Wer ist Bob Dylan?
Vielen gilt er als der größte Songwriter aller Zeiten: Bob Dylan. Zahlreiche Journalisten und Experten wollten schon erklären, wer diese Musiklegende "wirklich" ist. Befriedigend beantworten konnte die Frage aber noch niemand. Zum deutschen Kinostart der Filmbiografie "Like A Complete Unknown" am 27. Februar begeben auch wir uns auf die Spur des Ausnahmemusikers.
© William ClaxtonBiopic "Like a Complete Unkown"
"Like a Complete Unkown" wagt den Versuch, das Rätsel Bob Dylan zu entschlüsseln. Das Biopic blickt auf die frühen Jahre des Musikers. Nach seinem gefeierten Auftritt beim Newport Folk Festival 1963 wird Dylan als neues Folk-Talent gefeiert. Doch schon zwei Jahre später vollzieht er einen Stilwandel - und greift zur Rock-Gitarre. Der Film mit Timothée Chalamet als Bob Dylan gilt als heißer Oscar-Kandidat.
© Searchlight Pictures/DisneyDylan im Königreich der Schatten
Kein reguläres neues Album, für viele seiner unzähligen Fans trotzdem ein Muss. 2021 drehte Bob Dylan den Konzertfilm "Shadow Kingdom", für den er einige seiner alten Songs neu interpretierte. Im Sommer 2023 veröffentlichte er den gleichnamigen Soundtrack zu dem von der Kritik umjubelten Werk.
© Sony MusicViele musikalische Gesichter, viele Namen
Bob Dylan wurde nicht als Bob Dylan geboren, sondern als Robert Allen Zimmerman. Bevor er sich in Anlehnung an den Schriftsteller Dylan Thomas umbenannte, war er für kurze Zeit als Elston Gunn unterwegs. Als Jack Frost produziert er seine Alben seit Jahren selbst. Weitere Pseudonyme: Blind Boy Grunt, Bob Landy, Robert Milkwood Thomas, Tedham Porterhouse sowie Sergei Petrov.
© Evening Standard/Getty ImagesMusikalische Bruderschaft
Kennen Sie Lucky Wilbury (links)? Als Teil der Supergroup The Traveling Wilburys "versteckten" (von links) Bob Dylan, Jeff Lynne, Tom Petty, Roy Orbison und George Harrison ihre Identitäten hinter dem gemeinsamen fiktiven Familiennamen. Kurios: Für ihr zweites und letztes Album wählten die Superstars sogar erneut neue Vornamen - aus Lucky wurde Boo Wilbury.
© Warner MusicEben kurz den Namen ändern
Apropos Namen: Als der junge Robert das College verließ, um nach New York aufzubrechen - natürlich stilecht per Anhalter wie seine Beatnik-Vorbilder Jack Kerouac und Co. -, stieg er unterwegs kurz aus, um bei einem Amt seinen Namen zu ändern. Im Big Apple, wo er sich kurz darauf von Greenwich Village aus als Folk-Sänger einen Namen machte, kam er bereits als Bob Dylan an.
© SonyMeister ohne Abschluss
Bob Dylan ist ein belesener Mensch, so viel ist sicher. Ein Studium hat er aber nie zu Ende gebracht. In jungen Jahren war er an der University of Minnesota zwar eingeschrieben, er habe aber vor allem Kant gelesen und im Café gegenüber abgehangen, wie er sich später erinnerte. Ehrendoktorwürden hat er dafür schon einige gesammelt, unter anderem die von Princeton und St. Andrews (Bild von der Verleihung 2004).
© David Cheskin/AFP via Getty ImagesMuss man Dylan retten?
Stalker hatte Bob Dylan einige in seinem Leben abzuwehren. Ein besonderer Fall war (und ist noch immer) der selbsternannte Über-Dylanologe A.J. Weberman (Bild). Ende der 60er-Jahre fing der Aktivist an, Dylans Müll zu durchwühlen. Er gründete 1967 die "Dylan Liberation Front", die den Sänger bezichtigte, kommerziell geworden und nicht mehr politisch genug zu sein.
© Mick Gold/Redferns/Getty ImagesDieser "Fan" ging zu weit
Nachdem Weberman bei Dylan einbrach und dessen damalige Frau Sara behelligte, soll es sogar zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen "Fan" und Star gekommen sein. Außerdem schrieb Weberman schon unzählige Bücher über seinen angebeteten und verfluchten Götzen, und in YouTube-Videos erklärt er seine verqueren Textinterpretationen.
