29.08.2023 von SWYRL/Hans Czerny
Gebaut wurden sie im 18. Jahrhundert in der italienischen Geigenbauer-Stadt Cremona in der Po-Ebene. Heute sind die begehrten Stradivari-Geigen mehr als zehn Millionen Euro wert. Die berühmtesten Virtuosen spielen darauf, Sammler treiben jedoch die Preise hoch und rufen Fälscher auf den Plan.
Etwa 1.200 Geigen hat die Werkstatt des Geigenbauers Antonio Stradivari im 18. Jahrhundert in Cremona gebaut. Darüber, wieviele heute noch existieren, streiten sich die Geister. 600 sollen es sein, sagen die einen, 200 behaupten die anderen. Berühmte Geiger wie Anne-Sophie Mutter und David Garrett schwören auf den besonderen Klang der alten Instrumente, er käme einer unnachahmlich zarten menschlichen Stimme gleich. Wissenschaftliche Tests sprechen jedoch eine andere Sprache: Ausgewiesene Virtuosen konnten vielfach alte nicht von wertvollen neueren Instrumenten unterscheiden. Aber was heißt das schon, wenn so viel Gefühl im Spiel ist!
Heutzutage verlangen selbst renommierte Geigen-Wettbewerbe von Aspiranten, die Marken ihrer möglichst alten Instrumente bei der Vorauswahl zu nennen. Wer da nicht mithalten kann, hat keine Chance, sagen die Jüngeren, die sich so ein Millionending nicht leisten können. Doch es ist nur eine der dunklen Seiten des "Mythos Stradivari". In seinem 3sat-Film "Stradivari - Mythos und Markt" zeigt der Autor Claudius Gehr, wie die Stradivari-Preisspirale nicht zuletzt die Begehrlichkeit von Kriminellen weckt.
Vermutlich seien die meisten Geigen, in denen das Label "Stradivari" klebt, eine Fälschung. Der Film greift hierzu zwei Kriminalfälle aus Deutschland und Paraguay auf. Andererseits zeigt die junge Schweizer Bratschistin Hana Gubenko auf, wie sehr die hohen Preise alter Instrumente den Berufsalltag junger Musikerinnen und Musiker belastet. Dass der Klang neuer Instrumente ebenso brillant sein kann wie der früherer "Diven", wie die Virtuosen ihre sündteuren Instrumente gerne nennen, dürfte am Mythos Stradivari keineswegs kratzen.