denke an Michael Powells Psycho-Thriller "Augen der Angst", wo der psychisch kranke Protagonist (Karlheinz Böhm) seine Opfer filmt, während er sie tötet. Ist es nicht entlarvend, wenn die Morde aus der Kameraperspektive gezeigt werden? Zum 35. Todestag des britischen Regisseurs am 19. Februar zeigen wir die größten Skandalfilme aller Zeiten.
© Arthaus"Augen der Angst" (1960)
Als "Augen der Angst" 1960 in die Kinos kam, waren die Zuschauer empört. Wie konnte es jemand wagen, die Tötungslust eines kranken Mannes mit ihnen gleichzusetzen. Und auch das war ein schwer verdaulicher Gedanke: Ausgerechnet Karlheinz Böhm (Bild), der "Sisi"-Darsteller, spielte den Serienmörder. Dessen Karriere wie auch die von Regisseur Michael Powell nahmen durch den Skandalfilm nachhaltig Schaden.
© Arthaus"Anders als die Andern" (1919)
"Anders als die Andern" gilt als erster Film der Geschichte, der sich mit dem Thema Homosexualität auseinandersetzt. Im Mai 1919 feierte das Liebesdrama seine Premiere - "Von allen Seiten ertönten Pfui-Rufe, man johlte, schrie und pfiff", notierte eine Zeitung damals. Ein Jahr später wurde der Film verboten.
© Edition Filmmuseum"Ein andalusischer Hund" (1929)
Ameisen, die aus einer Hand krabbeln, und ein Auge, das mit einer Rasierklinge zerschnitten wird: "Ein andalusischer Hund" war der Skandalfilm des Jahres 1929. Gedreht hatten den Kunstfilm, der längst als Klassiker gilt, Salvador Dalí
(Bild) und Luis Buñuel.
© Getty Images/Terry Fincher"The Story of Temple Drake" (1933)
Im Gegensatz zu William Faulkners Romanvorlage "Die Freistatt" war "The Story of Temple Drake" (1933) harmlos. Doch die Vergewaltigungsgeschichte mit Miriam Hopkins in der Hauptrolle sorge für einen der größten Skandale der US-Kinogeschichte - und zum Hays Code, der festlegte, was in Filmen gezeigt werden durfte und was nicht.
© Sasha/Getty Images"Die Sünderin" (1951)
Mit ihrer Rolle in "Die Sünderin" schockte Hildegard Knef 1951 Politiker, Kirchenleute und Moralisten. Für besonderes Aufsehen sorgte eine Szene, in der sie sich (weitestgehend unbekleidet) in einer Hängematte räkelt. Dass es in dem Spielfilm auch noch um Prostitution und Suizid ging, hat die deutschen Gemüter seinerzeit nur umso mehr erregt.
© Arthaus"La Dolce Vita" (1960)
Anita Ekbergs Bad in der Fontana di Trevi gehört zu den bekanntesten Szenen der Filmgeschichte und "La Dolce Vita" (1960), zu Deutsch: "Das süße Leben", zu den bekanntesten Filmen von Federico Fellini. Die vermeintlich frivole Szene ließ die "Zeitung des Vatikans" wettern, Fellini würde die vatikanische Würde verletzen. In Spanien wurde der Film verboten.
© Gray-Oefram Film"Viridiana" (1961)
"Viridiana" (1961), eine mexikanisch-spanische Produktion von Filmemacher Luis Buñuel, handelt von der Diskrepanz zwischen katholischer Frömmigkeit und Moral. Der Vatikan sprach von Blasphemie, Regisseur Buñuel musste ins Exil fliehen.
© Pierrot Le Fou"o.k." (1970)
1970 sorge der Beitrag "o.k." von Michael Verhoeven (im Bild mit Senta Berger) für den Abbruch der Berlinale. In dem Film stellen vier Schauspieler Bairisch sprechend, doch als amerikanische Soldaten verkleidet, die Vergewaltigung eines vietnamesischen Mädchens während des dortigen Krieges dar.
© Keystone Features/Hulton Archive/Getty Images"Schulmädchen-Report: Was Eltern nicht für möglich halten" (1970)
Die Mamas und Papas der Nation waren außer sich, zumindest einige: 1970 erschien "Schulmädchen-Report: Was Eltern nicht für möglich halten" und begründete damit eine ganze Serie an anschaulichen "Aufklärungsfilmen". Bis 1980 wurden insgesamt 13 Episoden gedreht; Teil eins gilt mit etwa sechs Millionen Besuchern als einer der erfolgreichsten deutschen Filme.