© Jerry Schatzberg / SonyAuch Dylan ist "nur" ein Fan
Bob Dylan (links) ist aber auch selbst Fan, gar Verehrer vieler seiner Kollegen. Um ihnen näherzukommen, klappert er, wie er dem "Rolling Stone" beichtete, in seiner Freizeit die Wohnungen ab, in denen sie aufwuchsen. So schaute er sich schon Neil Youngs (Bild, rechts) Haus in Kanada an, John Lennons in Liverpool oder auch Bruce Springsteens in New Jersey ...
© Larry Hulst/Michael Ochs Archives/Getty ImagesSpringsteen-Stalker
In der alten Nachbarschaft des "Boss" (Bild, rechts) sorgte Dylan (links) dabei für mächtig Aufsehen. Ein Anwohner, der den Star nicht erkannte, rief die Polizei, als er sah, wie jemand um das Haus herumschlich und in die Fenster schaute. Die Polizei kam und befragte Dylan, der seine besondere Fan-Aktivität erklären musste. Verhaftet wurde er allerdings nicht.
© KMazur/WireImageKein Freund von Warhol
Dylan kann aber auch anders: Von der Kunst von Andy Warhol etwa hielt er nichts und ließ das den Pop-Art-Superstar bei einer gemeinsamen Begegnung auch spüren. Je nachdem welcher Version der Geschichte man Glauben schenken mag, schenkte Warhol ihm oder klaute Dylan sich ein Elvis-Porträt als Gegenleistung für einen Kurzfilm, den Warhol mit Dylan gedreht hatte.
© Express Newspapers/Getty ImagesKunst als Dartscheibe
Gesichert ist allerdings, was mit dem Bild des Pop-Art-Pioniers geschah: Dylan benutzte es zu Hause als Dartscheibe und tauschte es später gegen ein Sofa ein. Einige Jahre darauf entschuldigte sich er öffentlich für sein unmanierliches Verhalten.
© Sony / Don HunsteinUnklare Religionszugehörigkeit
Bob Dylan und die Religion - ein ewiges Mysterium: Von seinen Eltern wurde er jüdisch erzogen. In den späten 70ern entdeckte Dylan das Christentum für sich und legte auch seine Kunst auf seine spirituelle Neuausrichtung aus.
© Ken Regan / SonyKeine Religion
In den 90ern-Jahren fand er scheinbar zurück zum jüdischen Glauben, ließ sich sogar von ultra-orthodoxen Gelehrten unterrichten. 1997 erklärte Dylan in einem Interview, keiner organisierten Religion zu folgen. Zum Thema hält er sich seitdem bedeckt.
© Sony BMGBlues und Brecht
Die "Erweckung des Dunklen der Seele" durch Delta-Blues-Urvater Robert Johnson sowie die Sprachgewandtheit und -gewalt von Bertolt Brecht und Kurt Weill seien es gewesen, die ihn dazu gebracht haben, selbst Texte zu schreiben, verriet Bob Dylan in seiner Autobiografie "Chronicles" (2004).
© ParamountDas größte Vorbild
An erster Stelle stand allerdings Woody Guthrie ("This Land Is Your Land"): Bob Dylan besuchte die damals in Vergessenheit geratene, politisch engagierte Folklegende mehrmals Anfang der 60er-Jahre am Krankenbett und widmete ihm auf seinem ersten Album den "Song For Woody".
© Getty ImagesEr hat's erfunden!
Viele Lieder aus Dylans Feder wurden erst durch andere Sänger Welthits, darunter "Mighty Quinn" durch Manfred Mann, "Mr. Tambourine Man" durch The Byrds und "Knockin' On Heaven's Door" durch Guns n' Roses. Bei "All Along The Watchtower" ...
© ParamountTribut an Hendrix
... ist Jimi Hendrix' Version die mit Abstand bekanntere. Dylan erklärte sogar, er sehe es immer auch als Tribut an den verstorbenen Gitarrengott, wenn er den Song selbst spielt. Ein oft gezollter Tribut: Mit über 2.000 Performances gilt das Stück als das von Dylan am häufigsten live interpretierte.
© SonyNo politics?
Auch wenn Bob Dylan lange als Protestsänger galt - ein wirklich politischer Mensch war er nie. Er habe keine Ahnung davon und hat seiner Meinung nach auch nie politische Lieder geschrieben. "Songs können die Welt nicht retten", erklärte Dylan einst.