© Studiocanal"Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" (1971)
Homosexuelle sollen sich nicht verstecken, sondern in die Öffentlichkeit treten: Das forderte Rosa von Praunheim 1971 mit seinem Film "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt". Nach einer Kinoauswertung wurde der Film 1973 in der ARD gezeigt - der Bayerische Rundfunk allerdings verweigerte die Ausstrahlung.
© Getty Images/Pascal Le Segretain"Der letzte Tango in Paris" (1972)
Offenherzige Nacktheit und eine minutiöse Darstellung des Geschlechtsakts - mit seinem erotischen Kammerspiel "Der letzte Tango in Paris" spaltete Italiens Meisterregisseur Bernardo Bertolucci 1972 Presse und Publikum. Jahre später erklärte Hauptdarstellerin Maria Schneider, beim Dreh der Vergewaltigungsszene sei sie tatsächlich missbraucht worden, man habe ihr vorab nicht gesagt, was mit ihr geschehe.
© MGM"Das große Fressen" (1973)
Wollust, Völlerei, Hochmut: Mit "Das große Fressen" (1973) hatte die katholische Kirche ihre Probleme. Die Satire um einen feierlichen kollektiven Suizid durch übermäßiges Essen rief vor allem aber bei Teilen der Zuschauer Ekelgefühle hervor, viele verließen die Kinosäle.
© Keystone/Hulton Archive/Getty Images"Türkische Früchte" (1973)
Bereits mit einem seiner ersten Filme schockierte Paul Verhoeven ("Basic Instinct") das bürgerliche Publikum: In "Türkische Früchte" (1973) erzählt er die wilde und tragische Liebes- und Lebengeschichte von Eric (Rutger Hauer) und Olga (Moinque van de Ven) mit krassen Sexszenen und reichlich Melodramatik.
© Columbia TriStar Pictures / Eurovideo"Texas Chainsaw Massacre" (1974)
Gemessen an heutigen Horror-Standards ist die Gewalt, die in Tom Hoopers Slasher-Urgestein "Texas Chainsaw Massacre" (1974) gezeigt wird, beinahe harmlos. In Deutschland landete der Film, der hierzulande unter dem Titel "Blutgericht in Texas" gezeigt wurde, allerdings für viele Jahre auf dem Index.
© Turbine Medien"Der Nachtportier" (1974)
Der ehemalige SS-Mann Aldorfer ist nach dem Krieg als Nachtportier in einem Edelhotel untergetaucht. Dort beginnt er eine sadomasochistische Beziehung mit Lucia, einer Überlebenden der Konzentrationslager. "Der Nachtportier" (1974) sei "anstößig", "schmierig" und "verabscheuungswürdig", urteilte der Filmkritiker Roger Ebert.
© Leonine"Salò oder die 120 Tage von Sodom" (1975)
Pier Paolo Pasolinis Skandalfilm "Salò oder die 120 Tage von Sodom" erzürnte bei seinem Erscheinen Moralisten weltweit. Sexualität, Macht und Gewalt sind die zentralen Themen des Films von 1975. Die kompromisslose Adaption der "120 Tage von Sodom" des französischen Skandal-Autoren Marquis de Sade steht nach wie vor in vielen Ländern auf dem Index.
© Eurovideo"Im Reich der Sinne" (1976)
Unter anderem, weil eine menschliche Penis-Kastration gezeigt wird, wurde "Im Reich der Sinne" (1976) auf den Index gesetzt. Erst zwei Jahre später gab der Bundesgerichtshof das japanische Drama wieder frei.
© Concorde"Das Leben des Brian" (1979)
Wohl kaum eine Komödie musste sich so viel Kritik gefallen lassen wie Monty Pythons "Das Leben des Brian" (1979). Für Christen weltweit war die Geschichte über einen Mann, der fälschlicherweise für den Messias gehalten wird, pure Blasphemie. Heute gilt der Film vielen als beste Komödie aller Zeiten.
© Sony Pictures Home Entertainment"Die blaue Lagune" (1980)
Ein kleines Mädchen und ihr Cousin stranden in "Die blaue Lagune" (1980) auf einer Insel und entdecken die eigene Sexualität. Es folgen der erste Kuss und bald die erste Liebesnacht. In der weiblichen Hauptrolle des kontrovers diskutierten Films: Brooke Shields (Bild, mit Christopher Atkins), die während der Dreharbeiten noch nicht einmal 16 Jahre alt war.