© ARTE FDas Herz schlägt links
Sein Engagement in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung Mitte der 60er, für Bauern und Arbeiter und gegen Ungerechtigkeiten im US-Rechtssystem legen aber nahe, dass sich Dylan zumindest sozialkritisch mit seiner Umwelt befasst. 2008 unterstützte er Barack Obama im Wahlkampf, der ihm 2012 die "Presidential Medal of Freedom" (Bild) verlieh.
© 2012 Getty Images/Alex WongDie erste große Liebe
Sie war mehr als nur die Frau auf dem Cover seines zweiten Albums "The Freewheelin' Bob Dylan": Der aufstrebende Jungstar lernte die Aktivistin und Künstlerin Suze Rotolo Anfang der 60er-Jahre im Greenwich Village kennen und lieben. Sie war es auch, die ihn politisch sensibilisierte und ihn zu zahlreichen Songs ("Don't Think Twice, It's All Right") inspirierte.
© Sony MusicDas Traumpaar der Folkmusik
Auch sie spielte eine wichtige Rolle in seinem Leben: Folk-Superstar Joan Baez nahm den damals noch vergleichsweise unbekannten Bob Dylan 1963 mit auf Tournee, gemeinsam traten sie bei der Abschlusskundgebung des Civil Rights March nach Washington auf. Für etwa zwei Jahre galten sie als Liebes- und Traumpaar der Folkmusikszene.
© Rowland Scherman/National Archive/NewsmakersDie Mutter seiner Kinder
1964, als Dylan offiziell noch mit Joan Baez liiert war, lernte er das Model Sara Lownds kennen. Sie heirateten 1965 im kleinen Kreis, als sie bereits mit seinem ersten Sohn schwanger war. Dylan adoptierte ihre Tochter aus erster Ehe, gemeinsam bekamen sie vier Kinder, die heute als (Video-)Regisseur, Künstlerin, Fotograf und Musiker arbeiten ...
© 2015 Getty Images/Evening StandardLiebevoller Vater
Jakob Dylan (Bild), Frontmann der Rockband The Wallflowers, trat in die Fußstapfen seines Vaters. Wobei er erklärte, dass Bob Dylan für ihn immer zuerst sein Vater gewesen sei, nicht die Musiklegende. Sein Vater sei bei jedem seiner Baseballspiele als Kind dabei gewesen, bis heute hätten sie eine sehr liebevolle Beziehung, erklärte der Dylan-Sprössling in einem Interview.
© Getty Images/Ethan MillerPrivat bleibt privat
Details über sein Privatleben verriet Dylan stets nur wenige. Dass er, nachdem seine Ehe mit Sara Lownds 1979 auseinandergegangen war, 1986 erneut heiratete und mit seiner zweiten Frau Carolyn Dennis, einer seiner Background-Sängerinnen, eine Tochter bekam, blieb bis 2001 ein gut gehütetes Geheimnis.
© Express/Express/Getty ImagesNobelpreis - na und?
Er war der erste Singer/Songwriter, dem diese Ehre zuteil wurde: "Für seine poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition" bekam Bob Dylan 2016 den Nobelpreis für Literatur verliehen. Dylans Reaktion war typisch bescheiden-eigenwillig: Zwei Wochen lang erreichte ihn das Nobelpreis-Komitee nicht, zur Übergabe kam er nicht persönlich nach Stockholm.
© Hannelore Foerster/Getty ImagesProst!
Über seine persönlichen Getränkevorlieben ist nichts bekannt, aber wie zahlreiche andere Musiker hat auch Bob Dylan seine eigene Alkoholmarke. Er benannte seinen Whiskey nach einem seiner größten Hits: Unter dem Label "Heaven's Door", natürlich angelehnt an "Knockin' on Heaven's Door", sind drei edle Whiskey-Sorten erhältlich. Prost!
© Getty Images/Kevin WinterSongrechte verkauft
Wem "gehört" die Musik von Bob Dylan? Ihm selbst jedenfalls nicht mehr. Im Jahr 2020 verkaufte Dylan die Autorenrechte zu seinen Songs für geschätzt 300 Millionen Dollar an Universal Music. Die Rechte an seinen Aufnahmen veräußerte er zuletzt auch noch - sie gingen für circa 200 Millionen Dollar an das Konkurrenz-Label Sony Music.
© Getty Images/Matthew Peyton