© Sony"Die letzte Versuchung Christi" (1988)
Mit Entsetzen reagierte die Kirche 1988 auf Martin Scorseses "Die letzte Versuchung Christi": Jesus von Nazareth, gespielt von Willem Dafoe, wird darin von einem Schutzengel vom Kreuz geholt, nimmt sich eine Frau, gründet eine Familie und erreicht ein biblisches Alter.
© Universal"Basic Instinct" (1992)
Ist sie eine Mörderin? Detective Nick Curran (Michael Douglas) hält diese Frage nicht davon ab, der mysteriösen Autorin Catherine Tramell (Sharon Stone) mit Haut und Haaren zu verfallen: Paul Verhoevens skandalöser Thriller "Basic Instinct" (1992) wurde - sicher auch dank der zeigefreudigen Hauptdarstellerin - 1992 zum Riesenerfolg.
© Studiocanal"Natural Born Killers" (1994)
Er ist ein Experte für schonungslose Gewalt: Quentin Tarantino schrieb die Urfassung des Drehbuchs über ein Serienkillerpärchen (Woody Harrelson und Juliette Lewis), das mordend durch die USA zieht. Der Film von Oliver Stone wurde zum Skandal, nicht nur wegen seiner expliziten Gewaltdarstellung. In Frankreich und den USA kam es zu einer Serie von Verbrechen, deren Täter sich auf "Natural Born Killers" (1994) beriefen.
© Studiocanal"Irreversibel" (2002)
Wilde Kamerafahrten, eine brutale Vergewaltigungsszene und ein grausamer Rachefeldzug: Gaspar Noés (links) "Irreversibel" (2002) mit Monica Bellucci und Vincent Cassel sorgte bei der Premiere in Cannes 2002 für einen Eklat. Rund 250 Gäste verließen beim ersten Screening den Kinosaal, 20 mussten gar ärztlich versorgt werden.
© Pascal Le Segretain/Getty Images"Die Passion Christi" (2004)
Die Leidensgeschichte Jesu als blutiger Splatterstreifen: Mel Gibsons "Die Passion Christi" (2014) wurde unter anderem für seine Gewaltdarstellung kritisiert. Außerdem wurde dem auf Hebräisch, Latein und Aramäisch gedrehten Bibelfilm vorgeworfen, antisemitisch zu sein.
© Icon Film Distribution Ltd."Feuchtgebiete" (2013)
Wer die Romanvorlage von Charlotte Roche kennt, weiß, dass es in "Feuchtgebiete" (2013) heiß hergeht. Mit absoluter Präzision wird erklärt, wie die junge Helen (Carla Juri) ihren eigenen sowie fremde Körper erkundet. Ein ebenso ekel- wie aufsehenerregender Film.
© Majestic / Peter Hartwig"The Interview" (2014)
In "The Interview" (2014) sollen ein amerikanischer Showmaster und sein Produzent den Diktator Kim Jong-un töten. Die Nordkoreaner fanden das gar nicht witzig. Sony Pictures wurde Opfer von Hackerangriffen, und nach Anschlagsdrohungen auf Kinos wurde der Start des Films sogar zeitweilig abgesagt.
© 2015 Sony Pictures Releasing GmbH"Love" (2015)
2015 ging Gaspar Noé aufs Ganze: In "Love" zeigte der streitbare Regisseur körperliche Liebe in jeder nur denkbaren Form und ohne jedes Tabu, womit er schon vor dem Kinostart hitzige Debatten auslöste. Um zu provozieren, griff Noé auch auf technische Hilfsmittel zurück. Stellen Sie sich ein "Happy End" in 3D vor, das direkt auf Sie zukommt ...
© Alamode / Alive"The House That Jack Built" (2018)
Mit seinen Filmen sorgt Lars von Trier in schöner Regelmäßigkeit für Skandale. 2018 gelang ihm das mit dem ultrabrutalen "The House That Jack Built" (2018). Der dänische Filmmacher schreckte nicht einmal davor zurück, zu zeigen, wie Kinder ermordet werden - ein Tabubruch.
© 2018 Concorde Filmverleih GmbH"Benedetta" (2021)
Nach einer wahren Geschichte: "Basic Instinct"-Regisseur Paul Verhoeven erzählt in "Benedetta" (2021), die Geschichte von einer Nonne, die eine leidenschaftliche Affäre mit einer anderen Klosterfrau beginnt. Pünktlich zum Kinostart in Großbritannien und Irland starteten katholische Aktivisten eine Petition, um den "blasphemischen" Film zu stoppen.
© Capelight